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Als Pirat kam Agassi Ende der 80er-Jahre auf die Tennis-Tour.

© AFP

Zum 50. Geburtstag von Andre Agassi: Der Rebell, der sich selbst revolutionierte

Vom Paradiesvogel zum Elder Statesman: Andre Agassi hat im Tennis alles gewonnen, dabei hat er das Spiel eigentlich gehasst. Eine Würdigung.

Image ist nicht alles. Das musste Andre Agassi irgendwann auch erkennen. Als er Ende der 1980er Jahre auf die Tour kam, galt er als Paradiesvogel. Lange Haare, bunte Shirts, kurze Jeans – so spielte der US-Amerikaner tatsächlich Tennis. Und wurde zum Teenager-Idol, in einem Sport, in dem Etikette doch so wichtig ist.

Agassi scherte sich nicht darum. Und wagte sogar den Aufstand gegen die Keimzelle des Establishments. In Wimbledon trat er drei Jahre lang erst gar nicht an, weil dort weiße Tenniskleidung vorgeschrieben war. Am Ende musste er klein beigeben, seine Rebellion war zwar ein hübscher Marketing-Gag, aber im Sport geht es nun einmal in erster Linie um Siege.

Agassi zeigte anfangs in wichtigen Matches Nerven

Davon hatte Agassi in seinen Anfangsjahren nämlich keine wirklich großen eingefahren. Stattdessen zeigte er in wichtigen Matches immer wieder Nerven. Dreimal stand er bis 1991 in Grand-Slam-Finals, dreimal verlor er. Erste Zweifel wurden laut, ob Agassis Fähigkeiten auf dem Platz vielleicht doch nicht so großartig waren, wie sein Ausrüster dies immer wieder herausstellte.

Ein ersten Imagewechsel vollzog der Mann aus Las Vegas noch im Jahr 1991, als er dann doch wieder in Wimbledon antrat. Ganz in Weiß, aber immerhin noch mit fescher Sonnenbrille. Ein Jahr später sollte Agassi ausgerechnet auf dem seinem Spiel nicht unbedingt zuträglichen schnellen Rasenbelag in London den ersten großen Sieg feiern. Gegen Aufschlagmonster Goran Ivansevic setzte er sich einigermaßen überraschend durch.

In den Jahren danach folgten weitere Siege bei den Australian und US Open. 1995 war die lange Mähne dann plötzlich ab. Agassi gab in seiner radikalen Autobiografie „Open“ später zu, dass sie sowieso am Ende nicht mehr prächtig, sondern nur noch Teil-Perücke war.

Mit Steffi Graf ist Agassi seit 2001 verheiratet.
Mit Steffi Graf ist Agassi seit 2001 verheiratet.

© dpa

Die ausfallenden Haare waren das eine, Motivationsprobleme das andere. 1997 war er aus den Top 100 der Weltrangliste gefallen, mehr als sein Tennis interessierte die Öffentlichkeit die Ehe mit Schauspielerin Brooke Shields. Agassi nahm in dieser Zeit sogar Drogen, wie er in „Open“ selbst zugab.

In dem Buch verblüffte er auch mit der Aussage, Tennis in Wirklichkeit gehasst zu haben. Sein Vater hatte ihn schon von Kindesbeinen an auf eine Profikarriere hin gedrillt, die Zeit in der berüchtigten Akademie von Trainer Nick Bollettieri machte es nicht einfacher. Agassi, eigentlich zurückhaltend und schüchtern, wurde zu einer Marke aufgebaut, die ihm im Kern fremd war.

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Talent hatte er allerdings zuhauf. Und als er seine Krise überwunden hatte, kamen auch die Erfolge auf dem Tennisplatz zurück. Insgesamt 101 Wochen führte er die Weltrangliste an, fünf weitere Grand-Slam-Titel folgten, der schönste in Paris 1999. Nicht nur, weil er dort seine Sammlung an Siegen bei den vier größten Turnieren der Welt komplettieren konnte, sondern auch weil zwischen Steffi Graf und ihm „der Funke übersprang“, wie sie später erzählte.

Half sogar Novak Djokovic auf die Sprünge: Andre Agassi.
Half sogar Novak Djokovic auf die Sprünge: Andre Agassi.

© Toru Hanai/Reuters

Der Weg von Brooke Shields zu Steffi Graf wirkt in etwa so weit wie der vom Tennis-Punk zum Elder Statesman auf dem Platz. Aber genau dazu wurde er in den finalen Jahren seiner Karriere. Geliebt vom Publikum, respektiert von den Gegnern. Selbst die großen Rivalen Pete Sampras und Boris Becker schlossen irgendwann ihren Frieden mit ihm.

Am Mittwoch wird Andre Agassi 50 Jahre alt. Auch die letzten Haare sind längst verschwunden, mit Graf führt er unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Muster-Ehe. Dem Tennis ist er dennoch erhalten geblieben. Kurzzeitig gehörte er zum Trainerteam von Novak Djokovic, zuletzt half er dem Bulgaren Grigor Dimitrow wieder auf der Sprünge.

Aber die vielen Reisen durch die Welt mag Agassi nicht sonderlich. Zuhause ist es für ihn offenbar am schönsten. Das ist überhaupt nicht mehr rebellisch, aber dieses Image hat ohnehin nie wirklich zu ihm gepasst.

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