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Blanca Betanzos aus Spanien ist fünffache Weltmeisterin.

© promo

Sportlerin mit Downsyndrom: Der Traum von den Paralympics in Paris

Blanca Betanzos gewann fünf Titel bei der WM für Menschen mit geistiger Behinderung. Eine Paralympics-Teilnahme bleibt der Athletin mit Downsyndrom bislang verwehrt.

Von Zoe Bunje

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Als Blanca Betanzos nach der WM für Menschen mit geistiger Behinderung im Jahr 2019 in ihre Heimat in Spanien zurückkehrt, erwartet sie ein großer Empfang. Mit spanischen Flaggen, Blumen und einem Plakat mit der Aufschrift „Champion Blanca“ wird sie von ihrer Familie und ihren Freunden empfangen. Sie klatschen und rufen ihren Namen. Als ihre Freunde sie umarmen, hat Blanca Tränen in den Augen.

Fünf Goldmedaillen gewann Blanca Betanzos aus Spanien damals im Sprint über 100, 200 und 400 Meter, im Weitsprung und im kombinierten Triathlon. Doch bei den Paralympics in Tokio konnte die 27 Jahre alte Sportlerin nicht starten. Es gab es keine spezifische Startklasse für sie. Es gebe zwar eine Kategorie für Menschen mit rein intellektueller Behinderung, sagt Betanzos' Trainer Enrique Nielsen: Doch diese Startklasse werde Menschen mit Downsyndrom nicht gerecht.

Das Downsyndrom ist nicht nur eine intellektuelle, sondern auch eine körperliche Beeinträchtigung. Deswegen sei es gar nicht möglich für die spanische Sportlerin, sich in der Kategorie der intellektuellen Beeinträchtigung für die paralympischen Spiele zu qualifizieren: „Damit Menschen mit Downsyndrom an den paralympischen Spielen in der Kategorie Leichtathletik teilnehmen könnten, müssten sie die aktuellen Weltrekorde für Menschen mit Downsyndrom brechen. Das ist Diskriminierung“, sagt Trainer Nielsen. Der Weltrekord auf 100 Meter Sprint für Frauen mit Downsyndrom liegt bei 15,5 Sekunden. Um in der Kategorie der intellektuell beeinträchtigten Personen bei den paralympischen Spielen teilnehmen zu können, müsste Blanca Betanzos diese Bestzeit um mehr als zwei Sekunden unterbieten.

Das deutsche NPC hält sich noch zurück

Auch das Spanische Paralympische Komitee stellt sich auf die Seite von Blanca Betanzos: Schon zweimal richteten sie ihre Forderung an das Internationale Paralympische Komitee (IPC). „Es geht uns um Chancengleichheit und Sichtbarkeit für Menschen mit Downsyndrom“, erklärt Pressesprecher Luis Leardy Antolín. Ihre Forderung ist eindeutig: eine spezifische Kategorie für Menschen mit Downsyndrom. Eben diese Kategorie gibt es bei nationalen spanischen Para-Wettkämpfen bereits.

„Die Anerkennung durch das IPC würde bedeuten, dass Sportlerinnen und Sportler mit Downsyndrom vollständig in die Gesellschaft und in den internationalen Sport integriert und einbezogen werden und definitiv die gleichen Rechte wie andere Sportler haben“, sagt Nielsen. Schon jetzt kann Blanca Betanzos an den Weltmeisterschaften und den so genannten Special Olympics teilnehmen. Doch so lange Betanzos keine paralympische Sportlerin ist, sei das auch eine finanzielle Benachteiligung für sie: „Sie hat keinen Zugang zu vielen Zuschüssen und Stipendien, so dass ihre Familie den Großteil ihrer Ausgaben übernehmen muss.“

Auch Karl Quade, der Chef de Misión des deutschen Paralympics-Teams, würde ein differenzierteres Klassifizierungssystem für Menschen mit geistiger Behinderung begrüßen: „Die aktuelle Startklasse bietet zu wenigen Menschen mit geistiger Behinderung eine Startmöglichkeit auf der paralympischen Ebene“, sagt er.

Für Paris wird es wohl nicht reichen

In Deutschland können Menschen mit Downsyndrom je nach Ausprägungsgrad in der Startklasse für Menschen mit geistiger Behinderung oder in der Startklasse für Menschen mit allgemeiner Behinderung an Landesmeisterschaften oder deutschen Meisterschaften teilnehmen. Eine eigene Startklasse würde auch vielen deutschen Sportlerinnen und Sportlern den Weg zu den Paralympischen Spielen ebnen. Ob das deutsche NPC den spanischen Antrag unterstützen wird, ist noch unklar: „Das kommt auch auf die Details an“, sagt Quade. In jedem Fall sei es aufgrund der gegebenen Zeitabläufe unrealistisch, beurteilt er, dass es die neue Klassifizierung bereits zu den Sommerspielen 2024 in Paris geben würde.

Ihre Familie, Freunde und ihr Trainer haben Blanca Betanzos' Traum von Paris noch nicht aufgegeben und fordern weiterhin eine Veränderung: „Ansonsten werden Blanca und alle anderen Sportlerinnen und Sportler mit Downsyndrom auf der ganzen Welt weiterhin unter ungerechter Diskriminierung leiden ... nur weil sie etwas Besonderes sind ... nur weil sie ein zusätzliches Chromosom haben“, sagt Nielsen.

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