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Der letzte Ritt. Tony Martin (hinten) fährt noch einmal ganz nach vorn.

© Belga/Imago

WM-Titel im Mixed-Zeitfahren: Goldener Abschied für Tony Martin

Tony Martin holt im letzten Rennen seiner großen Karriere bei der Rad-WM Gold in der Mixed-Staffel. Jetzt will der 36-Jährige erst einmal feiern.

Erst zuckte nur ein Lächeln um seine Mundwinkel, dann warf sich Tony Martin in die Arme von Max Walscheid und Nikias Arndt. Das letzte Rennen seiner großen Karriere hat der 36 Jahre alte Radprofi tatsächlich noch einmal gewonnen und kann damit als Weltmeister abtreten.

Im Mixed-Zeitfahren siegte Martin am Mittwoch bei der Straßen-WM in Flandern gemeinsam mit Walscheid und Arndt sowie den nach den drei Männern überragend fahrenden deutschen Frauen Lisa Klein, Lisa Brennauer und Mieke Kröger. Das Gold-Trio der Olympischen Spiele von Tokio auf der Bahn machte den Rückstand auf Italien zur Hälfte schnell wett und hielt auch die starken holländischen Frauen auf Distanz.

„Es ist ein Traum, mit WM-Gold abzutreten. Wir haben auf Gold gehofft, jetzt ist der Traum wahr geworden. Nun ist Zeit zu feiern“, sagte Martin nach seinem letzten Coup im Fernsehinterview. Lisa Klein hatte schon zuvor gesagt: „Wir sind alle über das Limit gegangen. Das ist atemberaubend. Das ist so eine Ehre, mit Tony zu fahren. Das ist ein Geschenk für ihn.“

Für Martin, der 2011, 2012, 2013 und 2016 viermal Weltmeister im Einzelzeitfahren wurde, ist es ein goldener Abschied aus dem Profisport. „Gerade die Chance auf Gold ist wesentlich größer. Eine Medaille sollte drin sein“, hatte der 36-Jährige schon vor dem erst vor zwei Jahren eingeführten Mixed-Event betont. Damals gab es Silber hinter den Niederlanden, die sich in dem Modus mit zwei Trios vor allem auf ihre überlegenen Frauen verlassen können.

Für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) ist es die zweite Medaille bei diesen Titelkämpfen, nachdem Antonia Niedermaier am Dienstag Bronze bei den Juniorinnen holte.

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Der von schweren Stürzen geplagte Martin hatte am Sonntagmorgen angekündigt, seine Laufbahn nach der WM zu beenden und damit auch seinen bis 2022 gültigen Vertrag bei Jumbo-Visma nicht mehr zu erfüllen. Um sich die Möglichkeit auf ein glänzendes Ende mit Edelmetall zu geben, verzichtete Martin auch aufs Straßenrennen am kommenden Sonntag. Der Plan ging auf: Völlig erschöpft und verschwitzt saß er auf dem Asphalt, erst danach herzte er nach der Zwischenbestzeit seine Teamkollegen.

An einem herrlichen Septembertag zeigte sich auf dem flachen Kurs vom Küstenort hinein nach Brügge, was Martin auch im fortgeschrittenen Sportleralter noch so wertvoll macht. Der Spitzname „Panzerwagen“, der sich auf Martins beeindruckende Zeitfahr-Künste bezieht, hatte bis zum letzten Profiwettbewerb seine Berechtigung. Der Cottbuser und die drei Frauen Klein, Brennauer und Kröger waren schon 2019 in England Teil des Silber-Teams, das starke Frauen-Trio hatte schon in Tokio mit mehreren Weltrekorden im 4000-Mannschaftszeitfahren auf der Bahn für Furore gesorgt. Im Vorjahr wurde das Mixed coronabedingt aus dem WM-Programm gestrichen.

Brennauer, Klein und Kröger holten den Rückstand furios auf

Martin, der beim sechsten Rang im Einzelzeitfahren am vergangenen Sonntag schon von seinen Gefühlen übermannt wurde, überließ beim allerletzten Kapitel nichts dem Zufall. Schon in der Morgensonne war das deutsche Männertrio parallel zur Küste durch Knokke-Heist gestrampelt. Angeführt – natürlich – von Spezialist Martin, der für seine weitere Zukunft noch keine konkreten Pläne hat und erst einmal Urlaub machen will. „Die Entscheidung, dass ich aufhöre habe ich gerade erst getroffen. Heute Abend feiern wir erst einmal, dann sehe ich weiter“, sagte er.

Nach nun bereits zwei Medaillen ist auch dem Straßenrad-Team um Kapitän Nils Politt ein wenig der Druck genommen worden. Im wichtigsten aller WM-Rennen hat die deutsche Mannschaft seit André Greipel im Jahr 2011 keine Medaille mehr geholt. Auch am Sonntag vor vermutlich hunderttausenden Zuschauern an der Strecke sind andere Fahrer die Favoriten. (Tsp/dpa)

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