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Ein Zug der RE1 auf der Berliner Stadtbahn

© Jochen Brockmann

Update

Wettbewerb in Berlin-Brandenburg: Deutsche Bahn verliert wichtigste Linie RE1

Der RE1 verbindet die Uni-Städte Potsdam, Berlin, Frankfurt (Oder) - sie ist die wichtigste Linie der Bahn. Doch die Züge stellt bald ein anderes Unternehmen.

Die Karten im Eisenbahn-Regionalverkehr werden neu gemischt. Die Deutsche Bahn verliert ab Dezember 2022 die wichtigste Strecke in der Region, den RE1. Die Strecke soll künftig die Odeg betreiben, die seit 2012 die beiden RE-Linien 2 und 4 betreibt. Dafür gewinnt die Deutsche Bahn das Los 2 - und dies ist das vom Umfang her das mit Abstand größte. Beide Unternehmen haben jeweils zwei der vier Lose gewonnen. Dies ist das Ergebnis der 2017 gestarteten Ausschreibung des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg. Der VBB und die beteiligten Unternehmen lehnten jeden Kommentar zu der Ausschreibung ab, solange die Vergabe noch nicht rechtskräftig sei. Eisenbahnfans diskutieren bereits seit dem Wochenende über das Ergebnis der Ausschreibung - und über die Auswirkungen für die Fahrgäste. Als erste Zeitung hatte am Dienstag die "Märkische Allgemeine" berichtet. Die Zeitung beruft sich auf ein internes Schreiben der Bahn, in dem Mitarbeiter über die Neuvergabe im "Netz Elbe Spree" über die Vergabe informiert wurden. Wie berichtet, will der VBB deutlich mehr Züge bestellen und bezahlen, da immer mehr Menschen pendeln.

Nach Einschätzung von Igeb-Sprecher Jens Wieseke "gibt es keinen Gewinner und keinen Verlierer" durch die Vergabe. Die Odeg werde allerdings Probleme haben, genügend Lokführer zu finden, sagte Wieseke. Lokführer gibt es bundesweit zu wenig, alle Betriebe suchen Personal, ob für die Straßenbahn oder für Güterzüge. In vielen Regionen Deutschlands fallen Leistungen im Regionalverkehr deswegen aus. Gerade ist die Situation in Sachsen-Anhalt eskaliert. Der private Anbieter Abellio hat im Dezember zusätzlich zu anderen Regionalnetzen in Mitteldeutschland das "Dieselnetz Sachsen-Anhalt" mit 900 Kilometer Strecke übernommen - ist damit aber völlig überfordert. Abellio musste nach einem Krisentreffen mit dem dortigen Verkehrsverbund Nasa Anfang Januar eingestehen, dass bis Ende 2019 Zugfahrten ausfallen werden. Nach Angaben des Unternehmens fehlen 40 Lokführer, etwa zehn Prozent des benötigten Personals.

Die Odeg sucht selbst in ihren eigenen Zügen nach Personal: Wer einen Klappsitz runterklappt, liest die Aufforderung: "Wollen Sie diesen Zug nicht lieber selbst fahren?" Auf der Internetseite des Unternehmens gibt es massenhaft Stellenangebote, gezielt werden Frauen als neue Lokführerinnen umworben. "Die DB wird der Odeg garantiert keine Lokführer abgeben", prophezeit Wieseke.

Aber die großzügigen VBB-Pläne könnten nicht nur am Personal scheitern, sondern auch an fehlenden Zügen. Bei der ersten großen Ausschreibung des VBB hatte die Odeg die RE-Linien 2 und 4 gewonnen. Der Start war ein Desaster. Da den Odeg-Zügen die Zulassung fehlte, mussten zunächst alte, für den Großstadtverkehr ungeeignete Waggons eingesetzt werden.

Insgesamt geht es um 28 Millionen Zugkilometer pro Jahr - das Los 1 mit dem RE1 ist mit 6,4 Millionen Zugkilometern das wichtigste. Die Deutsche Bahn hat nun Los 2 gewonnen. Dieses umfasst neben dem RE2 den Flughafenexpress (FEX) sowie die RB10 und RB14 (Nauen-Berlin) und ist mit 7,3 Millionen Zugkilometer das größe Los. Den RE2 fährt bislang die Odeg.

Wie bereits im noch bis Dezember 2022 laufenden Vertrag hatte der VBB in der europaweiten Ausschreibung ausgeschlossen, dass ein Bieter sämtliche Einzellose gewinnt. In der aktuellen Ausschreibung heißt es: "Das Netz wird in sinnvolle Lose aufgeteilt, um eine Streuung wirtschaftlicher und technischer Risiken zu erzielen sowie den Wettbewerb zu unterstützen."

Wie berichtet, will der VBB das Angebot für Pendler deutlich steigern. Der RE1 soll ab Dezember 2022 alle 20 Minuten fahren und zwar mit 600 Sitzplätzen pro Zug. Derzeit fährt der RE1 zwischen Brandenburg (Havel) und Frankfurt (Oder) alle 30 Minuten. Der neue Vertrag hat eine Laufzeit von 12 Jahren. Das Angebot wächst um etwa 25 Prozent.

Änderungen in Berlin-Wannsee, Berlin-Spandau und am BER

So sollen auch auf der RE 7 (Dessau–Senftenberg) zwischen Bad Belzig und Berlin-Wannsee stündlich zwei Züge statt wie bisher nur einer rollen. Zwischen Berlin und Nauen gibt es stündlich vier statt drei Fahrten.

Beim Flughafen-Express FEX zwischen Hauptbahnhof und BER muss der Betreiber Züge mit mehr Sitzplätzen fahren lassen - aus 300 sind 550 geworden. Neu sind die Linien RB 21 von Potsdam über Spandau nach Gesundbrunnen sowie die RB 32 von Oranienburg über das Ostkreuz und Ludwigsfelde zum BER. Die beiden Nord-Süd-Regionalexpresslinien RE3 und RE5 werden noch bis Dezember 2026 von der Deutschen Bahn gefahren.

Ein Zug der Odeg auf der Berliner Stadtbahn (Symbolfoto)
Ein Zug der Odeg auf der Berliner Stadtbahn (Symbolfoto)

© Jochen Brockmann

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