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Beate Zschäpe soll zehn Liter Benzin in der Wohnung vergossen haben, bevor sie das Feuer legte.

© dpa

NSU-Prozess: Zehn Liter Benzin verursachten explosive Wolke in Zwickauer Wohnung

Offenbar um Spuren zu verwischen, legte Beate Zschäpe im November 2011 ein Feuer im Versteck des NSU in Zwickau. Durch die zehn Liter Benzin entstand eine so explosive Mischung, dass Teile des Wohnhauses gesprengt wurden. Die Bundesanwaltschaft spricht von versuchtem Mord.

Von Frank Jansen

Es krachte gewaltig, dann brach das Feuer aus. Durch den Druck der Explosion verschob sich die Wand zur Nachbarwohnung, in der eine 89-jährige Frau lebte. Sie kam offenbar nur knapp mit dem Leben davon. Es habe nicht viel gefehlt, dann „hätte die Wand fallen können“, sagte am Mittwoch ein Gutachter des bayerischen Landeskriminalamts im NSU-Prozess Oberlandesgericht München. Der Sachverständige hatte den Brand analysiert, den die Hauptangeklagte Beate Zschäpe am 4. November 2011 in ihrer Wohnung in Zwickau gelegt hatte. Die Aussage des Gutachters schien zumindest teilweise den Vorwurf der Bundesanwaltschaft zu stützen, Zschäpe habe eine besonders schwere Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Mord begangen.

Aus Sicht der Ankläger wollte Zschäpe Spuren in der Wohnung vernichten, in der sie seit 2008 mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gelebt hatte. Drei Stunden vor dem Brand hatte Mundlos in Eisenach in einem Wohnmobil Böhnhardt erschossen und dann sich selbst, als die beiden auf der Flucht nach einem Banküberfall von der Polizei entdeckt wurden. Der Raub war die letzte Tat in einer Serie von Verbrechen der Neonazis, bis hin zu zehn Morden.

Beate Zschäpe verschüttet zehn Liter Benzin in der Wohnung

Auch wenn viele Details zum Brand in Zwickau bereits bekannt sind, machte die Aussage des Sachverständigen noch einmal auf drastische Weise deutlich, was sich am 4. November 2011 in Zwickau abgespielt hatte. Zschäpe hatte in der Wohnung knapp zehn Liter Benzin verschüttet. Die Dämpfe hätten eine „explosive Wolke“ gebildet, sagte der Beamte. Außerdem sei bis zur Wohnungstür mit dem Benzin eine „Luntenspur“ gelegt und dann angezündet worden, sagte der Sachverständige, ohne Zschäpe namentlich als Tatverdächtige oder Täterin zu nennen.

Dach wurde durch die Wucht der Explosion angehoben

Die Wucht der Explosion war so groß, dass ein Teil der Außenmauer des Hauses in der Frühlingsstraße 26 herausflog. Außerdem habe der Luftdruck mit einer Wucht von 150 Tonnen das Dachgeschoss auf einer Fläche von 50 Quadratmetern über der Wohnung angehoben – „das Dach wurde kurzzeitig gelupft“, wie es der Gutachter ausdrückte. Hätten sich dort Personen aufgehalten, „hätten sie verletzt liegen bleiben können“. Im Dachgeschoss renovierten zwei Handwerker zwei Wohnungen, während des Brandes waren sie allerdings wegen ihrer Mittagspause nicht im Haus. Die Bundesanwaltschaft wertet Zschäpes Tat trotzdem auch als versuchten Mord an den beiden Männern.

Gefährdet war jedenfalls die Nachbarin Charlotte E. in der Nachbarwohnung. Bei der Explosion hatte sich die Trennwand nicht nur um etwa einen Zentimeter verschoben, durch Risse kamen auch Rauchgase in die Räume der Rentnerin. Sie wurde noch rechtzeitig von Angehörigen und Nachbarn aus dem brennenden Haus geholt. Da die Wand nicht eingefallen war und noch nicht viel Rauchgas einströmte, dürften die Minuten bis zur Rettung für die Frau noch nicht gefährlich gewesen sein, meinte der Sachverständige. Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Explosion bei etwas mehr Druck die Wohnung von Charlotte E. ganz anders getroffen hätte.

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