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Polizisten stehen in Magdeburg alkoholisierten Fußballfans gegenüber - wie schon bei der Aufstiegsfeier 2018.

© dpa

Von der Dritten in die Zweite Bundesliga: Aufstiegsfeier des 1. FC Magdeburg erneut von Polizei beendet

Pyrotechnik, Steine und Flaschen der Fans gegen Wasserwerfer der Polizei. Wie vor vier Jahren endet die Freude über den Aufstieg des FCM ernüchternd.

Es ist der 21. April 2018 als Drittligist Magdeburg am 35. Spieltag der Dritten Liga im heimischen Stadion gegen Fortuna Köln antritt. Der 1. FC Magdeburg siegt und steigt zum ersten Mal in die 2. Bundesliga auf. Hunderte Fans finden sich daraufhin in der Innenstadt am Hasselbachplatz zusammen, um den Sieg zu feiern.

Am Abend kippt die Stimmung. Das Aggressionspotential steigt. Betrunkene entzünden ein großes Feuer mitten auf der Straße. Feuerwehrleute treffen ein und werden angegriffen. Und 150 Randalierer liefern sich einen erbitterten Kampf mit der Polizei.

Aus einer friedlichen Aufstiegsfeier wird eine Krawallnacht. Mit einem Schaden von mehreren zehntausend Euro und mehreren Verletzten. Und der 1. FC Magdeburg fällt nach nur einer Saison wieder zurück in die Dritte Liga.

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Erneuter Aufstieg des 1. FC Magdeburg

Vier Jahre später: Es ist der 24. April 2022 als Drittligist Magdeburg am 35. Spieltag der Dritten Liga gegen den FSV Zwickau antritt. Der 1. FCM siegt vor einer Rekordkulisse im ausverkauften heimischen Stadion und steigt zum zweiten Mal in die 2. Bundesliga auf.

26.300 Karten wurden laut Angaben des FCM im Heimbereich verkauft. Seit der Eröffnung der MDCC-Arena 2006 seien noch nie so viele Zuschauer bei einem Spiel dabei gewesen. Der Zuschauerschnitt betrage normalerweise nur knapp 15.000 Menschen pro Partie.

Magdeburg-Fans feiern auf dem Rasen und der Tribüne den 3:0-Sieg und den damit verbundenen Aufstieg ihrer Mannschaft in die Zweite Liga.
Magdeburg-Fans feiern auf dem Rasen und der Tribüne den 3:0-Sieg und den damit verbundenen Aufstieg ihrer Mannschaft in die Zweite Liga.

© dpa

Doch diese vielen Zuschauer wollen natürlich auch feiern. Und mit dem Sieg kommt die Angst, dass sich die Szenen von 2018 wiederholen könnten. Die Sicherheitsbehörden sind bereits im Vorfeld in Alarmbereitschaft, die Polizei rechnet mit möglichen Ausschreitungen.

Pyrotechnik vs. Wasserwerfer

Zahlreiche Fans treten nach dem Spiel tatsächlich den Marsch in die Innenstadt an und versammeln sich am Hasselbachplatz. Um 20:53 Uhr twittert die Magdeburger Polizei, dass es rund um den Platz zu Verkehrsbehinderungen komme. Verkehrsteilnehmer werden gebeten, den Bereich weiträumig zu umfahren.

Mit einem Wasserwerfereinsatz ging die Polizei in Magdeburg gegen alkoholisierte Fußballfans vor, die mit viel Pyrotechnik den Zweitliga-Aufstieg des 1. FC feierten.
Mit einem Wasserwerfereinsatz ging die Polizei in Magdeburg gegen alkoholisierte Fußballfans vor, die mit viel Pyrotechnik den Zweitliga-Aufstieg des 1. FC feierten.

© dpa

„Letztes Mal gab es ja kriegsähnliche Zustände und Übergriffe, z.B. Ecke Liebigstraße. Dazu jahrelange Ermittlungen wegen dieser Übergriffe“, schreibt daraufhin ein Twitter-User. „Mal wieder…warum kann man nicht friedlich feiern. Ich verstehe es nicht!!!!!“, kommentiert eine andere.

Als am späten Abend Pyrotechnik gezündet wird, beginnt die Polizei unter dem Einsatz eines Wasserwerfers den Platz zu räumen. Die Menge wird über die Otto-von-Guericke-Straße sowie den Breiten Weg in Richtung Nord weggedrängt.

Hasselbachplatz in Magdeburg

„Etwa 500 teils stark alkoholisierte Fußballfans versammelten sich auf dem Hasselbachplatz. Im weiteren Verlauf der zunächst störungsfreien Feierstimmung kam es vermehrt zu Sachbeschädigungen, Nötigungshandlungen gegen unbeteiligte Verkehrsteilnehmer sowie einer Vielzahl von Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz“, teilt die Polizei später per Pressemitteilung mit.

Mehrmaligen Aufforderungen der Platzverweisung seien Personengruppen nicht nachgekommen, weshalb es zum Einsatz von Wasserwerfern gekommen sei. Bereits zwei Tage vor dem Heimspiel mahnte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper die Fans des Vereins an, den Aufstieg gewaltfrei zu feiern.

Ein Wasserwerfereinsatz der Polizei drängte die Fußballfans in Magdeburg Richtung Nord ab.
Ein Wasserwerfereinsatz der Polizei drängte die Fußballfans in Magdeburg Richtung Nord ab.

© dpa

Szenen und Straftaten, wie sie sich im April 2018 am Hasselbachplatz abspielten, dürften nicht wiederholt werden. „Dies schadet dem Ansehen der gesamten Stadt und damit aller hier lebenden Magdeburger:innen“, so Trümper. Der Hasselbachplatz in Magdeburg gilt bereits seit längerem als Brennpunkt der Stadt.

Noch vor einigen Jahren war die Gegend rund um den Platz ein beliebtes Kneipenviertel. Immer mehr Bars haben nach und nach dicht gemacht. Spätis, Imbisse und Barbershops prägen jetzt das Bild. Und das Image vom „Hassel“, wie der Platz von Magdeburgern genannt wird, verschlechtert sich zunehmend. Nachrichten über Messerstechereien, Überfälle auf Bars und Handgreiflichkeiten machten in den vergangenen Jahren die Runde.

Bilanz nach der Aufstiegsfeier

Einige Fußballfans meldeten sich mittlerweile zu Wort, dass der Einsatz der Polizei am Sonntagabend unangebracht gewesen sei. „Polizei war heute echt fehl am Platz“, twitterte ein FCM-Fan. Es sei alles gut gewesen, „bis die Staatsdiener meinten, auf Menschen einzuprügeln! Schämt euch einfach!“.

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Wie die Polizei dagegen mitteilte, sei es vereinzelt zu Angriffen auf Polizeikräfte durch Flaschen-​ und Steinwürfe, Zünden von Pyrotechnik und körperliche Gewalt gekommen. In diesem Zusammenhang seien 27 Menschen identifiziert worden – zwar nicht vergleichbar mit den Zuständen von 2018, aber trotzdem mit einem bitteren Beigeschmack für eine Aufstiegsfeier.

Auch im Bereich der Großen Diesdorfer Straße und Arndtstraße habe eine Gruppe von etwa 90 Personen mehrfach den Fahrzeugverkehr blockiert sowie zahlreich Pyrotechnik gezündet. Auch dieser Bereich wurde polizeilich geräumt. Bereits am späten Sonntagabend seien diverse Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Sachbeschädigung sowie des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet worden. Die Ermittlungen dauern an. Mindestens eine Polizeibeamtin wurde verletzt.

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