zum Hauptinhalt
Halt mich: Torwart Nicolas hätte sich ein schöneres Debüt gewünscht.

© Markus Gilliar/Imago

Wer wird Gikiewicz-Nachfolger?: Moritz Nicolas ist beim 1. FC Union auf dem Sprung

Beim 0:4 gegen Hoffenheim erlebt Torwart Moritz Nicolas ein schwieriges Bundesligadebüt. Die neue Nummer eins des 1. FC Union könnte er trotzdem werden.

Rafal Gikiewicz hätte es selber kaum besser machen können. Als Hoffenheims Andrej Kramaric schon in der ersten Minute mit einem Drehschuss auf das Tor des 1. FC Union Berlin abzielte, hüpfte Moritz Nicolas ein paar Mal auf den Zehen und blockte reflexartig mit seinem rechten Fuß ab. Schon nach 41 Sekunden hatte er seinen ersten Test als Bundesliga-Torwart überstanden.

Fast eine ganze Saison hatte Nicolas im Schatten seines polnischen Kollegen Gikiewicz gestanden. Am Samstag bekam er endlich seine Chance. Sein Pflichtspieldebüt für Union war nicht nur der erste Auftritt in der Bundesliga. Es war für den 22-Jährigen auch die Gelegenheit, sich als künftige Nummer eins in Köpenick zu beweisen.

[Alle Entwicklungen rund um den 1. FC Union finden Sie bei uns im Newsblog.]

Zumindest in der Anfangsphase war ihm die Probe relativ gut gelungen. Nach seiner ersten Rettungstat konnte Nicolas noch ein paar Freistöße von Robert Skov abwehren, bevor die Schleusen unumkehrbar geöffnet wurden. Mit 0:4 gingen er und Union am Ende in Sinsheim unter, beim dritten Tor wurde der junge Keeper sogar am kurzen Pfosten getunnelt. Ein Traumdebüt war es nicht – auch wenn die Schuld dafür eher bei der Abwehr lag als beim Torwart selbst.

„Er hat es aus meiner Sicht wirklich gut gemacht“, sagte Unions Trainer Urs Fischer nach dem Spiel. „Bei den ersten Aktionen war er hellwach, bei anderen hat er gezeigt, was er kann.“ Es gebe aber auch Dinge, „an denen er noch arbeiten muss“.

Für einen Torwart, der vor diesem Wochenende noch nie in der höchsten deutschen Spielklasse gespielt hatte, ist das aber keine Überraschung. In der Hoffnung auf Einsätze kam Nicolas Anfang der Saison auf Leihbasis zu Union. Bei Borussia Mönchengladbach war er nur in der Regionalliga zum Einsatz gekommen. In Berlin, so hofften sowohl Spieler als auch Klub, sollte er den Durchbruch schaffen.

Diese Schmerzen: Moritz Nicolas (rechts) kassierte gegen Hoffenheim vier Treffer.
Diese Schmerzen: Moritz Nicolas (rechts) kassierte gegen Hoffenheim vier Treffer.

© Thomas Kienzle/dpa

Bisher hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Bis das Saisonziel Klassenerhalt vorige Woche erreicht wurde, wollte Fischer weder in der Liga noch im Pokal auf den jungen Torwart setzen. In Mönchengladbach zeigte man sich darüber zuletzt genervt, und zog sogar einen vorzeitigen Abbruch der zweijährigen Leihe in Betracht. „Es darf auf keinen Fall sein, dass er auch ein zweites Jahr komplett auf der Bank sitzt. Wenn sich das abzeichnet, müsste man mit Union Berlin noch mal ins Gespräch gehen“, hat Borussia Sportdirektor Max Eberl im April dem „Kicker“ gesagt.

Auch Fischer gibt zu, dass Nicolas Minuten und Einsatzzeit brauche, wenn er noch zum Bundesliga-Torwart reifen will. Er habe zwar „im Training einen tollen Job“ gemacht, aber an der erfahrenen Nummer eins führe bei Union einfach kein Weg vorbei, sagte der Trainer vergangene Woche. „Rafa war in dieser Spielzeit konstant. Darum gab es auch keinen Grund, an der Position zu wechseln.“

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Zur neuen Saison aber besteht auf dieser Position Handlungsbedarf. Seit Ende April steht fest, dass Gikiewicz den Verein verlassen wird. Es deutet einiges darauf hin, dass seine Nachfolge intern geregelt wird. Union will den Kader eher verkleinern, und mit Gikiewicz konnte Union auch deshalb nicht verlängern, weil der finanzielle Spielraum in Zeiten des Coronavirus noch enger wird. Es gebe zwar noch „viele Unbekannte für die nächste Saison“, sagte Manager Oliver Ruhnert am Samstag im Aktuellen Sportstudio, aber „wir haben zumindest schon einen Kader, mit dem wir planen wollen“.

Womöglich kommt es in diesem Sommer also zu einem Zweikampf zwischen Moritz Nicolas und Jakob Busk, und da würde die junge Leihgabe gute Chancen haben. Mit seiner Vertragsverlängerung vor wenigen Wochen hat der Däne zwar angekündigt, dass er wieder um den Stammplatz im Tor kämpfen will. In dieser Saison war er allerdings nur dritte Wahl – und zwar hinter Moritz Nicolas. Das Debüt am Samstag mag nur halbwegs geglückt sein, aber für Nicolas war es wohl erst der Anfang.

Zur Startseite