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Kann Holz zu Textil werden? Elisa Strozyk hat ein solches Material entwickelt.

© Studio Been

Textildesign von Elisa Strozyk: Wie aus Holz Teppiche werden

Die Textildesignerin Elisa Strozyk kombiniert auf kühne Art Holz mit Stoff. Was dabei herauskommt, wird sogar zum Kunstobjekt.

Das Material von Elisa Strozyk verleitet zum Spielen. Schon wenn es vor einem liegt, möchte man es berühren: Schwarze, glänzende Holzdreiecke in verschiedenen Größen und Winkeln, wie ein Puzzle aneinandergelegt und auf einen Stoff aufgebracht. In den Händen wird aus der eindimensionalen Fläche eine dreidimensionale Form. Man kann den Stoff modellieren, so dass er wie ein geometrisches Gebirge auf der Tischplatte liegt, die Hölzer schimmern je nach Licht und Schatteneinfall unterschiedlich hell. Aus diesen Stoffen werden Vorhänge, Raumteiler, Verkleidungen für Wände und sogar Bettüberwürfe, aber auch mal Tischläufer.

So einen hat Elisa Strozyk ihrem Vater geschenkt, und jedes Mal, wenn sie ihn besucht, findet sie den Läufer woanders. Mal steht er zu einer Skulptur verformt im Regal, mal hängt er an der Wand, mal türmt er sich in der Mitte des Tisches. So hat sich das die Designerin vorgestellt: ein Produkt, das man nutzen oder als Objekt betrachten kann.

Für ihren Master am Central St Martins College in London hatte sie sich die Frage gestellt: Kann Holz zu Textil werden? Sie entwickelte einen Teppich aus dem Material, das man wie Parkett auf den Boden legen, aber auch zusammenrollen kann. Mit einem Musterstück stand sie noch als Studentin 2009 auf der Mailänder Möbelmesse. Die Präsentation lockte viele Leute an den Stand. „Es hatte sich herumgesprochen, dass ich etwas Neues dabeihabe“, erzählt Strozyk. Eine solche Intarsienarbeit auf einem flexiblen Träger hatte noch niemand ausgestellt.

„Das ist eine sehr meditative Arbeit“

Am Ende hatte sie viele Kontakte und wusste, was sie als Nächstes tun würde: sich als Designerin selbstständig machen. „Das war ein Raketenstart“, sagt sie. Inzwischen hat die 37-Jährige an unzähligen Ausstellungen teilgenommen, Auszeichnungen wie den Deutschen Designpreis und Aufträge in der ganzen Welt erhalten. Gerade arbeitet sie in ihrem Schöneberger Atelier an Vorhängen für ein Apartment in New York. Viele Kunden bestellen online.

Elisa Strozyks Entwurf aus Holz und Stoff als Teppich.
Elisa Strozyks Entwurf aus Holz und Stoff als Teppich.

© Studio Been

Um aus Holz einen Stoff herzustellen, schneidet sie eine Fläche mit einem Laser in viele geometrische Formen und setzt sie akkurat per Hand zusammen. „Das ist eine sehr meditative Arbeit“, sagt sie. Aber auch eine sehr zeitintensive, deshalb sind ihre Stoffe teuer und könnten niemals zur industriell hergestellten Massenware werden.

Der Kontrast von hart und weich fasziniert sie

Schon während ihres Studiums zur Textildesignerin in Weißensee war Strozyk ein wenig neidisch auf die Produktdesigner, die mit ihren Materialien so viel mehr anstellen konnten als sie mit Garnen und Stoffen. Deshalb wollte sie weiter forschen und schrieb sich in London für den Master „Future Design“ ein. Während man in Berlin darüber nachdachte, ihren Studiengang ganz abzuschaffen, wurden die Studierenden in London aufgefordert, sich zu überlegen, wie Design in 20 Jahren aussehen würde.

Wie ein Puzzle. Die Designerin setzt die vielen Teile akkurat per Hand zusammen.
Wie ein Puzzle. Die Designerin setzt die vielen Teile akkurat per Hand zusammen.

© Studio Been

Das bedeutete oft, erst einmal zu simulieren, weil für das, was man sich vorstellte, noch nicht die richtigen Maschinen existierten. Genau das hatte Elisa Strozyk gebraucht. Es passt zu einer Eigenschaft, die ihr eine Journalistin attestierte, als sie von ihrer Herangehensweise erzählte: Sie sei stur. Es gefällt der gebürtigen Berlinerin zu schauen, was man aus einem Material machen kann, das nicht offensichtlich ist und Mühe kostet. „Es muss doch auch das funktionieren, was schwierig klingt“, findet sie. Wie bei ihrer Zusammenarbeit mit der Glasmanufaktur Gustav van Treeck in München. Von Glas hatte sie keine Ahnung, aber mit Webtechniken kannte sie sich aus, schließlich hatte sie in Weißensee viele Stunden an einem Webstuhl verbracht. Also ließ sie Glas zu Leuchten verarbeiten.

Dafür wird flüssiges Glas in die Form von Garnsträngen gebracht und so gewellt, dass man es im festen Zustand verflechten kann. Das ist aufwendige Handarbeit. Das Ergebnis ist es wert: Dort, wo sich zwei Glasstränge treffen, vermischen sich die Farben. Die Leuchte wirkt gleichzeitig filigran und fest.

Der Kontrast von hart und weich hat sie immer schon fasziniert, sie will sichtbar machen, dass es diese Zustandsveränderung gegeben hat. Das ist ihr auch bei ihren Beistelltischen mit einer Platte aus gebrannter Keramik gelungen. Die Glasur ist unregelmäßig, Weiß verläuft in Blau, dazu kommt ein Kupferton. Vor dem Brennen hat sie die Platte bewegt, um die Glasuren zu vermischen, und bewusst einkalkuliert, dass dadurch Luft hineingelangt. So entstehen Unregelmäßigkeiten, die Oberfläche ist mal glatt, mal rau, es gibt Brandblasen. Ganz gleich, mit welchem Werkstoff Eilsa Strozyk arbeitet, der Faktor Zeit spielt eine große Rolle. Und die nimmt sie sich für alles, was sie anfasst, damit das Experiment weitergeht.

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