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Voller Körpereinsatz. Im Handball geht bei den Spielern die Herzfrequenz bis ans Limit – wie hier beim WM-Spiel Russland gegen Serbien.

© Hannibal Hantschke/Reuters

Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark: Handballer leiden unter engem Spielplan

Zwei Spiele binnen 24 Stunden: Die Handballer haben nur wenig Zeit zur Regeneration. "Danach sind die Spieler platt", sagt ein Sportmediziner.

Fußballer stöhnen schon, wenn sie nur drei Tage Pause zwischen den Spielen haben. Früher waren sogenannte „Englische Wochen“ oft ein Horror für die Profis, die im Ligaalltag nur gewohnt waren, am Wochenende anzutreten. Heute hat sich das mit den vielen Wettbewerben geändert, aber eine Weltmeisterschaft etwa zieht sich im Fußball oft doch sehr lang. Sechs Tage Pause zwischen den Spielen, darüber können die Handballer nur schmunzeln: In dieser Zeitspanne absolvieren sie eine komplette WM-Vorrunde mit fünf Spielen.

Einmal heißt es sogar bei der WM in Berlin: Wer heute spielt, ist morgen wieder dran. So wie auch für die deutsche Mannschaft. Nach dem Unentschieden gegen Russland am Montag ist vor dem schweren Spiel am Dienstag gegen Frankreich (20:30 Uhr/live im ZDF). Das beginnt für die Deutschen gut 23 Stunden nach dem Spiel gegen die Russen. Die Franzosen hat es sogar noch schlechter erwischt mit dem Spielplan, sie haben erst am Montagabend gegen Südkorea gespielt. 22 Stunden Pause zwischen zwei Auftritten, wie stecken die Handballer das weg?

"Wir sind darauf eingestellt", sagt Prokop

Erst einmal ist die enge Taktung der Spieltermine natürlich ein Umstand, der alle Teams bei der WM trifft. Der deutsche Bundestrainer Christian Prokop sagt: „Wir kennen den Spielplan schon lange. Wir sind darauf eingestellt. Das ist kein Problem.“ Für die Spieler gestaltet sich das schon schwerer als für den Trainer, denn sie haben ja eine enorme physische Belastung schnell zu verarbeiten. Nationaltorwart Andreas Wolff sagte nach dem schweren Spiel gegen die Russen im Fernsehinterview: „Ich denke nicht, dass ich heute vor zwei Uhr schlafen werde. Wenigstens können wir ausschlafen. Frühstücken tut jeder individuell. Da gibt es keine einheitliche Zeit für alle. Wir müssen schauen, dass wir uns regenerieren und Schlaf bekommen.“

Nach dem Spiel gegen Russland hat das deutsche Team um Torhüter Andreas Wolff nur eine kurze Regenerationszeit.
Nach dem Spiel gegen Russland hat das deutsche Team um Torhüter Andreas Wolff nur eine kurze Regenerationszeit.

© Soeren Stache/dpa

Wie geht so etwas in so kurzer Zeit? Der Berliner Mediziner Thorsten Dolla war schon Mannschaftsarzt in vielen Sportarten. Er sagt: „Hochleistungssport ist kein Gesundheitssport.“ Natürlich sei ungesund, was die Sportler machten. „Die Handballer haben jeden Tag eine enorme Belastung. Zwischen den Spielen gibt es daher kaum ernsthaftes Training, es geht nur noch um Regeneration.“ Denn: „Die Spieler sind keine Maschinen.“

Jeder Tag in der Halle kostet

Der enge Spielplan bei der Handball-WM ist dann wohl auch weniger dem Wohle des Handballsports geschuldet, sondern unterliegt viel mehr organisatorischen Zwängen. So ein Turnier kostet von der Logistik her sehr viel, die Mannschaften müssen untergebracht werden, die Miete für die Arena am Ostbahnhof ist hoch – zudem wollen dort in ein paar Tagen auch wieder Alba und die Eisbären spielen. Jeder Tag in der Halle kostet, Pausentage gibt es in der WM-Vorrunde in Berlin daher auch nicht.

Die Spielpausen im Fußball sind wohl vor allem länger, weil an so einem Turnier ganz anders verdient wird durch Vermarktung und Fernsehgeld. Auch im Eishockey werden bei Weltmeisterschaften die Spiele oft im Tagestakt durchgezogen. Sportmediziner Dolla hält das für bedenklich. „Fußball und Eishockey sind Sportarten, in denen ich an meine maximale Herzfrequenz herangehe, da geht es rauf und runter.“ Auch beim modernen Handball sei das heutzutage genauso. Obwohl dabei den Sportlern wohl zu Gute kommt, dass ein Spiel beim Handball nur zwei mal 30 Minuten Spielzeit dauert, also insgesamt kürzer ist als ein Fußballspiel. Dort sind die Sportler wie im Basketball oder Eishockey (inklusive Pausen) zwei oder mehr Stunden im Einsatz. Zudem wird in letzteren Sportarten – wie auch zum Teil im Handball – die Uhr angehalten, aber die mentale Belastung neben der physischen Anstrengung ist trotzdem sehr hoch.

Sportmediziner Thorsten Dolla sagt: „Wenn so ein Turnier wie die Handball-WM durch ist, dann sind die Spieler platt und können oft in ihrem Verein nicht mehr die gewohnte Leistung bringen.“

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