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Im Anzug. Franz Rogowski und Paula Beer sehen beide gleichermaßen schnittig aus.

© Tobias Schwarz/AFP

Kleiderordnung auf der Berlinale: Damen im Anzug

#MeToo hat einen neuen Trend beschleunigt, der sich auch auf dem roten Teppich der Berlinale zeigt: Hosenanzüge statt Abendroben.

Juliette Binoche machte den Anfang. Auf der Pressekonferenz zu Beginn der Berlinale trug die Jurypräsidentin einen scharf geschnittenen Hosenanzug von Berluti. Am Donnerstagabend, bei der Eröffnung der Filmfestspiele, liefen dann ein gutes Dutzend Frauen in Hosen über den roten Teppich. Damit folgen die deutschen Schauspielerinnen dem Vorbild ihrer internationalen Kolleginnen, die in den vergangenen Monaten bei festlichen Anlässen immer wieder die weitausgeschnittenen Kleider gegen Jacken und Hosen eintauschten, zum Beispiel Lady Gaga, Prinzessin Meghan und Julia Roberts. Dieser Trend ist sicher auch aus der #MeToo-Debatte entstanden.

Juliette Binoche trug bei der ersten Pressekonferenz der Berlinale Anzug.
Juliette Binoche trug bei der ersten Pressekonferenz der Berlinale Anzug.

© Gregor Fischer/dpa

Keine Frage, „Tailoring“ ist gerade eines der wichtigsten Stichwörter in der Mode. Das heißt, nach vielen sportlichen und bequemen Outfits arbeiten sich die Designer gerade wieder an formellerer Bekleidung ab, die dem klassischen Schneiderhandwerk verpflichtet sind. Und das sieht man besonders gut, wenn große Marken bekannte Menschen für den roten Teppich einkleiden. Auch wenn Juliette Binoche später am Abend vom Doppelreiher in ein obenherum transparentes Kleid von Armani Privé wechselte – Sandra Hüller, ebenfalls Mitglied der Jury, trug einen dunkelblauen Hosenanzug mit weitem Bein und Federn auf dem Jackett und darunter nackte Haut.

Esther Schweins und Dunja Hayali passen an diesem Abend gut zusammen.
Esther Schweins und Dunja Hayali passen an diesem Abend gut zusammen.

© Britta Pedersen/dpa

Ihrer war bei weitem der extravaganteste Anzug, den es in Berlin zu sehen gab. So sahen Esther Schweins und Dunja Hayali in ihren schwarzen Anzügen aus, als seien sie auf dem Weg zu einer wichtigen Vertragsunterzeichnung und nicht auf einer Gala. Man kann unterstellen, dass gerade auf der Berlinale die #MeToo-Debatte eine Rolle spielt. Im vergangenen Jahr, als diese gerade sehr aktuell war, hatte die Schauspielerin Anna Brüggemann mit ihrer Kampagne „Nobody’s Doll“ dazu aufgerufen, sich dem weiblichen Kleiderwahn zu entziehen, und war in Turnschuhen auf dem roten Teppich der Berlinale erschienen.
Tatsächlich ist das Kleid das letzte wirklich weibliche Kleidungsstück, das, wie es die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken in ihrem Buch „Angezogen – Das Geheimnis der Mode“ feststellte, „unhintergehbar weiblich kodiert" ist. Weiter schreibt Vinken: „Das Aussehen wird bei Frauen viel sexualisierter wahrgenommen.“ Und mehr kommentiert als beim Mann, der hinter einem gut geschnittenen Anzug verschwinden kann.
So wird über den Ausschnitt von Veronika Ferres einen Tag nach der Berlinale-Eröffnung in den einschlägigen Medien sehr viel ausführlicher berichtet als über Franz Rogowski, obwohl der in einem Smoking von Prada einen bemerkenswert schnittigen Auftritt hinlegte.

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