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Wiedersehen macht Freunde. Carlos Ortega und sein Co-Trainer Iker Romero (links) feierten in Hannover einen perfekten Einstand. Bereits 2005 standen sie beim FC Barcelona als Spieler in einer Mannschaft und gewannen die Champions League.

© imago/Thomas Frey

Zu Gast beim Favoritenschreck Hannover: Füchse Berlin: Vom Jäger zum Gejagten

Den sensationellen Saisonstart der Handballer aus Hannover übertrumpften nur die Füchse. Sonntag kommt es zum direkten Duell.

Von Benjamin Apitius

Die Füchse Berlin haben dann doch mehr Ausdauer bewiesen. Nach den ersten fünf Spieltagen in der Handball- Bundesliga war das so noch nicht abzusehen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt galt der TSV Hannover-Burgdorf als Mannschaft der Stunde und führte nach geradezu sensationellen fünf Siegen die Tabelle an. Ebenfalls ohne Verlustpunkt standen zwar auch noch die Füchse da, die Berliner hatten wegen ihrer Teilnahme an der Klub-WM bis dahin jedoch zwei Partien weniger absolviert. Dem Höhenflug der Hannoveraner bereitete schließlich Leipzig ein Ende, Berlin dagegen hat seine Siegesserie bis heute fortgesetzt und wurde von Spieltag zu Spieltag vom unbeachteten Jäger zum Gejagten.

„Jeder sprach vor der Saison nur von Mannheim, Flensburg und Kiel. Und jetzt haben sich die Füchse klammheimlich an allen vorbeigeschoben“, sagt TSV-Manager Benjamin Chatton nun vor dem Aufeinandertreffen beider Mannschaften am Sonntag in Hannover (Beginn 12.30 Uhr, live bei Sky). „Sie haben vor allem nicht immer ihren besten Handball gespielt, aber dennoch gewonnen. Wenn man das schafft, kann man Großes erreichen.“ Mit dem eigenen Saisonstart hadert der 36-Jährige trotz der drei Niederlagen aus den vergangenen vier Spielen aber keineswegs. „Vor der Saison hätte ich nach neun Spieltagen eher mit 6:12 Punkten gerechnet“, sagt Chatton am Telefon über die Ausbeute des derzeitigen Tabellensechsten und jubelt: „Und jetzt haben wir 12:6!“

Keine Frage, Hannover war die erste große Überraschung in dieser Saison. Vor allem, wenn man die zweite Jahreshälfte der vergangenen Spielzeit berücksichtigt: Die Mannschaft blieb ohne Sieg, in 16 Spielen setzte es 14 Niederlagen. Der TSV stürzte nach einer tollen Hinrunde von Platz fünf ab auf Platz elf – und verpasste damit das Saisonziel Chattons. Wenn auch nur knapp.

Mit dem neuen Trainergespann landete Chatton einen Volltreffer

Der Manager will den Klub unter den besten zehn Mannschaften in Deutschland etablieren, hin und wieder darf dabei auch eine Europapokalteilnahme herausspringen, wie vor vier Jahren, als sich der Klub für den EHF-Pokal qualifizierte. „Aber bei der Leistungsdichte, die wir heute in der Bundesliga haben, lässt sich so etwas schwer planen“, sagt Chatton. „Da entscheiden über die ganze Saison manchmal nur fünf, sechs Punkte, ob man am Ende Sechster wird oder Elfter.“

Benjamin Chatton hat einmal klein angefangen in Hannover. Als er vor sechs Jahren beim TSV einstieg, ging der Klub vor 2000 Zuschauern in der Stadionsporthalle gerade in sein drittes Bundesligajahr. Der studierte Sportmanager aus Helmstedt war damals offiziell der erste Angestellte des Klubs, „Mitarbeiter null“, sagt Chatton über sich selbst. Mit ihm an der Spitze ging es voran. Heute spielt der Verein in der 9000 Besucher fassenden Großarena auf dem Expo-Gelände, der Schnitt liegt bei gut 5000 Zuschauern. „Und in der Verwaltung gibt es mittlerweile sieben Angestellte“, sagt Chatton voller Stolz.

Wiedersehen mit Iker Romero

Nach der desolaten Rückrunde in der vergangenen Saison landete die Vereinsführung nun einen Volltreffer. Mit fortschreitender Sommerpause entschied man sich noch für einen Trainerwechsel, und mit Carlos Ortega ergatterte man trotz des späten Zeitpunkts ein „wahres Filetstück“, wie Chatton sagt. Dem 46 Jahre alten Spanier, der als Spieler mit Barcelona alle wichtigen Titel gewann, stellten sie einen ehemaligen Publikumsliebling aus Berlin an die Seite. Ortega spricht nur Spanisch und Englisch, „wir wollten noch einen deutschen Baustein“, erklärt Chatton, und so holte man als Co-Trainer Iker Romero hinzu, der vor dem Ende seiner Spielerkarriere 2015 noch vier Jahre lang das Trikot der Füchse getragen hatte. Übrigens zusammen mit Sven-Sören Christophersen und Evgeni Pevnov, die er nun in Hannover trainiert.

Der Plan scheint aufzugehen. Das spanische Gespann hat der Mannschaft genau die Werte vermittelt, für die Hannover-Burgdorf Chatton zufolge stehen will: „Große starke Jungs, die zupacken können, die sich gegenseitig helfen, ehrlich sind.“ Mit eben dieser geballten Kampfkraft will sich der TSV nun auch dem klar favorisierten Tabellenführer aus Berlin entgegenstellen.

Doch was bedeutet gegen Hannover schon die Favoritenrolle? Zu Beginn der Saison fügte das Überraschungsteam bereits den Titelanwärtern aus Flensburg und Kiel empfindliche Niederlagen bei. „Gegen die spielten wir aber auch zum genau richtigen Zeitpunkt“, sagt Chatton. Das ist er am Sonntag nun nicht mehr? Chatton muss laut lachen: „Das ist er jetzt wohl eher für die Füchse.“

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