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Mit blanker Brust. Derzeit trainieren und spielen die Profis von Hertha BSC in neuen Trikots, allerdings noch ohne Logo des neuen Hauptsponsors. Hertha wird einen Vertrag mit dem Sportwettenanbieter Bet-at-home abschließen.

© Imago

Wettanbieter als Hauptsponsor: Hertha BSC vor Partnerschaft in der Grauzone

Die Sportwettenbranche befindet sich in Deutschland in einer Grauzone. Trotzdem könnte der Sportwettanbieter Bet-at-home bald neuer Hauptsponsor von Hertha BSC werden. Es würde eine ganze Branche in Wallung versetzen.

Vermutlich in der nächsten Woche wird Hertha BSC mit dem Sportwettanbieter Bet-at-home einen neuen Hauptsponsor vorstellen. Und das hätte vielleicht Signalwirkung. „Grundsätzlich ist es ein positives Zeichen, dass sich die Sportwetten-Branche in Deutschland mit hochklassigem Sponsorship positionieren will“, sagt Luka Andric. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Sportwettenverbandes (DSWV) sagt aber auch: „Allerdings schwebt die Rechtsunsicherheit wie ein Damoklesschwert über dieser Partnerschaft.“

Nach wie vor gibt es in Deutschland für Sportwettenanbieter keine bundesweit rechtssicheren Lizenzen. Die Innenverwaltungen der Bundesländer könnten juristisch gegen solche Partnerschaften vorgehen und sie sogar untersagen. „Ich halte das inzwischen für unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar“, sagt Andric. Zumal Hertha bisher keine negativen Erfahrungen gemacht hat. Seit einem Jahr unterhält der Bundesligist eine Exklusivpartnerschaft mit X-Tip-Sportwetten, woran die Senatsverwaltung für Inneres und Sport keinerlei Anstoß fand.

Zu den schwarzen Schafen zählen asiatische Wettanbieter

Dennoch befindet sich die Sportwettenbranche hierzulande in einer Grauzone. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2010 den deutschen Glücksspielstaatsvertrag von 2008 für europarechtswidrig erklärt und damit auch das Sportwettenmonopol gekippt. Die Bundesländer hatten daraufhin beschlossen, 20 privaten Anbietern von Wettbüros und Onlineportalen Konzessionen zu erteilen. 2011 unterschrieben alle Länder – mit Ausnahme von Schleswig-Holstein – den Glücksspieländerungs-Staatsvertrag. Das nördlichste Bundesland hatte zwischenzeitlich das Glücksspiel liberalisiert und zudem Lizenzen erteilt. Diese bestehen zwar fort, aber gelten nur für Schleswig-Holstein. Vielmehr ist inzwischen, dreieinhalb Jahre später, das bundesweite Sportwetten-Konzessionsverfahren „im Chaos versunken“, wie es Andric sagt.

Im Mai erst bezeichnete das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main das Sportwetten-Konzessionsverfahren für rechtswidrig. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Vergabe von Wettkonzessionen gestoppt. „Solange die Ministerpräsidenten sich der Sache nicht annehmen, wird der Glücksspielstaatsvertrag weiterhin nur Rechtsunsicherheit und einen enormen Schwarzmarkt produzieren“, sagt Mathias Dahms, Vorsitzender des Deutschen Sportwettenverbandes.

In vielen Ländern der EU gibt es bereits Lizenzen für Sportwettenanbieter

Im vergangenen Jahr hatten sich führende Sportwetten-Anbieter in Berlin zusammengeschlossen. Wichtigstes Anliegen des DSWV ist eine rechtssichere Regulierung von Sportwetten in Deutschland, um somit auch gegen Spielmanipulation, Spielsucht und Schwarzmarkt vorgehen zu können. Zu den schwarzen Schafen der Branche zählen insbesondere asiatische Wettanbieter, die weder Geldwäsche- noch Spielsuchtprävention betrieben, wie Andric sagt. Die allermeisten europäischen Wettanbieter, wie auch Bet-at-home und X-Tip-Sportwetten, hätten im bundesweiten Lizenz-Bewerbungsverfahren sämtliche Voraussetzungen erfüllt. Nur ist eben bis heute keine einzige Lizenz erteilt worden.

Ein Zustand, den nicht nur die Branche kritisiert, sondern der dazu führt, dass große Wettanbieter, zum Teil börsennotierte Unternehmen, sich mit Investitionen in Deutschland zurückhalten. „Herrschte Rechtssicherheit, würden auch andere Unternehmen der Branche ihre Zurückhaltung aufgeben und ihr Geld nicht in Italien, England oder Spanien investieren“, sagt Andric. In vielen Ländern der EU gibt es bereits Lizenzen für Sportwettenanbieter. Dem deutschen Sport entgingen erhebliche Sponsoring- und Werbeverträge. In Deutschland werden jährlich Wetteinsätzen in Höhe von rund 4,5 Milliarden Euro getätigt.

Dass Hertha und bet-at-home zueinanderfinden, gilt als sicher

Eigentlich sollten durch den Glückspieländerung-Staatsvertrag, der ab 2012 in Kraft ist, der Weg zu einer Öffnung des Sportwettenmarktes geebnet und Konzessionen für Wettanbieter vergeben werden. „Die Länder haben in den letzten dreieinhalb Jahren mehr als eine halbe Milliarde Euro an Sportwettensteuern kassiert, aber die gesetzlich vorgesehenen Konzessionen nicht erteilt“, sagt Dahms. Auf Grundlage des 2012 neugefassten Rennwett- und Lotteriegesetzes führen Wettanbieter neben der üblichen Unternehmenssteuer eine Sportwettensteuer in Höhe von fünf Prozent auf die Spieleinsätze ab. Derzeit liegt die novellierte Staatsvertrag erneut zur Prüfung beim EuGH vor.

Dass Hertha und Bet-at-home zueinanderfinden, gilt als sicher. Vollzug kann aber erst dann vermeldet werden, wenn der bisherige Exklusivpartner X-Tip-Sportwetten nicht von seinem vertraglich zugesicherten Recht Gebrauch macht. Nach diesem „Matching Right“ muss der Exklusivpartner gefragt werden, ob er gewillt ist, zu den Konditionen, die Hertha mit dem neuen Hauptsponsor Bet-at-home vereinbart hat, dessen Vertrag als Trikotsponsor zu übernehmen. Als wahrscheinlicher gilt, dass Hertha einen Exklusivpartner aus der Sportwetten-Branche verliert.

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