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Auf die Tastatur kann nach der Einrichtung des kleinen Bastel-Computers Raspberry Pi sogar ganz verzichtet werden. Als Media Center ist der Einplatinen-PC dann direkt über eine Fernbedienung steuerbar. Foto: dpa

© picture alliance / dpa-tmn

Bastel-PC Rasperry Pi: Himbeerkuchen aus Bits und Bytes

Der Mini-PC Raspberry Pi begeistert nicht nur junge Menschen fürs Computerbasteln und Programmieren. Über 3,5 Millionen Bastel-PCs wurden bereits verkauft.

Er ist klein, kostet wenig, hat einen enormen Funktionsumfang und begeistert jene Technikfans, die ab und zu gerne selber etwas zusammenbauen und nicht nur die Maus über eine Windows-Oberfläche schubsen wollen: der Mini-Computer Raspberry Pi. Eine britische Stiftung hat den Einplatinencomputer – sein Name heißt übersetzt Himbeerkuchen – entwickelt, um jungen Menschen das Innenleben des Computers und die Funktionsweise von Programmen nahezubringen. Doch weil sich der Raspberry Pi für so viele Dinge eignet – beispielsweise für eine preiswerte TV-Settopbox für den Zugang zu den Mediatheken von ARD, ZDF oder Arte – geht die Begeisterung inzwischen weit über diesen pädagogischen Ansatz hinaus. Über 3,5 Millionen Geräte wurden inzwischen verkauft. Selbst kommerzielle Produkte wie ein Videorekorder auf Basis des Raspberry Pi, wie ihn die Firma DVBLogic anbietet, gibt es inzwischen.

Die Platine gibt es für 35 Euro, mit Zubehör sind 65 Euro fällig

Faszinierend an dem Raspberry Pi ist zuerst einmal die Größe. Zusammen mit dem Schutzgehäuse, das sinnvollerweise dazugekauft wird, hat der Computer in etwa die Größe einer Zigarettenschachtel. Gleichwohl strotzt die aktuelle Version Raspberry Pi Modell B+ vor Anschlüssen. Neben dem Netzwerkanschluss verfügt der Mini-Computer über vier USB-Anschlüsse, einen HDMI- und einen Audio-Ausgang sowie über Schnittstellen für Display, Webcam und ein erweitertes Interface, an das sich die verschiedensten Komponenten anschließen lassen. Das Betriebssystem und die Daten werden auf einer MicroSD-Karte gespeichert, für die es auf der Unterseite einen Einschub gibt. Prozessor und Arbeitsspeicher sind fest auf der Platine angebracht. Die Leistung des Kleinstcomputers ist zwar mit einem ausgewachsenen Desktop-Computer oder Notebook nicht zu vergleichen, Videos können allerdings in voller HD-Auflösung auf ein TV-Gerät gestreamt werden. Zur Stromversorgung kann ein Handy-Netzteil mit Micro-USB-Stecker verwendet werden.

Zum Betrieb reicht im Prinzip die rund 35 Euro teure Platine und eine Speicherkarte aus, man kann jedoch viel Geld sparen, wenn man zu einem der vielfältigen Sets greift. Zu diesen Baukästen gehören neben dem PC auch das Gehäuse, eine Speicherkarte mit dem Basissystem, das zum Herunterladen des gewünschten Betriebssystem dient, ein kleiner W-Lan-Stick, ein ausreichend dimensioniertes Netzteil, die nötigen Kabel sowie für die Bastelfreunde ein Steckbrett, Leuchtdioden, Drähte etc. Ein solches Set kostet um die 65 Euro. Wichtiger jedoch als alle Hardware ist oftmals eine verständliche Anleitung wie das Buch „Raspberry Pi – Der praktische Einstieg“ von Daniel Kampert im Verlag Galileo Computing.

Als erstes Projekt bietet sich ein Mediacenter an

Als erstes Projekt bietet es sich an, den Raspberry Pi als Mediacenter zu nutzen. Der Mini-PC wird dazu über das HDMI-Kabel mit dem Fernseher verbunden, um Bild und Ton zu übertragen. Die Verbindung zum Internet kann über einen W-Lan-Stick erfolgen oder über ein Netzwerkkabel. Strom liefert in vielen Fällen die USB-Buchse des TV-Geräts. Für den Mini-Computer gibt es verschiedene Linux-Anpassungen. In einer Variante mit dem Namen Raspbmc kommt eine Raspberry-Pi-Anpassung des Xbox Media Center zum Einsatz.

Praktisch ist, dass auf der Speicherkarte mehrere Betriebssysteme nebeneinander installiert werden können. Beim Start wird dann ausgewählt, welches aufgerufen wird. Die Oberfläche des Raspbmc ist sehr übersichtlich gestaltet, so dass sie mit einer TV-Fernbedienung problemlos bedient werden kann. Eine solche Infrarot-Fernbedienung, die speziell auf das Media Center zugeschnitten ist, kann für unter zehn Euro hinzugekauft werden. Über das Media Center lassen sich Fotos, Musik und Filme, die sich auf der Speicherkarte befinden, ausgeben. Aber auch aus dem Heimnetz lassen sich Medien via Raspberry Pi auf dem Fernseher genießen. Das allein wäre jedoch noch nichts Besonderes. Interessant wird es, wenn das Media Center um sogenannte Add-Ons erweitert wird. Im Videobereich kann damit auf die Mediatheken von ARD, ZDF und Arte zugegriffen werden. Dazu haben Raspberry-Tüftler Programme geschrieben, die auf die Schnittstellen der Mediatheken zugreifen, so dass man nun den ZDF-Fernsehfilm der Woche oder die „Tagesthemen“ vom Vortag an jedem TV-Gerät mit HDMI-Eingang in bester Qualität ansehen kann. Neben den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender – auch das österreichische ORF und die italienischen RAI-Sender sind dabei – lassen sich über solche Erweiterungen auch die Angebote einiger Privatsender wie RTL oder N24 im Nachhinein ansehen. Hinzu kommen Schnittstellen zu Video-on-demand-Portalen wie Netzkino, MyVideo, Spiegel.de sowie Nischenangebote wie Chefkoch.de oder Chip.de.

Nach der Installation der Add-Ons lassen sich die verschiedenen Dienste ähnlich einfach aufrufen wie das gewohnte TV-Programm. Die Filme und Sendungen werden in der jeweils besten verfügbaren Qualität wiedergegeben, Ruckler und Aussetzer sind selten. Wenn überhaupt kam es in unseren Tests eher dazu, dass eine Sendung ohne erkennbaren Grund um einige Minuten zurücksprang und somit einige Szenen doppelt gezeigt wurden.

Der Media-Center-Einsatz kratzt allerdings gerade einmal an der Oberfläche der Möglichkeiten, die der Raspberry Pi bietet. Wer sich auf die Programmiersprache Python einlässt, kann den Mini-Computer sogar zur Steuerung der Haustechnik oder zum Öffnen des Garagentores benutzen. Die nötigen Schnittstellen besitzt das Gerät, entsprechende Relais sind für wenig Geld zu haben. Und für Fragen und Ideen gibt es das Internet mit zahlreichen Raspberry-Pi-Communities, auch in deutscher Sprache.

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