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Der nächste Schritt. Bei Bayer Leverkusen spielt Robert Andrich (rechts) erstmals im Europapokal, hier gegen Celtic Glasgow.

© Maik Hölter/Imago

Wiedersehen mit Robert Andrich: Der 1. FC Union trifft auf sein altes Gesicht

Im ersten Rückrundenspiel sind die Berliner bei Bayer Leverkusen und Robert Andrich zu Gast. Urs Fischer ist voll des Lobes für seinen früheren Mittelfeldchef.

Wenn er auf Robert Andrich angesprochen wurde, reagierte Urs Fischer in der vergangenen Saison das eine oder andere Mal mit Unverständnis. Bei dem Schweizer in Diensten des 1. FC Union äußert sich das nicht so offenkundig wie bei anderen Trainern, er wird nicht laut oder gereizt. Doch an seinem Blick, einem kurzen Zögern und seinem Tonfall ist klar zu erkennen, wenn er mit einer Frage nicht einverstanden ist. So war es oft, wenn sein Mittelfeldchef mal wieder auf seine kämpferischen Qualitäten reduziert wurde. Es war Fischer unerklärlich, wie man die enorme spielerische Bedeutung Andrichs wegen ein paar aggressiver Grätschen derart übersehen konnte.

Vor dem Rückrundenauftakt der Berliner bei Bayer Leverkusen an diesem Samstag (15.30 Uhr, Sky) wurde der Schweizer Trainer erneut auf Andrich angesprochen. Doch mittlerweile hat sich einiges verändert: Andrich, 27, spielt jetzt in Leverkusen, es wundert sich niemand mehr über seine fußballerischen Qualitäten – und Fischer reagiert mit Humor statt Unverständnis. Überrascht hätten ihn die Leistungen seines ehemaligen Schützlings in der Hinrunde nicht, sagte Unions Trainer: „Das hat er ja auch bei uns gelernt.“

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Im vergangenen Sommer wurde Andrich für 6,5 Millionen Euro von Union in den Westen transferiert. Beim Hinspiel Mitte August stand er noch bei den Berlinern unter Vertrag, saß wegen seins bereits öffentlich bekannten Wechselwunsches aber auf der Tribüne. Zwei Tage später meldeten beide Vereine Vollzug. Nun gibt es das erste direkte Aufeinandertreffen. „Ich freue mich sehr darauf, bekannte Gesichter wiederzusehen“, sagte Andrich in einer Medienrunde mit Leverkusener Journalisten. „Ich hatte zwei schöne Jahre bei Union und bin keineswegs im Bösen weggegangen.“

In Köpenick war der Mittelfeldspieler bei Fans und Mannschaft hoch geschätzt. Mit seiner Kombination aus aggressivem Spiel gegen den Ball und seiner Übersicht, Dynamik und Torgefahr mit Ball verkörperte er Unions Spielphilosophie vielleicht so gut wie kein anderer Berliner. Wenn die Gegner die Berliner anerkennend als „eklig“ bezeichneten, schien damit immer auch Andrich gemeint zu sein.

Unter Urs Fischer entwickelte sich Robert Andrich zu einem gefragten Bundesliga-Profi.
Unter Urs Fischer entwickelte sich Robert Andrich zu einem gefragten Bundesliga-Profi.

© Contrast/Imago

Mit diesen Qualitäten hat er sich auch im individuell deutlich stärker besetzten Leverkusener Kader schnell einen Stammplatz erobert. Fischers Landsmann Gerardo Seoane auf der Bayer-Bank verzichtet nur auf Andrich, wenn dieser gesperrt ist oder sich die Rotation aufgrund der Doppelbelastung nicht vermeiden lässt. Wettbewerbsübergreifend 19 Einsätze und fünf Tore sind durchaus eine beeindruckende Bilanz für einen Fußballer, der vor zweieinhalb Jahren noch bei Heidenheim in der Zweiten Liga spielte.

Dass Fischer, der bekanntlich nicht zu den Fantasten zählt, eine Frage nach Andrichs Eignung für die Nationalmannschaft durchaus ernst nahm, sagt viel über dessen Fortschritte aus. „Wenn er weiterhin bereit ist, an sich zu arbeiten, glaube ich schon, dass Rob die Qualität hat dazu“, sagte Unions Trainer – und das sollte man nicht als reine Höflichkeit seinem ehemaligen Spieler gegenüber interpretieren. Den Wechsel des gebürtigen Potsdamers habe er im Sommer mit „einem lachenden und einem weinenden Auge“ aufgenommen. „Er hat eine tolle Entwicklung gemacht, für die er selbst verantwortlich ist. Wir haben ihm geholfen, den nächsten Schritt zu machen. So ist Fußball“, sagt Fischer.

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Dass der akute Trennungsschmerz nicht allzu lange anhielt, hat auch mit den guten Transfers im Sommer zu tun. Mit Rani Khedira, der nach seiner Corona-Erkrankung wieder zur Verfügung steht, und Genki Haraguchi haben sich zwei Zugänge die Aufgaben Andrichs in vielen Spielen aufgeteilt. Die Torgefahr aus dem Mittelfeld ist nun zwar deutlich geringer, doch Fischer ist es erneut gelungen, ein kompaktes und äußerst erfolgreiches Gerüst aufzubauen.

Die Leistungen von Union im nationalen und internationalen Geschäft hat natürlich auch Andrich in seiner neuen sportlichen Heimat verfolgt. „Mittlerweile kann man sagen, dass sie ein wesentlicher Bestandteil der Bundesliga geworden sind“, sagt er über seinen ehemaligen Verein. Das sei vor allem ein Verdienst von Trainer Fischer. „Er schafft es Woche für Woche und mit egal welchem zur Verfügung stehenden Personal, die Jungs als geschlossene Einheit auf den Rasen zu schicken. Das zeichnet Union aus.“

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