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Tempelhof

© Wolff

Tempelhof: Die Schafe sind wohlauf

Am Flughafen Tempelhof gibt es trotz Gerüchten bisher keine Hinweise auf gefährliche Altlasten. Wenn sich doch etwas findet, gilt das Verursacherprinzip.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Im Boden des Flughafens Tempelhof „gibt es nichts, wovor man wirklich Angst haben müsste“. Der Stadtrat Oliver Schworck (SPD), zuständig für gefährliche Altlasten in Tempelhof-Schöneberg, warnte im Gespräch mit dem Tagesspiegel vor einer – politisch motivierten – Panikmache. Bisher weise nichts darauf hin, dass die 386 Hektar große Immobilie großflächig kontaminiert sei und nach der Schließung des Flughafens 2008 für teures Geld saniert werden müsse.

Belegt ist bisher ein Grundwasserschaden, örtlich begrenzt auf den Flughafenteil, der vor 1945 existierte. Nach Darstellung Schworcks untersucht eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bezirks, des Senats und des Bundes seit geraumer Zeit, welche Sanierungsmaßnahmen nötig sind. Detaillierte Prüfungen stehen noch aus. Aber es gebe, so der Stadtrat, keinen Grund zur Beunruhigung.

Insgesamt sind im alten Flughafenbereich elf Standorte bekannt, auf denen zum Beispiel Kerosintanks standen. „Dort ist es wahrscheinlich, dass giftige Stoffe in den Boden gesickert sind“, sagte Schworck. Die Situation sei vergleichbar mit Flächen, auf denen Tankstellen und Schrottplätze stehen. Einen dringenden Handlungsbedarf zur Altlastenbeseitigung gebe es trotzdem nicht. „Wir nehmen nach und nach Bodenproben.“ Orientierende Erkundung nennt sich das. „Das geschieht alles sehr unaufgeregt“, erklärte der Bezirksstadtrat.

Dann gibt es noch die Gerüchte um vergrabenen Bauschutt und Flugzeugschrott. Und die „Interessengemeinschaft City Airport“ (ICAT) spricht von 80 000 Tonnen Hausmüll, die auf dem Tempelhofer Feld angeblich seit 1936 lagern. Über vielen Keller- und Bunkergeschossen sei in den Nachkriegsjahren nur Gras gewachsen. Der Umweltstadtrat Schworck weiß nur, dass der Flughafen im Zweiten Weltkrieg unter Beschuss der Alliierten geraten war. Einzelne Bombentrichter seien „in den Irrungen und Wirrungen der Nachkriegsjahre“ wohl mit Schutt aufgefüllt worden. „Aber unserer Kenntnis nach handelt es sich um Stoffe, die nicht ausgewaschen werden.“

Schworck kennt auch die Berichte von Flugzeugen, die beim Anflug auf Tempelhof „aus Sicherheitsgründen“ ihre Tanks geleert haben. Aber erstens seien diese Zeiten lange vorbei, und zweitens sei der Treibstoff nicht auf dem Flughafengelände, sondern in der Umgebung niedergegangen. Alles in allem sei es ein großes Glück, meint der Stadtrat, dass die riesige Fläche inmitten der Stadt von Anfang an „weitgehend naturbelassen“ war – und geblieben ist. Wenig genutzt und kaum bebaut. Er wolle nichts verharmlosen, beteuerte Schworck. „Aber über Jahrzehnte grasen dort die Schafe, und bis heute ist keines tot umgefallen.“ Das sei kein Witz, sondern ein Indiz dafür, dass jedenfalls dicht unter der Oberfläche keine oder kaum Schadstoffe lägen.

Die Mahnung des Stadtrats: Bitte nichts herbeireden, was es nicht gibt. Das Grundstück sei unter Beobachtung, aber ernsthafte, großflächige Bodenbelastungen seien bislang nicht belegbar. Wenn sich doch etwas findet, gilt das Verursacherprinzip. Für die Beseitigung von Umweltschäden müsste also zuerst die Berliner Flughafengesellschaft geradestehen und ist offenbar auch kooperationsbereit. Für Schäden, die nachgewiesenermaßen von den ehemaligen Besatzungsmächten angerichtet wurden, muss der Bund eintreten. Nur wenn sich kein Verursacher findet, tritt der Eigentümer ein. Das sind zurzeit noch der Bund und Berlin. Demnächst vielleicht nur noch die Hauptstadt. Ulrich Zawatka-Gerlach

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