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Diese Bilder sollen zeigen, wie sich "& Other Stories" anfühlt.

© promo

Gesellschaft: Jeder Krümel zählt

Hennes & Mauritz muss wachsen. Deshalb haben sich die Schweden mit ihrer neuen Marke "& Other Stories" neue Geschichten ausgedacht.

So macht man das heute: Man erzählt ein bisschen was, stellt ein kurzes, unscharfes Video bei Youtube ein und sagt ansonsten, dass alles ganz geheim ist. Aber eines ist sicher: Es wird ganz, ganz toll! Die Modeblogger drehen irgendwann durch und schreiben, wie aufgeregt sie sind, weil es bald tolle neue Kleider für sie geben wird und man sich gar nicht entscheiden kann, was man dann kauft. So viele Schuhe, so viele Kleider, ach! Dann werden diese Produkte zum ersten Mal in einem Showroom gezeigt, in Deutschland natürlich in Berlin. Dann gibt es viele Fotos von diesen Kleidern, Schuhen und Schmuckstücken im Internet mit erleichterten Kommentaren, dass es noch besser ist, als man als Modeblogger geglaubt hat.

Und es stimmt: Die Marke „& Other Stories“ ist gut. Die sie machen, sind ja auch Profis, die dringend gute Nachrichten für ihre Aktionäre brauchen. Das schwedische Modeunternehmen Hennes&Mauritz hat zwei Designteams mit vielen jungen Designern – nur den besten – angeheuert. In Paris und Stockholm haben die ein neues Konzept entwickelt, so umfassend, dass es schon wieder beliebig ist, aber mit hochmodischem Anspruch. Wie das heute so ist: nicht festlegen, alles geht. Hauptsache, man tut es mit Stil. Eigentlich braucht man kein anderes Geschäft mehr zu betreten – bei „& Other Stories“ gibt es alles.

H&M wollte vor drei Jahren eigentlich nur eine eigene Linie mit Pflege- und Kosmetikprodukten entwickeln. Jetzt gibt es dazu alles andere, was Frauen am Körper tragen: Schuhe, Kleidung, Schmuck und Taschen. Hennes & Mauritz steckt viel Geld in alles, damit es schneller wächst. Denn es wird immer schwieriger, viele Kleider zu verkaufen, da muss auch ein Gigant wie H&M erst einmal investieren – laut dem Medieninformationsdienst Nielsen im vergangenen Jahr allein in Deutschland 50, 6 Millionen Euro nur in Werbung.

Auf dem schnellen Modemarkt gibt es nur ein Ziel: Die Umsätze müssen jedes Jahr steigen, sonst gibt es Haue von den Anlegern. Deshalb eröffnet H&M  jedes Jahr weltweit hunderte neue Filialen.

Das macht auch der größte Konkurrent Inditex, ein spanischer Modekonzern mit Marken wie Zara, Bershka und Massimo Dutti, der H&M mit Umsatz und Filialen überholt und ihn vom Thron des größten Textilhändlers der Welt gestoßen hat.

Der deutsche Markt ist so interessant und voller kaufwilliger, zahlungskräftiger Kunden, dass immer mehr Ketten hierher kommen – im vergangenen Jahr Primark, bald Topshop, Uniqlo und Inditex mit Pull & Bear, um nur ein paar zu nennen. Sie alle verkaufen Kleidung zu allerkleinsten Preisen und in Qualitäten und Formen, die nicht für die Ewigkeit gemacht sind.  Die Stücke, die jeder vom Kuchen abhaben kann, werden immer kleiner.

Nach unten hin ist also kein Spielraum mehr, zumal die Rohstoffe teuerer werden. Also muss H&M nach oben wachsen. Dass sie das können, haben sie schon mit ihrer Marke Cos bewiesen. Die „Collection of Style“ hat ihre Nische gefunden, es ist ein bestimmter Stil, der manchen zu eckig, zu skandinavisch ist. Aber das höhere Preissegment bei Cos scheint zu funktionieren, sonst würde es nicht auf „& Other Stories“ angewendet werden: Schuhe um 150 Euro, Kleider um 70 Euro.

Im Verhältnis zu Cos soll „& Other Stories“ die kleine Schwester sein, die sich austoben darf: „Es ist alles ein bisschen unperfekt.“ Wenn der Chefdesigner Samuel Fernström in Luxusboutiquen unterwegs ist, wird er ein wenig nervös. Wer bei „& Other Stories“ einkauft, soll sich aussuchen, was ihm gefällt. Der Chefdesigner nennt das „in der Küche feiern: Da sind die Partys doch eh am besten.“

Dass H&M seine Marktführerschaft in Europa behalten will, kann man auch an den Orten ablesen, in denen die ersten Geschäfte eröffnen: Paris, Stockholm, Kopenhagen, Barcelona, Mailand und natürlich Berlin. Hier entsteht direkt hinter dem Hackeschen Markt mit der Eröffnung des „& Other Stories-Laden“ in der Neuen Schönhauser Straße eine H&M-Meile. Am einen Ende, in der Münzstraße, liegt ein Cos-Laden, ein paar Meter weiter Weekday, ein Ableger für junge, Design interessierte Kunden, gleich daneben folgt „& Other Stories“, und am anderen Ende der Straße, in den Rosenhöfen, ist eine H&M-Filiale. Aber Fernström hat nichts gegen Konkurrenz: „Auch, wenn du einen besten Freund hast, willst du mit anderen rumhängen.“ Was bei ihm charmant klingt, könnte bald ein Problem für seinen Arbeitgeber werden.

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