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Fordert neue Richtlinien. Tilman Santarius lehrt Sozial-Ökologische Transformation und Nachhaltige Digitalisierung.

© ECDF, Felix Noack

Start ins Digitalsemester: Digitalisierung und Wirtschaft

Chancen für die Weltgemeinschaft: Die Corona-Krise kann eine nachhaltigere und gerechtere Ordnung befördern.

Wenn ein großer Teil der gesellschaftlich notwendigen Arbeit im Homeoffice stattfindet, wird genau die Frage besonders drängend, mit der sich Tilman Santarius und seine Forschungsgruppe „Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation“ beschäftigen: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Gestaltung der Gesellschaft aus?

„Diese Corona-Krise birgt enorme Chancen für die Weltgemeinschaft, sich weiterzuentwickeln“, sagt der gelernte Soziologe und Volkswirt Tilman Santarius. Doch momentan erzeuge der Megatrend ,Digitalisierung’ noch eine wachsende Ressourcenverschwendung und einen hohen energetischen Fußabdruck. 

Die digitale Vernetzung in Videokonferenzen und Online-Veranstaltungen sowie das private Videostreaming ließen die Datenmengen stark ansteigen. 

Auch werde beispielsweise oft bestimmte Hardware, die noch verwendbar ist, obsolet, nur weil sie sich für die lizensierte Software nicht mehr eigne und die alte nicht mehr unterstützt werde. Dazu verhinderten Hersteller Reparaturen, indem sie keine Diagnose-Software oder Ersatzteile an freie Händler lieferten.

„Wir brauchen Öko-Design-Richtlinien“

„Wir müssen Instrumente finden, diesen Entwicklungen so entgegenzusteuern, dass die Gesellschaft davon profitiert“, sagt Tilman Santarius, dessen TU-Professur am Einstein Center Digital Future angesiedelt ist. 

„Beispielsweise brauchen wir gesetzliche Rahmen, die das Recht auf Reparaturen verankern, wir brauchen Öko-Design-Richtlinien und klar kommunizierte Label, die zur nachhaltigen Gestaltung von Hard- und Software anreizen, also zu Dauerhaftigkeit, Reparaturfähigkeit, Energiesparsamkeit und langlebiger Updatefähigkeit.“

Ideen für solche Richtlinien diskutierte im April das 3. Forum „Bits & Bäume“. Santarius’ Forschungsgruppe hat diese Gesprächsreihe ins Leben gerufen. 

„Bits & Bäume“ fing mit einer Veranstaltung 2018 an der TU Berlin mit fast 2 000 Teilnehmern an und ist inzwischen zu einer Bewegung angewachsen – die Bewegung für Digitalisierung und Nachhaltigkeit. 

Sie besteht aus zehn Organisationen und hat zehn Forderungen aufgestellt mit dem Ziel, die Digitalisierung gerecht, demokratisch und datenschutzkonform zu gestalten. Dieses Mal fand das Forum virtuell statt. 

Das Forum „Bits & Bäume“ will Digitalisierung gestalten

Die Teilnehmenden erarbeiten hier konkrete Politikvorschläge und Gestaltungsoptionen. „In einer nachhaltig gestalteten Digitalisierung liegt auch die Chance zu einem neuen Wirtschaftsdenken“, zieht Santarius ein Fazit. 

„Corona sollte uns zum Nachdenken über unsere wachstumsfixierte Wirtschaft anregen. Kann eine Volkswirtschaft nicht auch auf einer niedrigeren Produktionsebene und ohne Wachstum stabil und funktionsfähig sein – wenn der Staat als existenzsichernde und umverteilende Instanz eingreift?“ Santarius ist fest davon überzeugt. 

Beispielsweise sollten schnell eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung, CO2- Steuern und eine progressive Vermögensbesteuerung eingeführt werden. Das wären erste Schritte, um unsere konjunktur- und wachstumsabhängige zu einer nachhaltigen und krisenfesten Wirtschaft zu wandeln. Weltweit!“ Mehr dazu unter: www.transformation.tu-berlin.de.

Patricia Pätzold

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