Ein Kreuzberg-Leben: Frauen-WG, Raubdrucke, Hippie-Schmuck, Wagenburg, Sozialprojekt. Und hinterm Tresen war sie die Respektsperson.
Erik Steffen
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Er war ein Kind vom Bahnhof Zoo. Und lebte länger als die meisten anderen. Denn wenige haben ihr Selbstbetrugsdezernat so offengelegt wie er.
„Kleiner Revoluzzer“ und „Venezuela-Werner“ haben sie ihn genannt. Und er war Lehrer - trotz Radikalenerlass.
Träume, Sehnsucht, Hoffnung - ab in die Tonne damit. Als könnte, müsste man das alles hinter sich lassen nach einem bodenlosen Fall.
Planlos gelangte er ins abgeranzte Kreuzberg. Mit seinen Fotografien wurde er zum Chronisten einer längst verschwundenen Welt.
Inmitten der Lautsprecher und Selbstdarsteller war er eher leise und unaufdringlich. Still machte er seine Kunst
No future? Kann doch keiner ahnen, dass sich eine Gegenwart ohne Zukunft elend lange hinzieht. Irgendwann ist trotzdem Schluss.
An den Tresen und auf den Parkbänken fand er Bier und Korn. Das hat ihm gereicht, um das Leben so zu akzeptieren, wie es nun mal ist.
Er verkauft doch nichts, das seinen Ansprüchen nicht genügt! Keine Bestsellerlisten, keine Dummheit, keine Trivialität. Ein anspruchsvolles Geschäft.
Alles, was man will, kostet unendlich viel Zeit, Energie und Hartnäckigkeit. Sie kannte es nicht anders.
Anarchist, Raubdruckverkäufer, Buchhändler, Kneipier und Galerist. Devise: „Es gibt nichts zu verlieren. Wir werden alle krepieren!“
Was er hinterließ: etwas Kleingeld, einen Kleinwagen. Und den morschen aber legendären "Goldenen Hahn" am Heinrichplatz, Kreuzberg
20 Jahre hielt er es in Westfalen aus, dann musste auch er nach Kreuzberg. Da war er Schnapsfahrer, Revolutionsromantiker und Agitator im „Jodelkeller“.
Jede Mieterhöhung kommt vor Gericht. Er gewinnt fast immer. Und eine kleine Sauna baut er sich auch ein.
Eine Mission im Kampf gegen den unsortierten Müll
So wurde sie in ihrer Absturzkneipe genannt, weil sie nie ruhig stand - im Körper einen Cocktail aus Psychopharmaka und Alkohol. Der Nachruf auf eine Kreuzberger Szene-Existenz.
... sagte er immer. Sollte heißen: Kann sowieso keiner was dran ändern, am wenigsten er selbst. Fuhr LKW, saß im Knast, kam nach Kreuzberg, verkaufte feine Lebensmittel. Und wurde nie zum Feinschmecker. So war das.
Er lebt im Hier und Jetzt. Er kann Zeit verschenken
"Ich bin doch schon erwachsen - irgendwie!"
Die alte Garde diffamiert ihn als „Jungtürke“
Mittags ins Kino, Eintritt frei, im Saal darf geraucht werden
Er ist eben kein Dienstleister, sondern Künstler unter Dauerdruck
"Wenn ich alt bin, will ich nicht denken, ich hätte was ausgelassen!"
Mit Fremdsprachen hat er es genauso wenig wie mit Hochdeutsch