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Sicherer Schütze. Frederik Simak trifft oft aus sieben Metern.

© imago/Matthias Koch

Vor dem Spiel gegen Lemgo: Füchse Berlin: Jung und jünger

Die Füchse profitieren mal wieder von ihrer Nachwuchsarbeit. Gerade jetzt, da ein halbes Dutzend wichtiger Spieler fehlt.

Zu Wochenbeginn mussten die Profis der Füchse Berlin nicht in ihrer Trainingshalle erscheinen und durften einen Tag lang die Beine hochhalten. In seiner inoffiziellen Funktion als Oberaufseher hat Bob Hanning vorsichtshalber trotzdem in Hohenschönhausen vorbeigeschaut. Man weiß ja nie, was es zu sehen gibt. Hanning jedenfalls war sehr erbaut von einer Szene, die sich ihm dann beim Betreten der Halle bot. „Kevin Struck, Christoph Reißky und Frederik Simak haben an ihrem freien Tag trainiert, als sei es das normalste der Welt“, berichtet der Füchse-Manager, „das zeigt mir, dass wir auf einem guten Weg sind.“

Besonderer Einsatz, außergewöhnlicher Ehrgeiz – das sind Tugenden, die der Manager des Handball-Bundesligisten und passionierte Nachwuchstrainer von den jungen Männern sehen will, die dauerhaft von einem Platz im Profi-Kader träumen. „Es setzt sich nicht immer das größte Talent durch“, sagt Hanning, „viele bleiben auf der Strecke, weil sie überehrgeizig, ungeduldig oder nicht bei der Sache sind.“ Bei den Füchsen ist das jedoch eher die Ausnahme: Auf der Plakette aller im Verein ausgebildeten Bundesliga-Spieler, die im Trainingszentrum an einer Wand hängt, ist mittlerweile kaum mehr Platz.

Hannings Vision: Fünf Eigengewächsen und Champions League

Die Berliner profitieren mal wieder von dieser vorbildlichen Nachwuchsarbeit. Gerade jetzt, da zur Halbzeit der Bundesliga-Hinserie schon wieder – oder besser gesagt: immer noch – ein halbes Dutzend wichtiger Spieler fehlt. Auch im Heimspiel gegen den TBV Lemgo am Sonntag (13.30 Uhr, Max-Schmeling- Halle und live bei Sky) wird die Verantwortung wieder auf den Schultern junger Männer wie eben Struck, Reißky oder Simak lasten.

Hanning hat schon vor Jahren seine Vision des Vereins umrissen: Er wünscht sich ein Team mit vier, fünf Eigengewächsen, das in der Champions League spielt. „Davon sind wir mittlerweile gar nicht mehr weit weg“, sagt er heute. 2017/18 belegten die Füchse Rang drei, in die neue Spielzeit sind sie mit ähnlichen Ambitionen gestartet – und phasenweise standen in dieser Bundesliga-Saison eben bis zu fünf Leute aus der eigenen Akademie auf dem Feld. Struck, Reißky und Simak haben zwar nicht das Niveau der Ausnahmetalente Paul Drux und Fabian Wiede, solide Bundesliga-Spieler mit Perspektive sind sie aber allemal.

Gerade Frederik Simak hat in dieser Saison nachhaltig Eindruck hinterlassen: Als in Hans Lindberg der etatmäßige und beste Siebenmeterschütze der Füchse ausfiel, übernahm der 20-Jährige mit geradezu erschreckender Selbstverständlichkeit: es brauchte 15 Siebenmeter, bis Simak zum ersten Mal verwarf. Seine Quote liegt weiter bei mehr als 80 Prozent – ein starker Wert, gerade für einen Neuling in der Handball-Bundesliga.

Nachwuchs als Müllmann

Neben der sportlichen Ausbildung legen sie bei den Füchsen großen Wert darauf, ihren Nachwuchsspielern Werte zu vermitteln, die auch außerhalb der Handballhalle von Bedeutung sind. Die Jugendteams etwa verbringen einmal im Jahr einen Tag mit Müllmännern von der Berliner Stadtreinigung. Noch vor dem üblichen Trainingsstart geht es dann raus in die Berufswelt. „Sie sollen lernen, was harte Arbeit ist und was es heißt, privilegiert zu sein und Geld mit seinem Sport zu verdienen“, sagt Hanning, „deshalb machen wir diese Aktion seit vielen Jahren – und sie verfehlt ihren Zweck nicht.“

Überhaupt hat Hanning in seinem Leben viele junge Menschen begleitet, auf einen trifft er heute wieder: Florian Kehrmann, Weltmeister von 2007 und Trainer beim TBV Lemgo, wurde von Hanning entdeckt und ausgebildet – geblieben ist eine echte Freundschaft. Kurz vor Weihnachten schickt Mama Kehrmann bis heute selbstgebackene Plätzchen an Hannings Berliner Adresse.

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