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Lass diesen Kelch an mir vorbeigehen: Beim Spiel Uruguay - Russland traf de Rote Karte den Russen Igor Smolnikow. Vor 22 Jahren traf es den Uruguayer Rodrigo Bautista - nach nur 52 Sekunden.

© Marius Becker/dpa

WM-Historie: Die schnellste Rote Karte der Welt bekam nicht José Batista

José Batista aus Uruguay war ein beinharter Verteidiger. Und hält einen unrühmlichen WM-Rekord.

José Batista kann einem leidtun. Der 56-jährige Uruguayer spielte 21 Jahre lang Profifußball, wurde in Argentinien Vizemeister und schoss in einem wichtigen WM-Qualifikationsspiel seines Landes ein herrliches Freistoßtor. Doch alles, woran man sich erinnert, ist die Grätsche, die ihn ins Guinness-Buch der Rekorde brachte.

Wann immer eine WM naht oder schon über uns hereingebrochen ist, blickt früher oder später jemand auf das Spiel zwischen Uruguay und Schottland von 1986 zurück, in dem Batista nach weniger als einer Minute die Rote Karte sah. Zu Unrecht, wie er bis heute glaubt. „Ja, es war eine harte Aktion, aber es ist eine Gelbe Karte“, sagte Batista vor einiger Zeit der Fifa-Website. „Es war kein direkter Platzverweis.“

Bautista grätschte schon nach 37 Sekunden

Nun, der Schiedsrichter sah das damals anders. Und deswegen liest man immer wieder Überschriften wie diese: „Uruguays José Batista und der schnellste Platzverweis, den es je bei einem Fifa-WM-Spiel gegeben hat.“ So stand es vor vier Jahren auf der Homepage des besagten Guinness-Buches.

Darunter hieß es dann: „Nach nur 56 Sekunden setzte José Batista zur Grätsche an und schickte den schottischen Mittelfeldspieler Gordon Strachan von hinten zu Boden. Nachdem er zunächst eine Trage für den offensichtlich verletzten Strachan geordert hatte, zögerte der französische Schiedsrichter Joel Quiniou keine Sekunde und zückte die Rote Karte gegen Batista.“

In diesen paar Zeilen finden sich einige Fehler. Zunächst mal setzte Batista seine historische Grätsche schon nach 37 Sekunden an. Daraus ergibt sich dann auch, dass Quiniou mitnichten „keine Sekunde zögerte“, bevor er den Uruguayer des Feldes verwies. Außerdem lassen die Fernsehbilder vermuten, dass der Referee die Rote Karte nicht nach 56 Sekunden in die Luft reckte, sondern schon nach 52. Das ist auch die Zahl, von der die Fifa ausgeht.

Man muss Batista zugestehen, dass er ziemlich flott unterwegs war. So wird schon seit 55 Jahren Bundesligafußball gespielt, doch noch nie wurde ein Profi in der ersten Minute des Feldes verwiesen. Der Ligarekord wird seit 2010 vom damaligen Kölner Youssef Mohamad gehalten, der gegen Kaiserslautern entweder nach 87 Sekunden Rot sah oder nach 93 Sekunden, die Quellen sind sich uneins.

Der schnellste Platzverweis bekam ein Bahrainer

Und doch findet sich im Text des Guinness-Buches noch ein weiterer Fehler. So eilig es Batista auch hatte, seine Rote Karte ist nicht „der schnellste Platzverweis, den es je bei einem Fifa-WM-Spiel gegeben hat“, er ist nur der schnellste bei einer WM-Endrunde. Die früheste Rote Karte, die je bei einem WM-Spiel gezückt wurde, sah ein Linksverteidiger namens Rashed Al Hooti.

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Der heute 28-jährige Al Hooti spielt für Bahrain. Am 11. Oktober 2011 trat er mit seinem Team zu einem WM-Qualifikationsspiel in Teheran an. Nach 34 Sekunden senste er den Iraner Andranik Teymourian so gründlich um, dass der australische Schiedsrichter Peter Green augenblicklich zur Roten Karte griff. Allerdings brauchte er etwas, um sie aus seiner Brusttasche zu nesteln. Als er Al Hooti schließlich des Feldes verwies, stand die mitlaufende Uhr des übertragenden Fernsehsenders bei 0:39.

Al Hooti war über die Entscheidung erheblich entsetzter als Batista 1986. Damals protestierten die Uruguayer natürlich ausgiebig, aber keine Minute nach dem Platzverweis stapfte Batista schon mürrisch in die Kabine. (Wo Uruguays Zeugwart noch aufräumte und nicht schlecht staunte, den Verteidiger so schnell wiederzusehen.) Der Bahrainer hingegen verlor völlig die Fassung. Vom Rasen ging er noch recht zügig, doch auf der Laufbahn wurde ihm wohl erst richtig bewusst, was geschehen war. Zwei Ersatzspieler mussten ihn zurück in die Kabine geleiten, während Al Hooti aus Verzweiflung in Tränen ausbrach.

Und auch die Auswirkungen der beiden Platzverweise auf die zwei Partien waren sehr unterschiedlich. Die zehn Uruguayer hielten 1986 gegen das von Alex Ferguson trainierte Schottland ein 0:0, wodurch sie ins Achtelfinale kamen (und die Schotten eben nicht). Die Bahrainer hingegen konnten in Unterzahl ihren Kasten nur 22 Minuten sauber halten, dann schlug es zum ersten, doch nicht zum letzten Mal ein. Das Team verlor am Ende 0:6.

Uli Hesse

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