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Zusammenhalt. Schiedsrichter gehören einfach zum Fußballspiel dazu.

© imago/Rene Traut

Zum "Tag der Amateure": Schiedsrichter im Amateurfußball: Von der Liebe, gehasst zu werden

Unmut, Pöbeleien und manchmal mehr - vielen Akteuren fehlt das Verständnis für Amateur-Schiedsrichter, obwohl es nicht ohne sie geht. Ein Einblick.

"Der hat doch schon Gelb!", "Immer der Zehner!", "Klarer Elfer!" – es gibt Sprüche, ohne die wäre ein Fußballspiel im Amateurbereich einfach kein Fußballspiel. Und genauso wie die Sprüche und die Menschen hinter den Sprüchen zum Spiel dazugehören, geht’s nicht ohne den Menschen, der sich diese Sprüche anhören muss: den Schiedsrichter. Ich pfeife seit 2011 und bin seit meinem 17. Lebensjahr Schiedsrichter im Männerbereich. Wenn ich sage, dass ich zur pfeifenden Zunft gehöre, werde ich vor allem eines gefragt: Warum tust du dir das eigentlich an?

Bei den meisten Menschen hat sich eingebrannt, dass Schiedsrichter selten für ihre Leistungen gelobt werden. Dass sie nur dann hervorgehoben werden, wenn falsche Entscheidungen getroffen werden. Die wenigsten können sich vorstellen, dass junge Menschen wie ich genauso leidenschaftlich gerne Spiele leiten wie andere gegen den Ball treten. Klar, es gibt Momente und Spiele, da frage ich mich: Wofür genau bin ich morgens nochmal aufgestanden? Da geht es mir genauso wie jedem Fußballspieler.

Falsche Entscheidungen fallen stärker ins Gewicht

Andererseits: Wenn ich mal schlecht zu Fuß bin und deshalb einfach zu oft zu weit weg vom Ball, muss ich mich in der Kreisliga nicht vor Spielern verstecken, die ich am Abend zuvor nicht mehr kerzengerade laufend in der Stadt gesehen habe – und die in der Halbzeit besonders schnell den Weg zur Kabine suchen. Und genauso wie der beste Elfmeterschütze einer Mannschaft den Ball mal drei Meter über den Kasten semmeln kann, leiste auch ich mir an schlechten Tagen unbeabsichtigte Ausrutscher. Falsche Entscheidungen eines Schiedsrichters – in einer Partie reichen schon ein oder zwei – fallen nun mal viel stärker ins Gewicht als vergebene Großchancen eines Stürmers.

Und wenn in den vergangenen Jahren von einer Verrohung der Sitten die Rede ist, gerade auf den Sportplätzen im Amateurfußball, dann ist nicht selten ein nicht vorhandenes Verständnis schuld daran. Das führt so weit, dass sich Schiedsrichtervereinigungen mancherorts aufgrund von Pöbeleien schon gezwungen sahen, ganze Spieltage abzusagen, um ein Zeichen zu setzen. Denn klar ist auch: Ebenso wie eine Mannschaft nicht ohne Torwart spielen darf, kann eine Partie ohne Schiedsrichter nicht stattfinden.

Auch ich habe schon erlebt, dass Fans – bei mir war es nach einer strittigen Entscheidung in der Nachspielzeit eines Pokal-Halbfinals – die Kontrolle verloren und von Ordnern zurückgehalten werden mussten. Zum Glück habe ich auf dem Feld bislang keine Gewalt erlebt. Das liegt auch daran, dass ab der Bezirksliga mehr Fußballer auflaufen, die auch wirklich Fußball spielen wollen – und eben nicht den Frust abbauen, der sich unter der Woche aufgestaut hat. In tieferen Klassen erlebe ich das öfters.

Mit lauten Diskussionen müssen Schiedsrichter klarkommen

Mit allem, was nicht über eine lautere Diskussion hinausgeht, müssen wir klarkommen. Ich kommuniziere gerne mit Spielern, so wird es in den Lehrgängen auch vermittelt. Die Zeit, in der Schiedsrichter als unantastbar galten und wegen flapsiger Kommentare schon Verwarnungen aussprachen, ist längst vorbei. Es gehört ein Stück weit dazu, dass ich auf dem Feld nicht beliebt bin. Denn auch vollkommen richtige Entscheidungen können Unmut hervorrufen, wenn ich sie wiederholt gegen die gleiche Mannschaft verhänge.

Ich würde sogar sagen, dass Schiedsrichter es lieben müssen, gehasst zu werden. Denn nur, wer überhaupt den Mut aufbringt, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, kann es weit bringen. Wer immer versucht, es beiden Mannschaft recht zu machen, macht vieles – aber nichts richtig. Der richtige Umgang mit den Spielern und Trainern ist Einstellungssache. Genauso wie die Mannschaften sich im Training aufs Spiel vorbereiten, muss auch ich mich körperlich fit halten. Ich muss vorbereitet sein auf das, was mich erwartet. Es ist wie bei einem Date, denn auch hier zählt der erste Eindruck.

Wie intensiv die Vorbereitung ist, hängt letztlich immer davon ab, um welche Spielklasse es sich handelt. Und doch sollten sich alle – Schiedsrichter, Spieler, Trainer, Zuschauer und Co. – einer Sache bewusst sein: Letztlich haben alle Akteure auf dem Rasen und auf den Bänken am Spielfeldrand, um die nicht Tausende von Zuschauern herum stehen oder sitzen, eines gemeinsam. Wir sind Amateure.

Das Magazin „11Freunde“ hat den „Tag der Amateure“ 2017 ins Leben gerufen. Er findet heute zum zweiten Mal statt – erneut an einem Sonntag in der Länderspielpause. An diesem Tag wird der Amateurfußball gefeiert – mit Aktionen, prominenten Gästen, Liveübertragungen und vielem mehr. Teilnehmen kann jeder Amateurklub aus Deutschland. Botschafter sind ehemalige und aktuelle Profifußballer, unter anderem Christoph Metzelder, Thomas Hitzlsperger, Michael Lameck, Dariusz Wosz und Nuri Sahin.

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