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2020 gewann Maximilian Schachmann die Fernfahrt zum ersten Mal, jetzt hat er nachgelegt.

© AFP

Vor dem Klassiker Mailand - Sanremo: Maximilian Schachmann fährt mit Schwung in den Frühling

Maximilian Schachmann hat nach seinem Sieg bei Paris - Nizza noch viel vor. Am Samstag startet der Berliner Radprofi erstmals beim Klassiker Mailand - Sanremo.

Das Terrain ist ungewohnt für Maximilian Schachmann. Erstmals bestreitet der Berliner Radprofi am Samstag das legendäre Rennen Mailand – Sanremo (ab 14.25 Uhr live bei Eurosport). 299 Kilometer müssen die Fahrer an der italienischen Riviera zurücklegen, länger ist kein Klassiker im Wettkampfkalender. Traditionell ist die Strecke eher für Sprinter gemacht, wenn da nicht kurz vor dem Ziel der Poggio wäre, ein kleiner giftiger Berg, an dem oft die Entscheidung fällt.

Sollte Schachmann da noch vorne mit dabei sein, wäre der Anstieg seine Chance. Aber der 27 Jahre alte Fahrer vom deutschen Team Bora hansgrohe gibt sich zurückhaltend und sagt: „Bei Mailand – Sanremo bin ich Debütant und möchte das Rennen und die Distanz erstmal kennenlernen.“

Ansonsten kennt sich Schachmann auf den Straßen dieser Welt bestens aus – und in der Radsport-Szene ist er längst etabliert. Gleich seine erste Rundfahrt in diesem Jahr konnte er gewinnen, bei Paris – Nizza siegte er am vergangenen Wochenende und wiederholte damit seinen Vorjahrestriumph.

„Wir wussten, dass ich mich aus dem Training heraus gut vorbereiten kann. Dennoch bin ich natürlich froh, dass es so aufgegangen ist“, sagt er und führt als Grund für die gute Form seine Saisonvorbereitung an: „Ich bin gesund und ohne Ausfälle durch den Winter gekommen.“

Mit der Gesundheit hatte Schachmann in der Vergangenheit zuweilen seine Probleme, wegen eines Mittelhandbruchs nach einem Sturz im Zeitfahren musste er 2019 die Tour de France aufgeben. Und im vergangenen Jahr hätte er die wegen der Coronavirus-Pandemie in den Spätsommer verlegte Frankreich-Rundfahrt beinahe verpasst, weil er sich kurz zuvor eine Schlüsselbeinfraktur zugezogen hatte.

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Corona spielt auch 2021 immer noch eine große Rolle. Mit dem Team konnte Schachmann im Dezember nicht ins gewohnte Trainingslager fliegen. „Dafür waren aber die Bedingungen zu Hause sehr gut, so dass ich mein Training voll durchziehen konnte“, erzählt er. Sein Zuhause liegt für ihn seit einiger Zeit auf der Schweizer Seite des Bodensees, dort sind die Trainingsbedingungen einfach besser für einen Radprofi als in Berlin.

Und schließlich hat Schachmann noch viel vor. Wenn nicht bei Mailand – Sanremo, dann aber bei den Ardennenklassikern Ende April. Dort möchte er auch die Möglichkeit haben, „um ein gutes Ergebnis zu kämpfen.“ Danach stehen die großen Rundfahren auf dem Programm. Bei Bora hansgrohe ist hier Emanuel Buchmann normalerweise der Mann für das Gesamtklassement, vor zwei Jahren wurde der Ravensburger starker Vierter bei der Tour de France.

Doch in diesem Jahr sagt ihm das Profil nicht unbedingt zu, Buchmann liebäugelt deswegen mit einem Start beim Giro d'Italia. Das könnte die Chance für Schachmann sein, in Frankreich zum Kapitän aufzusteigen. Doch er wiegelt ab und sagt: „Mit Lennard Kämna und Wilco Keldermann haben wir zwei Fahrer im Team, die Spezialisten für Grand Tours sind und auch die Tour de France im Blick haben.“

Schachmanns großes Ziel für dieses Jahr ist Olympia

Ob Schachmann selbst einer für die großen Rundfahrten ist, weiß im Moment niemand so recht. Wohl nicht einmal er selbst. Tatsächlich hat er erst drei dreiwöchige Etappenrennen bestritten, zweimal davon kam er ins Ziel. Das ist als Basis für eine Einschätzung seiner Fähigkeiten in diesem Bereich recht wenig.

Bei Paris – Nizza präsentierte er sich zuletzt allerdings einmal mehr als guter Allrounder und konnte Kletterer Primoz Roglic oft als einziger bei dessen Attacken am Berg folgen. Dazu ist Schachmann ein passabler Zeitfahrer und in Sprints aus kleineren Gruppen immer gut für den Sieg.

Der Berliner ist dabei angenehm selbstreflektiert. Erfolge nimmt er gern mit, bleibt aber auf dem Boden. „Er passt perfekt zu uns“, sagte Teamchef Ralph Denk, als Schachmann im Vorjahr seinen Vertrag bei Bora hansgrohe bis 2024 verlängerte und schloss damit die Persönlichkeit des Radprofis mit ein.

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Dass Schachmann weiter als nur bis zur nächsten Straßenkreuzung denkt, wird deutlich, wenn er über seine privilegierte Rolle als Radprofi in diesen Zeiten spricht: „Wir sind wirklich in einer glücklichen Position, verglichen mit anderen Sportlern.“ Dass momentan die üblichen Zuschauermassen wegen Corona auf den Etappen fehlen, nehme er deswegen gern in Kauf.

Durch die Pandemie musste Schachmann auch sein großes Ziel um ein Jahr verschieben. Olympia in Tokio war für ihn als einer der Höhepunkte der Saison 2020 geplant, die Spiele in Tokio mussten aber bekanntlich verschoben werden und sollen nun in diesem Sommer stattfinden. Der Kurs in Japan gilt als schwer und könnte wie gemacht sein für Schachmann.

Die Entscheidung für die Tour de France wäre deswegen möglicherweise auch eine gegen Olympia, denn das Straßenrennen findet nur sechs Tage nach der Schlussetappe der Tour statt. Maximilian Schachmann hat allerdings gelernt, dass im Sport viel passieren kann. Erst recht, wenn man sich dabei auf ungewohntes Terrain begibt.

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