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Eine volle Alte Försterei? Wird es in diesem Jahr wohl nicht mehr geben.

© dpa

Wiederzulassung von Zuschauern in der Bundesliga: Was die Fans des 1. FC Union vom DFL-Konzept halten

Die Fußball-Bundesliga will am Dienstag ihr Zuschauerkonzept verabschieden. Fans des 1. FC Union sind von dem Vorschlag nicht wirklich überzeugt.

Als Stefan März gelesen hat, dass der 1. FC Union wieder vor vollen Rängen spielen wollte, habe er sich erst einmal „beide Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gedacht: Was für ein tollkühner Vorstoß?“

Der 43-Jährige geht seit 20 Jahren zu Union, blieb auch nach einem Umzug nach Hamburg dem Köpenicker Klub treu. Doch für das Vorhaben seines Vereins, mit selbst finanzierten Coronavirus-Tests sein Stadion wieder zu füllen, erwärmte er sich erst im Gespräch mit anderen Fans. „Es wurde dann relativ klar, dass es ein Vorstoß war, der eine Diskussion anregen soll. Das fand ich gut.“

[Alle Entwicklungen rund um den 1. FC Union finden Sie bei uns in jeweils eigenen Newsblogs.]

Nun geht die Diskussion in die nächste Runde. Denn während Union noch an seinem Stadionkonzept arbeitet, stimmen die 36 Vereine der Deutschen Fußball- Liga (DFL) am Dienstag über eine eingeschränkte Wiederzulassung von Zuschauern ab. Es soll zunächst keine Gästefans geben, auch Stehplätze und Alkohol werden bis Oktober nicht erlaubt, damit die Abstandsregeln besser eingehalten werden.

Ob die Politik dem auch zustimmt, muss sich erst einmal zeigen. Erst am Wochenende äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder skeptisch dazu: „Stadien mit 25 000 Zuschauern halte ich für sehr schwer vorstellbar“ sagte er der „Bild am Sonntag“, und warnte davor, „Unmengen von Testkapazitäten“ aufzubrauchen.

Von 25 000 Zuschauern kann Union ohnehin erst einmal nur träumen. Im Stadion an der Alten Försterei gibt es nur auf einer der vier Tribünen Sitzplätze. Nach dem DFL-Konzept könnten also höchstens ein paar Tausend dabei sein, wodurch manche Fans ihren Verein sportlich und finanziell benachteiligt sehen.

Die DFL will am Dienstag ein Zuschauerkonzept beschließen. Zu Union-Spielen dürften dann nicht einmal 5000 Fans

Selbst bei 5000 oder 10 000 Leuten könnte Stefan März sich nicht vorstellen, in ein Stadion zu gehen, „wo man normalerweise dicht an dicht gedrängt steht und alle Emotion miteinander teilt. Für mich ist es alle oder keiner.“

So sehen es viele, aber längst nicht alle Union-Fans. „Ich würde trotzdem gerne ein Spiel sehen, wenn alle Hygieneregeln eingehalten werden“, sagt Frank Korablin. Der 32-Jährige würde dafür auch auf sein Bier und den Stehplatz verzichten. Ob er als einfaches Mitglied aber überhaupt eine Karte bekommen würde, ist eine andere Frage. Schon vor der Pandemie musste Union Tickets in einem Losverfahren verteilen, bei einer Teilzulassung wäre die Konkurrenz um Karten noch größer.

Mara Muster glaubt, dass die Alte Försterei selbst mit nur wenigen Anwesenden ein „Hexenkessel“ wäre, „aber es ist halt nicht dasselbe wie mit 22 012 Zuschauern.“ Wieder ins Stadion würde sie erst gehen, „wenn die Pandemie im Griff ist“, denn Großveranstaltungen hält sie aktuell für eine schlechte Idee. Trotzdem findet sie es gut, dass sich der Verein für volle Stadien einsetzt. „Es ist provokant, aber auch sehr wichtig, dass einer mal auf den Tisch haut und sagt: alle sollen wieder hereinkommen. Denn diese Option war vorher gar nicht so präsent bei den meisten.“

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Von dem DFL-Konzept hält Muster wenig. „Dadurch, dass es ein Stehplatzstadion ist, fühlt man sich schon benachteiligt“ sagt sie. Sie fürchte sogar, dass der Ligaverband die Gelegenheit nutzen könnte, Stehplätze „langfristig zu verbannen und es so zu machen wie in England.“

Ganz ähnlich denkt auch Kyle Walsh. Der Schotte wohnt in Edinburgh, ist aber einer von vielen Briten, die regelmäßig zu einem Union-Heimspiel nach Berlin fahren. Das lohne sich, weil man als Fan in Deutschland „viel mehr Freiheit hat. Man kann sich im Stadion ungestört bewegen und auf den Rängen ruhig ein Bier trinken“, sagt er.

Doch Walsh befürchtet auch, dass mit dem Coronavirus quasi durch die Hintertür britische Verhältnisse in Deutschland etabliert werden sollen. Mit Abstand im Stadion könne es zum Beispiel kaum Fanproteste geben, meint er. „Und wenn es keine Proteste gibt, was hält sie noch davon ab, die 50+1-Regel abzuschaffen?“

Sobald Fans wieder ins Stadion dürfen und er ohne Bedenken ins Ausland reisen kann, würde er sofort wieder in die Alte Försterei gehen, sagt Walsh. Gleichzeitig hätte er ein „schlechtes Gewissen, wenn jemand, der Union seit Jahren verfolgt, nicht dabei sein kann.“ Auch für ihn gilt also: alle oder keiner.

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