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Stefan Gulas hat das eRockit erfunden, weil ihm andere Elektro-Fahrräder zu langsam waren.

© Kitty Kleist-Heinrich

Emissionsfreie Spaßrakete: "Damit ziehst du an der Ampel alle ab"

Stefan Gulas hat das eRockit erfunden, weil ihm andere Elektro-Fahrräder zu langsam waren. Das Gefährt schafft bis zu 80 km/h - und soll demnächst in Kleinserie gehen.

Die Spinnerbrücke an der Avus, Ausfahrt Spanische Allee – das ist nicht irgendein Biker-Treff. Die Spinnerbrücke ist eine Institution und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Unweit des Großen Wannsees treffen sich hier seit Jahrzehnten Motorradfahrer und – enthusiasten. An schönen Wochenenden sind es Tausende, so dass die Polizei schon mal den Zugang und den Verkehr regeln muss.

Gleichgesinnte kommen zusammen. Es wird "Benzin geredet". Vor allem werden die Maschinen vorgeführt; je fetter und exotischer, desto größer die Aufmerksamkeit. Die aber gilt an diesem Tag einem merkwürdigen Zweirad, das aussieht wie eine Kreuzung zwischen High-Tech-Fahrrad und einem Naked-Bike im XXL-Format.

Eben ist Stefan Gulas mit seinem eRockit vorgefahren, fast lautlos. Leicht in die Pedale strampelnd erreicht er Geschwindigkeiten weit jenseits des Erlaubten. Sofort ist er umringt von fragenden Motorradfans. "Das Ding ist ein Elektro-Motorrad mit der Bedienung eines Fahrrads", erklärt der Wahlberliner bereitwillig. "Läuft nur, wenn du in die Pedale trittst. Deine Füße sind der Gasgriff, die Tretkraft wird 50-fach multipliziert." Und mit breitem Grinsen fügt er hinzu: "Damit ziehst Du an der Ampel alle ab."

Der studierte Bergbauingenieur aus der Steiermark hat die "emissionsfreie Spaßrakete für das urbane Umfeld" eigentlich für sich selbst entwickelt, nachdem er auf der Suche nach einem leistungsstarken Pedelec nicht fündig geworden war. Er wollte den Kick der Beschleunigung, das gewaltige Drehmoment eines Elektromotors aus dem Stand heraus, die ratlos-fragenden Blicke der anderen Verkehrsteilnehmer. Jetzt ist er "der König im Straßenverkehr", wird ständig von Passanten und Autofahrern auf das eRockit angesprochen, Internet und Fernsehauftritte haben ihn bekannt gemacht.

Gulas will nun eine erste Kleinserie seines Elektro-Bikes auflegen. 60 Bestellungen hat er bereits, unter anderem aus Bogota, Mauritius und Hawaii. Ende Mai kann die Produktion in seinem kleinen Betrieb anlaufen. Die Investitionsbank Berlin (IBB) hat frisches Kapital zugeschossen.

Es war ein weiter Weg vom ersten Prototypen im Jahr 2005 bis zum Auftritt auf der Spinnerbrücke. Zwei Millionen Euro hat das bisher gekostet, die Familie hat ihr Geld dafür gegeben: "Wir haben schnell gemerkt, dass wir hier keine Weiterentwicklung des Fahrrads betreiben, sondern technisches Neuland betreten", sagt Gulas.

Immerhin entwickelt das eRockit die vielfache Kraft der stärksten Pedelecs, genau sind es 12 PS. Nur mit High-Tech-Komponenten war die Leistung des Elektromotors dauerhaft sicher umzusetzen, durch viele Karbonteile konnte das Gewicht auf 123 Kilogramm reduziert werden. Das E-Bike ist als Leichtkraftrad eingestuft und kann mit der Führerscheinklasse A oder A1 gefahren werden. 12 460 Euro wird es kosten, eher etwas für "Early Adopters" und Technik-Freaks. Dafür seien die "Exklusivität und das Fahrerlebnis unbezahlbar", so Gulas, und was er damit meint, führt er am Kaiserdamm, Höhe Lietzensee. vor. Mit Tempo 60 schiebt sich "ein wahnsinniger Radfahrer" langsam an einem Sportwagen vorbei, dem Fahrer fällt fast die Kinnlade runter. Ein kurzer Blickwechsel, dann tritt der Biker in die Pedale und schießt davon. "Das Ding verleiht dir magische Kräfte, du glaubst, du seiest Supermann." Jetzt haben wir ihn verstanden.

Redaktionelle Mitarbeit: Sigmundt v. Heydekampf

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