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Au Backe. Trainer Florian Kohfeldt sah zuletzt ein 0:0 gegen Hertha.

© Christian Schroedter/Imago

Vom Gehypten zum fast Geschassten: Warum Florian Kohfeldt Trainer in Wolfsburg bleiben sollte

Florian Kohfeldt kann trotz der Misere immer noch zeigen, dass er in die Bundesliga gehört. Eine Analyse der Situation von Wolfsburg.

Florian Kohfeldt sieht es offensichtlich als seine Hauptaufgabe aktuell beim VfL Wolfsburg in Optimismus zu machen. Gute Miene zum bösen Spiel, das kennt er bereits aus seiner Zeit bei Werder.

Acht Spiele ohne Sieg sind es nun und Tabellenplatz 14 – das ist ein miserabler Lauf für Wolfsburg und den Trainer. Und trotzdem sollten die Niedersachsen an Kohfeldt festhalten. Im Moment jedenfalls wäre es falsch, ihn ziehen zu lassen.

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2017 begann Kohfeldts Karriere als Cheftrainer, nachdem Alexander Nouri im Oktober bei Werder Bremen entlassen wurde. Es folgte ein beeindruckendes erstes Jahr, das in der Auszeichnung zum „Trainer des Jahres“ 2018 gipfelte. Werder verpasste unter ihm knapp die internationalen Plätze, nur um eine Saison später in der Relegation gegen Heidenheim lediglich dank der Auswärtstorregel und zwei Unentschieden die Klasse zu halten.

Doch eigentlich passte Kohfeldt perfekt zu Werder, ein junger, dynamischer, progressiver Typ, aus den eigenen Reihen, die perfekte Identifikationsfigur. Was nicht zusammen passte, war einzig und allein der Kader in Bremen und Kohfeldts Spielidee vom offensiven Ballbesitzfußball. Den wollte er aber unbedingt durchziehen, sodass er letztendlich an seiner eigenen Sturheit scheiterte.

Nach seiner Entlassung bei Werder gönnte sich Kohfeldt ein halbes Jahr Auszeit, dann wurde er etwas überraschend in Wolfsburg als Nachfolger von Mark van Bommel vorgestellt. Überraschend von beiden Seiten aus. Auf den ersten Blick passt Kohfeldt nämlich so gar nicht nach Wolfsburg. Vom eher familiären Umfeld in Bremen mit Wohlfühlgarantie in die eher kalt und distanziert wirkende Autostadt Wolfsburg.

Was hier allerdings mehr passt, ist die Möglichkeit, attraktiven Angriffsfußball zu spielen, was noch immer die Vision von Florian Kohfeldt ist. Mit Spielern wie Weghorst, Lukébakio, Waldschmidt und Nmecha ist die Qualität auf jeden Fall da.

Natürlich kann man Kohfeldt nicht allein für die Misere verantwortlich machen

Kohfeldt startete auch erstmal gut und holte drei Siege aus drei Spielen. Der anfängliche positive Impuls, wie man so schön sagt, war also da. Wirklich nachhaltig war er allerdings nicht, wie das so oft der Fall ist. Nach einem schwachen Unentschieden gegen Arminia Bielefeld folgten acht Niederlagen.

Das 0:0 zuhause gegen Hertha am Wochenende war das neunte Pflichtspiel unter Kohfeldt. Wieder keine drei Punkte. Dieses Mal war Wolfsburg aber deutlich näher dran im Gegensatz zu den Spielen davor. Trotzdem ist das insgesamt natürlich immer noch eindeutig zu wenig für einen Verein wie Wolfsburg, der in dieser Saison auch Champions-League-Teilnehmer war und ganz andere Ambitionen hat als den Kampf um den Klassenerhalt.

Natürlich kann man Kohfeldt nicht allein für die Misere verantwortlich machen, fingen die Probleme doch schon unter Mark van Bommel an und sind so tiefgreifend, dass sie nicht so schnell zu lösen sind. Glück für Kohfeldt, dass das auch die Vereinsbosse um Jörg Schmadtke so sehen.

Fraglich ist auch, ob sich die Wolfsburger einen Gefallen tun, wenn sie schon wieder den Trainer wechseln. In der Vergangenheit hat sich nämlich schon öfter gezeigt, dass ein Trainerwechsel vielleicht kurzfristig einen positiven Effekt hat, langfristig aber nicht wirklich nachhaltig ist. Trotzdem ist klar, dass Kohfeldt nun liefern muss, sonst ändert die Vereinsführung auch mal ganz schnell ihre Meinung. Und in Wolfsburg kann er nicht auf das langjährige gegenseitige Vertrauen bauen und 15 Jahre im Verein.

Jetzt liegt es an ihm, seinen nicht wenigen Kritikern zu beweisen, dass er nach Wolfsburg gehört, vor allem aber auch in die Bundesliga und zu bestätigen, für was er zu seinen Anfangszeiten gehalten wurde, ein junges, aufstrebendes Trainertalent.

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