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Feste feiern. Als einzige Profi-Mannschaft in Deutschland ist der 1. FC Union in dieser Saison noch ungeschlagen. Die Berliner spielten allerdings auch zehnmal unentschieden.

© Joachim Sielski/dpa

Vor dem Auswärtsspiel in Aue: Der 1. FC Union ist gut versichert

Auch dank Manager Oliver Ruhnert hat der 1. FC Union Berlin eine herausragende Hinrunde gespielt – und kann nach oben schauen.

Von David Joram

Oliver Ruhnert sieht ein bisschen wie ein Versicherungsvertreter aus, glattrasiert und glattgebügelt. Er spricht auch wie einer, in tiefgreifenden Schachtelsätzen und von „Maßnahmen und Zielsetzungen“. Fragen beantwortet Ruhnert, 46, am liebsten ausweichend oder im Konjunktiv. Gut möglich, dass dies eine Grundvoraussetzung für den Job ist, den Ruhnert gerade ausübt. Er arbeitet als „Geschäftsführer Profifußball“, wie es offiziell heißt, beim 1. FC Union – und muss in diesen Tagen den Geheimniskrämer spielen. Denn wenn die Winterpause ansteht, rücken traditionell vor allem zwei Fragen in den Blickpunkt: Wer verlässt den Klub? Und wer stößt neu dazu?

Ruhnert kann diese Fragen vor dem ersten Spieltag der Rückrunde an diesem Sonntag (13.30 Uhr, live bei Sky) in Aue gelassen angehen. Er hat im Sommer ein paar Grundlagen geschaffen, die dem Berliner Fußball-Zweitligisten eine sehr erfolgreiche Hinrunde beschert haben. Die Neuzugänge wie Torwart Rafal Gikiewicz, Innenverteidiger Florian Hübner oder der zentrale Mittelfeldspieler Manuel Schmiedebach haben voll eingeschlagen, die Halbzeitbilanz kann sich sehen lassen: Platz drei, 31 Punkte, ungeschlagen. Das sind die Eckdaten nach 17 Spieltagen, die das Thema Aufstieg in Köpenick zu einem großen gemacht haben – und Debatten ums Personal zu einem kleinen, bisher jedenfalls.

Die bei Union sehnlichst gewünschte „Stabilität“ und „Ruhe“ (Ruhnert) hat der von ihm verpflichtete Trainer Urs Fischer vorbildlich umgesetzt. Anders als Ruhnert spricht Fischer kein Versicherungsvertreterdeutsch, sondern Schweizerdeutsch, etwas langsamer kommt seine Sprache rüber, dafür weniger verschachtelt, geradliniger. Und so lässt der frühere Baseler Champions-League-Trainer auch spielen. Die von seinem Geschäftsführer eingeforderte Stabilität ist mit Fischer nicht nur neben, sondern vor allem auf den Platz zurückgekehrt. Ein Ausweis dessen ist die beste Defensive (zwölf Gegentore) der Liga. „Wir haben die Erwartungen eingehalten“, findet Ruhnert, vielmehr sogar „aufgrund des großen Umbruchs übertroffen“.

Im Prinzip könnte er deshalb schon über den Kader für die kommende Saison nachdenken und zwei Pläne anfertigen: einen für Liga eins und einen für Liga zwei. Aber die Planung des Geschäftsführers ist eine andere. Ob Union in der Saison 2019/20 im Ober- oder Unterhaus spiele, mache für die Kaderplanung keinen großen Unterschied, erklärt Ruhnert. „Völlig unabhängig“ agiere er davon, behauptet Ruhnert gar, „nur in der Dritten Liga dürfen wir nicht spielen“. Zielsetzung sei, wie schon des Öfteren von Union kommuniziert, zu den „Top 20, 25“ in Deutschland zu gehören. Und an Aufsteiger Fortuna Düsseldorf erkenne man schließlich, dass die Bundesliga auch mit einem Gros an Zweitliga-Spielern zu meistern sei. Aus all dem leitet Ruhnert diesen Satz ab: „Wir vertrauen unserem Kader – absolut.“

Nur ungern würde der Klub einen seiner Leistungsträger ziehen lassen

Ein paar Antworten müssen an der Alten Försterei dann aber doch noch gegeben werden. Zum Beispiel, ob Feldspieler, die in der Vorrunde gar nicht spielten, den Klub vorzeitig verlassen. „Es gibt natürlich auch Spieler, die sich Gedanken über ihre Zukunft machen“, sagt Ruhnert dazu. Mit denjenigen, die grübeln, befinde sich der Klub in einer Diskussion. Grübeln dürften vor allem Fabian Schönheim, Marc Torrejon, Christoph Schösswendter, Berkan Taz, Eroll Zejnullahu und Lennard Maloney, die bislang keine einzige Minute auf dem Feld standen und deren Verträge im Sommer auslaufen. „Ich glaube schon, dass der ein oder andere nicht ganz glücklich ist mit dieser Hinrunde, wie es gelaufen ist“, sagt Fischer.

Auch Simon Hedlund (elf Einsätze/Vertrag bis 2020) ist unzufrieden und tat öffentlich kund, dass er den Verein schon im Winter verlassen wolle. Oliver Ruhnert kennt die Lage, er sagt: „Wir sind im Profifußball. Wenn ein Spieler unzufrieden ist und gehen will, ist das immer der eine Fall.“ Dann müssten die Spieler aber auch einen Verein bringen, „und der Verein muss dann versuchen, eine Lösung zu finden. Und dann müssen wir uns damit beschäftigen.“ Soll heißen: Stimmen die wirtschaftlichen Voraussetzungen, ist Union nicht abgeneigt, den einen oder anderen Spieler schon in der Winterpause abzugeben. „Wir haben ja immer gesagt, am Ende über einen Kader von 25, 26 Spielern zu verfügen“, sagt Ruhnert. Derzeit stehen 28 Spieler in Köpenick unter Vertrag.

Nur ungern würde der Klub allerdings einen seiner Leistungsträger ziehen lassen. Kategorisch ausschließen will Ruhnert auch das nicht: „Die Gefahr besteht im Fußball immer, weil wir natürlich auch wirtschaftlich denken müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, würde ich allerdings jetzt als sehr, sehr, sehr gering einschätzen.“ Fischer sagt: „Ich glaube schon auch, dass der eine oder andere Spieler sich interessant gemacht hat mit dieser Hinrunde. Von daher geht’s im Fußball manchmal schnell.“

Versicherungstechnisch gesprochen bedeutet das: „Sollte es Dinge geben, die im Winter a) möglich sind und b) nötig sind – aufgrund dessen, dass sich irgendwelche Veränderungen ergeben – würden wir wahrscheinlich dann auch die Möglichkeit nutzen.“ Es scheint so, als sei Oliver Ruhnert für alle Eventualitäten bestens gewappnet.

So könnte Union spielen: Gikiewicz – Trimmel, Friedrich, Hübner, Reichel – Schmiedebach – Hartel, Zulj, Mees – Polter, Abdullahi.

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