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Miss Marple weiß, wie man mit Charme und Würde altert. Für Gregor Eisenhauer ist sie ein Vorbild.

©  United Archives/Mauritius Images

Tagesspiegel-Salon am 24. April: Mensch, Alter!

Wie meistert man das letzte Lebensdrittel? Philosoph Gregor Eisenhauer hat da ein paar Ideen - und verrät im Tagesspiegel-Salon, wie wir altern können, ohne zu altern.

Diese Miesepetrigkeit! Die geht Gregor Eisenhauer auf die Nerven. Wenn Schriftsteller über das Alter schreiben, hat er festgestellt, kommt meist „Katastrophenbelletristik“ dabei heraus, traurig-schaurige Abgesänge, die etwa schildern, wie die eigenen Eltern in die Demenz abrutschen. Das klingt dann so, als wäre das Altern nur ein Abbau der körperlichen und geistigen Kräfte, der, mit Mühsal und Leid verbunden, zum unvermeidlichen Tode führt. „Alter ist ein Massaker!“, jammert etwa Philip Roth.

Dabei war es, zumindest in Deutschland, nie leichter als heute, ein erfülltes Alter zu erleben. Davon ist Eisenhauer überzeugt, und die Statistik gibt ihm Recht: Nur jeder Siebte hierzulande ist von Altersarmut betroffen, nur jeder Zehnte der über Neunzigjährigen wird dement. „Warum dann so viele Schreckensmeldungen?“, fragt Eisenhauer und vermutet: Dahinter steckt Sorge – aber auch eine ordentliche Portion Neid.

Das letzte Lebensdrittel kann das beste sein

Denn das letzte Lebensdrittel, zwischen 60 und 90 Jahren, kann das beste des Lebens sein. „Im ersten Drittel stehen Sie unter dem Diktat Ihrer Hormone, Sie wollen Erfolg, Sie wollen meist mehr, als Ihnen guttut. Als Mensch mittleren Alters müssen Sie Beruf und Familie in Einklang bringen, das ist anstrengend.“ Im letzten Drittel dagegen ist der Mensch von allen Verpflichtungen befreit und hat die Chance, genauso zu leben, wie er oder sie möchte – und kann darüber hinaus in geistiger Freiheit alle Lebensmöglichkeiten durchspielen, die sich ihm geboten haben und noch bieten, kann rückblicken, nachdenken, neu bewerten: Potenziell ist das Alter eine Phase des geistigen und menschlichen Wachstums.

Dennoch gibt es das, was Eisenhauer die „Verholzung des Denkens“ nennt, die schleichende Verengung des Blicks, des Gefühls, und die Neigung zum Jammern. Denn Altern will gekonnt sein. Der Mensch tut gut daran, sich auf sein Alter vorzubereiten, und das nicht nur im materiellen und körperlichen Sinne.

Das Geheimnis glücklichen Alterns

Gregor Eisenhauer selbst hat die magischen 60 noch nicht erreicht – der studierte Philosoph und Germanist zählt erst 57 Jahre. Aber er denkt intensiver als die meisten anderen Menschen über das Leben nach. Unter anderem deswegen, weil er seit 15 Jahren für die Nachrufe-Seite des Tagesspiegels schreibt: So viele Schicksale hat er kennen gelernt und so viele Gespräche mit Angehörigen und Hinterbliebenen geführt, in denen übrigens nicht der Tod im Mittelpunkt stand, sondern eben das gelebte, mehr oder weniger gelungene und genossene Leben. Diese Erfahrungen reflektierend hat Eisenhauer in seinem vorigen Buch bereits mit leiser Ironie die „Zehn wichtigsten Fragen des Lebens“ (2015) beantwortet. Im neuen Buch stellt er nur eine einzige, aber besonders wichtige Frage: Was ist das Geheimnis glücklichen Alterns?

Miss Marple ist erstaunlich jung im Kopf

Im Tagesspiegel-Salon wird Eisenhauer Ende April das Buch „Wie wir alt werden, ohne zu altern: 7 Ideen gegen die Verholzung des Denkens“ (Dumont Verlag, 317 Seiten, gebunden, 18 Euro) vorstellen. Die Moderation übernimmt Tagesspiegel-Redakteur David Ensikat, der die Nachrufe-Seite betreut. Autorin Tatjana Wulfert, die regelmäßig für die Seite schreibt, wird Texte über Menschen vortragen, denen das Altern ganz besonders gut gelungen ist.

Eisenhauer, ganz Philosoph und Literat, begibt sich in seinem Buch nicht in die Niederungen der Anti-Age-Gurus, er empfiehlt keine Faltencremes oder Yogaübungen. Sein Buch ist – auch wenn der Titel dies nahezulegen scheint – kein Ratgeber. Vielmehr trifft sich das fiktive Alter Ego des Autors mit seinen Lieblingsfiguren aus der Literatur und führt mit ihnen Gespräche über das Altern. Eine davon ist Miss Marple. Von Agatha Christies erfolgreichster Detektivin möchte er erfahren: „Wie ist es Ihnen gelungen, so erstaunlich jung im Kopf zu bleiben?“ Miss Marple wäre nicht Miss Marple, wenn sie darauf eine ernsthafte und erschöpfende Antwort geben würde. Sie empfiehlt das angenehme Klima in ihrem fiktiven Wohnort St. Mary Mead: Alle, die Angst vor dem Altern hätten, sollten entweder „jung sterben oder ebenfalls nach St.Mary Mead kommen.“

Damit kann sich der Autor natürlich nicht zufrieden geben. Er leitet aus dem Leben von Agatha Christie und Miss Marple sieben goldene Regeln ab, die an dieser Stelle nicht verraten werden sollen. Religion gehört jedenfalls nicht dazu. Oder nur ein bisschen. „Gott hat nie an mir gezweifelt“, sagt Miss Marple. „Insofern wäre es unhöflich, an ihm zu zweifeln, nicht wahr?“

Zeitung im Salon mit Gregor Eisenhauer, David Ensikat und Tatjana Wulfert. Montag, 24. April, 19 Uhr. Eintritt inkl. Sekt und Snack 16 Euro. Anmeldung hier.

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