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Vater und Berater. Mustafa Özil plädierte für den Rücktritt seines Sohnes.

© Imago

Von Gelsenkirchen in die Welt: Die besondere Karriere von Mesut Özil

Dass Mesut Özil es in seiner Fußball-Karriere so weit brachte, verdankt er auch seinem Vater. Der Werdegang eines Weltstars.

Mesut Özil galt als einer der Lieblingsschüler von Bundestrainer Joachim Löw – bis zum verkorksten WM-Sommer 2018. 92 Länderspiele hat Özil inklusive der Weltmeisterschaft in Russland bestritten. Jetzt hat er mit dem Nationalteam gebrochen. Zu dieser Entscheidung hat ihm sein Vater bereits kurz nach dem Vorrunden- Aus der Deutschen geraten. „An Mesuts Stelle würde ich zurücktreten“, sagte Mustafa Özil damals in der „Bild“-Zeitung. So wie er überhaupt maßgeblichen Anteil an der Karriere seines Sohnes hatte.

Bis in den Oktober 2013 hinein war Mustafa Özil einer der Macher hinter Mesut Özil. In jungen Jahren an der Seitenlinie, wenn der Filius sich auf den Ascheplätzen von Westfalia 04 Gelsenkirchen und Teutonia Schalke durch die gegnerischen Abwehrreihen tanzte. Später dann in den Chefetagen der Fußballwelt. Verhandlungen mit privaten Sponsoren, Verhandlungen mit Klubs wie Real Madrid. Aus Mustafa Özil, dem Mann, der als Kleinkind aus einem türkischen Dorf am Schwarzen Meer ins Ruhrgebiet kam, wurde eine Größe des Fußballgeschäfts. Die sich inszenierte und dabei irgendwann das rechte Maß zu verlieren schien.

Zu Geschäftsterminen seiner Özil Marketing GmbH lud er gern mal ins noble Düsseldorfer Breidenbacher Hof, wo das stille Wasser so viel kostet wie eine Familienkarte für das Freibad, und die Suite, die es dann zur Erholung schon sein musste, so viel wie eine Woche Pauschal- Urlaub in Antalya. Warum auch nicht? Die Geschäfte liefen bombig. „Allein ein guter Fußballer zu sein, das reicht nicht“, sagte Mustafa Özil vor etwas mehr als vier Jahren.

Özil gegen Özil

Er wusste, wovon er sprach. Zusammen mit Spielervermittlern wie Reza Fazeli und PR-Profis wie Roland Eitel, der unter anderem schon Joachim Löw und Jürgen Klinsmann beratend zur Seite stand, formten sie aus dem schüchternen Jungen Mesut einen Weltstar. Einen, dessen Name nicht nur in Wanne-Eickel sondern auch in Bangkok oder Rio de Janeiro einen Klang hat. Einen, der nicht nur auf dem Rasen, sondern auch in den sozialen Netzwerken inzwischen in seiner eigenen Liga spielt.

Dann kam es zum großen Knall. Özil gegen Özil. Papa Mustafa war immer häufiger an der Seite junger Frauen zu sehen, die „Mesut nicht kannte und nicht kennenlernen wollte“, wie die „Bild“ schrieb. Dann legte er sich auch noch mit Florentino Perez an, dem Präsidenten von Real Madrid. Zu wenig Wertschätzung erfahre sein Sohn bei den Königlichen aus Spaniens Hauptstadt, befand Mustafa Özil und ließ im wahrsten Sinn die Türen knallen. Dass Sohn Mesut sich bei Real wohlfühlte, kurz zuvor noch einen Treueschwur auf seinen Verbleib geleistet hatte? Spielte keine Rolle mehr. Madrid interessierte sich für den Waliser Gareth Bale und der aufmüpfige Özil-Clan wurde nach London abgeschoben, zum FC Arsenal. 50 Millionen Euro Ablöse, ein schönes Sümmchen, an dem auch Papa Mustafa ordentlich mitverdient haben dürfte. Es war sein letzter Streich.

Kurze Zeit nach dem Wechsel sägte Mesut Özil seinen eigenen Vater ab, ersetzte ihn durch seinen dreieinhalb Jahre älteren Bruder Mutlu. Seither hat mehr oder minder Funkstille zwischen Vater und Sohn geherrscht.

Nach dem umstrittenen Foto mit dem türkischen Präsidenten Erdogan sagte der Vater in weiser Voraussicht: „Ich habe gedacht: Oha, jetzt bricht alles zusammen. Es war ja nicht das erste Foto von Mesut mit Erdogan. Ich wusste, dass das kein politisches Statement von ihm war.“

Ilja Behnisch

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