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Hier war auch Ernst Podeswa lange tätig. Das Gebäude der Zeitung "Der Tagesspiegel" in der Potsdamer Straße in Berlin.

© Kai-Uwe Heinrich

Von Petershagen in die Welt: Zum Tod von Ernst Podeswa

Wir erinnern uns an unseren früheren Kollegen und langjährigen Mitarbeiter Ernst Podeswa, der mit 77 Jahren gestorben ist.

Groß, drahtig, das kurzgeschnittene dunkle Haar von Silberfäden durchzogen – so stand er damals freundlich lächelnd im Türrahmen: Ernst Podeswa, der neue Kollege, der die Tagesspiegel-Sportredaktion verstärken sollte. Damals, das war 1990, kurz nach der politischen Wende. Der Tagesspiegel hatte seinen Sitz noch in der Potsdamer Straße und stockte sein Personal kräftig auf. Viele Journalisten aus dem Ostteil der Stadt zog es in den Westteil, und Ernst Podeswa war einer der Ersten, der das Glück hatte, eingestellt zu werden. Bis dahin hatte er beim „Sport-Echo“ gearbeitet, das 1947 gegründet wurde und wegen seiner breit aufgestellten Sportberichterstattung in der ehemaligen DDR außerordentlich populär war.

Der allererste Arbeitstag in einem fremden Umfeld, umgeben von unbekannten Gesichtern, die ihn, den „Ossi“, neugierig musterten – Ernst Podeswa hatte keinerlei Scheu. Munter plauderte er drauflos, erzählte von seinem beruflichen Werdegang als Sportjournalist, gewürzt mit allerlei Anekdoten. Bevor er dann endlich in die Tasten der manuellen Schreibmaschine griff, um seinen ersten Text zu schreiben, erklärte er seinen neuen Kollegen noch mit verschmitztem Lächeln: „Übrigens, Podeswa ist polnisch und bedeutet auf Deutsch Schuhsohle.“ Und dann legte er los.

Ernst Podeswa.
Ernst Podeswa.

© privat

Ernst Podeswa, geboren am 28. Dezember 1941, war ein gestandener Sportjournalist, mit allen Wassern gewaschen und in allen Sätteln gerecht. Sein fundiertes Fachwissen und sein reicher Erfahrungsschatz, dazu sein freundliches Wesen, ließen ihn schnell zu einem wertvollen Mitarbeiter werden. Da er weit vor den Toren Berlins in Petershagen wohnte, bot es sich an, dass er die Berichterstattung von der Galopprennbahn in Hoppegarten übernahm. Die Anlage und die Rennbahn, 1868 eröffnet, befanden sich nach der Wende in einer schweren finanziellen Situation. Kam er von einer Pressekonferenz, so verdrehte er gern die aus dem Loriot-Zeichentrickfilm bekannte Phrase „Ja, wo laufen sie denn?“ in „Laufen sie denn überhaupt?“.

Für diese Zeitung berichtete Ernst Podeswa außerdem über viele Jahre vom Tennis, vom Volley- und vom Beachvolleyball (damals noch auf der aufgeschütteten Sandfläche am Alexanderplatz) sowie von der Leichtathletik. Seine besondere Leidenschaft galt dem Wintersport. Ob er zu einem Titelkampf der Kufenflitzer ins Sportforum Hohenschönhausen eilte oder zum Forum Nordicum fuhr, wo Spitzenfunktionäre des Welt-Skiverbandes Fis mit den Journalisten sprachen – Ernst Podeswa lieferte zuverlässig und gekonnt seine Texte ab.

Eine Zeitlang widmete er sich auch dem Thema Doping. Eine Ironie des Schicksals wollte es, dass er, der kürzere Artikel mit dem Kürzel „epo“ zeichnete, nun auch über Erythropoetin (Epo) schrieb.

Mit den Jahren und mit zunehmendem Alter kamen die ersten gesundheitlichen Beschwerden, und er beschloss, vorzeitig in Rente zu gehen. Mit 60 Jahren war für ihn Schluss beim Tagesspiegel. Noch viele Jahre nach seinem Ausscheiden haben ihn seine ehemaligen Kollegen bei den unterschiedlichsten Sportveranstaltungen getroffen. 2015 erlitt er einen bösen Fahrradunfall, von dem er sich nie wieder erholte. In der Nacht zum 21. Juni ist Ernst Podeswa gestorben. Er wurde 77 Jahre alt.

Seinen letzten Text für den Tagesspiegel hat Ernst Podeswa im Jahr 2010 geschrieben, er war noch lange bei uns als Freier Mitarbeiter aktiv.

Gitta Schlusche

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