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Führt Unions Weg nach oben? Sebastian Andersson (links, im Zweikampf mit Maxime Poundje von Girondins Bordeaux) ist einer von sieben neuen Spielern beim Zweitligisten.

© Matthias Koch/Imago

Zweite Bundesliga: Was Union Berlin aus seinen Fehlern gelernt hat

Der 1. FC Union hat an den Vereinsstrukturen gearbeitet, der Trainer macht einen aufgeräumten Eindruck und Neuzugänge gibt es auch: Das Wichtigste zum Saisonstart.

In der Zweiten Liga rollt der Ball wieder. Am Sonntag startet auch der 1. FC Union in die neue Saison. Vor dem Heimspiel gegen Erzgebirge Aue (15.30 Uhr, Stadion An der Alten Försterei/live bei Sky) haben wir den Klub einem kleinen Check unterzogen.

Was hat sich verbessert?

Neben der Neubesetzung der Trainerposition und der Verpflichtung von sieben Zugängen hat Union vor allem an den Strukturen gearbeitet. Die Zuständigkeiten in der sportlichen Führung wurden vereinfacht und gestrafft. Der neue Geschäftsführer Profifußball Oliver Ruhnert vereint die Kompetenzen vom degradierten Lutz Munack und dem entlassenen Helmut Schulte. Ruhnert, zuvor Chefscout bei Union, ist in der Öffentlichkeit bereits präsenter als seine Vorgänger und verfügt über jahrelange Erfahrung bei Schalke 04. Er wird sich vor allem an den Transfers messen lassen müssen – und im Fall schwacher Leistungen am Krisenmanagement. Beides funktionierte im Vorjahr nicht gut.

Wer sind die Neuen?

Nach der schwierigen Saison mit der unerwarteten Entlassung von Jens Keller und dem gescheiterten Experiment mit André Hofschneider soll Trainer Urs Fischer Ruhe und Kontinuität bringen. In seiner Heimat hat der Schweizer bereits viel Erfahrung gesammelt, mit dem FC Basel zwei Meisterschaften geholt und in der Europa League gespielt. Fischer macht in seinen ersten Wochen bei Union einen aufgeräumten und strukturierten Eindruck. Das Training dauert deutlich länger als unter Keller oder Hofschneider und Fischer versucht die Einheiten praxisnah zu gestalten. Der Ball ist eigentlich immer dabei und der Trainer nimmt sich Zeit, den Spielern seine Ideen zu vermitteln.

Fischer will einen aktiven, dominanten Fußball spielen. Aus einer 4-3-3-Formation soll die Mannschaft Lösungen finden und dem Gegner das eigene Spiel aufzwingen. Das war nach dem lange erfolgreichen Umschaltfußball unter Keller schon in der Rückrunde das Ziel. Unter Hofschneider hatte Union reichlich Ballbesitz, konnte damit aber nicht viel anfangen. Hier muss Fischer ansetzen.

Nach der enttäuschenden vergangenen Saison haben Union gleich sieben Profis verlassen. Mit Identifikationsfigur und Toptorschütze Steven Skrzybski (zu Schalke 04), Abwehrchef Toni Leistner (Queens Park Rangers) und Linksverteidiger Kristian Pedersen (Birmingham City) sind darunter drei Stammspieler. Dafür kamen sieben Zugänge – zuletzt in der Woche vor dem Start Julian Ryerson von Viking Stavanger aus Norwegen – sowie die Rückkehrer Eroll Zejnullahu und Christopher Lenz.

In der Vorbereitung hat sich angedeutet, dass zumindest vier der Neuen für die Startformation eingeplant sind. Rafal Gikiewicz scheint das Duell im Tor gegen Jakob Busk gewonnen zu haben. Ken Reichel ist links in der Abwehr gesetzt, Manuel Schmiedebach als Sechser. Damit reagieren die Berliner auch auf die Probleme der vergangenen Saison, als dem Team offensichtlich Charakter gefehlt hatte. Gikiewicz, Reichel und Schmiedebach bringen viel Erfahrung mit und sollen für mehr Stabilität sorgen.

Im Sturm hat Sebastian Andersson momentan kaum Konkurrenz. Bis zur Rückkehr von Sebastian Polter, mit der nicht vor Herbst zu rechnen ist, ist der Schwede der einzige echte Mittelstürmer. Florian Hübner ist potenziell auch Stammspieler, fehlte in der Vorbereitung aber lange verletzungsbedingt. Joshua Mees, Zejnullahu und Lenz dürften erst einmal von der Bank kommen.

Wer hat das Sagen?

Der Präsident. Dirk Zingler ist seit 2004 im Amt. Fan des Vereins ist der 53-Jährige fast sein ganzes Leben. Er hat Union nach oben gebracht. Zingler hat auch außerhalb des Sportlichen große Pläne, beispielsweise beim Neubau des Stadions. Doch in der vergangenen Saison, als es nicht lief, war von ihm öffentlich wenig zu vernehmen. Auch für Zingler ist es wichtig, dass der Erfolg zurückkehrt an die Alte Försterei.

Was erwarten die Fans?

Sie haben bekanntermaßen viel Geduld. Natürlich würden sie sich freuen, wenn es mal in die Bundesliga hochgeht. Aber auch wenn es nicht läuft – wie zu erschreckend großen Teilen der vergangenen Saison – können sie sich bei Union auf ihren Anhang verlassen. So lange die Mannschaft kämpft, wird viel verziehen. Eisern Union: Das ist keine leere Worthülse.

Was ist in dieser Saison möglich?

In der Vorbereitung hat sich die Mannschaft ordentlich präsentiert. In sechs Testspielen verlor Union nur einmal, vor einer Woche 0:3 gegen den englischen Zweitligisten Queens Park Rangers. Trotz der zahlreichen personellen Änderungen scheinen viele Automatismen bereits zu greifen, besonders defensiv. Doch ähnlich einfach wie in der vergangenen Saison wird der Kampf um die Spitzenplätze sicher nicht. Nach dem Abstieg des Hamburger SV und des 1. FC Köln gibt es zwei klare Favoriten. Dahinter fehlt eine eindeutige Hierarchie. Union gehört zu der Gruppe von Klubs, für die zwischen Aufstiegsplatz und Rang zehn alles vorstellbar erscheint. Die Verantwortlichen hüten sich im Gegensatz zur Vorsaison – verständlicherweise – vor forschen Kampfansagen. Besser als im Vorjahr wolle man abschneiden und perspektivisch bleibt der Aufstieg das Ziel. Präsident Zingler will Union in den Top 20 Deutschlands etablieren. Nun könnte eine Übergangssaison anstehen. Vieles ist darauf ausgerichtet, unter Fischer eine funktionierende Mannschaft zu formen, die dann 2019/20 um den Aufstieg mitspielt. Sollte das ohne den großen Druck des Vorjahres schon in dieser Spielzeit klappen, würde sich aber vermutlich niemand beschweren.

Und sonst?

Union denkt an die Zuschauer. Es soll zwar am Sonntag nicht so heiß werden wie zuletzt. Doch richtig warm ist es bestimmt trotzdem. Daher wird der Verein an drei Orten im Stadion Stellen einrichten, an denen die Fans zur Abkühlung durch Sprühnebel laufen können.

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