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Wenig Grund zur Freude. Dortmunds Trainer Marco Rose haderte in Berlin mit dem Auftritt seiner Mannschaft.

© dpa

Viel Talent, wenig Widerstandskraft: Der BVB bestätigt die Vorurteile gegen den BVB

War‘s das schon mit Spannung im Titelkampf? Durch das 2:3 bei Hertha BSC liegt Borussia Dortmund jetzt schon wieder neun Punkte hinter dem FC Bayern München.

Keine Reaktion ist auch eine Reaktion. Marco Reus, Julian Brandt und Axel Witsel saßen dick verpackt auf der Ersatzbank, als der Schlusspfiff ertönte. Ihr Blick war leer, ihre Gestik sparsam. Erling Haaland verließ den zerschundenen Rasen im Berliner Olympiastadion ebenso wortlos wie zügig, als müsste er in der Kabine noch vor halb neun den Vorvertrag mit Real Madrid unterschreiben.

Und so landete am Ende Marwin Hitz vor den Fernsehkameras, der bei Borussia Dortmund normalerweise das beschauliche Leben eines Ersatztorhüters führt. „Es war viel zu wenig“, sagte der Schweizer, der bei der 2:3-Niederlage des BVB gegen Hertha BSC seinen erkrankten Landsmann Gregor Kobel im Tor vertreten hatte.

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Die Dortmunder hatten es nach dem Spiel eilig, weil sie ihr Flugzeug noch erreichen mussten. Und doch blieb genügend Zeit für ein paar grundsätzliche Anmerkungen zur finalen Niederlage des Jahres 2021, die ihre Wirkung auf den BVB nicht verfehlte. „Das nimmt man jetzt erst einmal mit“, sagte Trainer Marco Rose. „Vor allem bei unseren Ansprüchen, bei den Zielen, die wir haben, ist das unbefriedigend.“

Als Rose mit seiner Mannschaft zwei Tage vor Nikolaus den FC Bayern München zum Spitzenspiel in der Fußball-Bundesliga empfing, hegten die Dortmunder noch die Hoffnung auf einen Sack voller Geschenke. Einen Punkt lag die Mannschaft hinter dem Tabellenführer; vier Spiele später sind aus einem Punkt neun geworden – der Titelkampf ist seit Samstagabend de facto entschieden. „Wir haben uns vor der Saison vorgenommen, die Bayern zu ärgern“, sagte Rose. „In der Verfassung, in der wir momentan sind und in der die Bayern sind, wird es schwierig.“

Nur vier Punkte aus den letzten vier Spielen

Das größere Problem ist derzeit wohl die Verfassung der Dortmunder, die aus den jüngsten vier Spielen (unter anderem gegen die Aufsteiger Bochum und Fürth) ganze vier Punkte holten. In Berlin bestätigten sie mal wieder das Vorurteil, das landauf, landab seit geraumer Zeit über die Mannschaft kursiert. Dass sie eine Ansammlung spannender Talente und begnadeter Fußballer ist, denen aber in den entscheidenden Momenten die nötige Widerstandsfähigkeit fehlt. Oder, wie es ihr Kapitän Marco Reus einmal ausgedrückt hat, die „Mentalitätsscheiße“. Widerlegen ließ sich dieses Vorurteil mit dem Auftritt bei Hertha BSC nicht.

Immerhin polterte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, am Morgen nach dem Spiel bei „Bild“-TV. „Ich ärgere mich schwarz, dass wir dieses Drecksspiel verlieren“, sagte er und schimpfte auch über den Rasen im Olympiastadion. „Der Platz war unwürdig für einen Bundesligisten. Es war eine Lehmwiese da, und dann spielst du noch so.“ Die Mannschaft hingegen fügte sich eher wohltemperiert und gottergeben in ihr Schicksal.

Der BVB kommt mit Schwierigkeiten nicht zurecht

„Wir reagieren einfach schlecht auf schwierige Situationen“, klagte Trainer Rose. Allzu lässig ließ sich seine Mannschaft den Sieg von Hertha aus der Hand winden. Nach der 1:0-Führung durch Brandt vor der Pause schienen die Dortmunder irgendwie zu glauben: Das wird schon. Bis die Berliner plötzlich 3:1 führten und das Spiel für den BVB eigentlich schon verloren war. Erst der Anschlusstreffer des eingewechselten Steffen Tigges fünf Minuten vor dem Ende löste bei den Dortmundern noch einmal einen finalen Energieschub aus.

„Wir spielen bedingungslos, wir spielen offensiv, wir setzen den Gegner unter Druck, wir attackieren den Gegner“, sagte Rose über die Schlussphase. „Diese Bedingungslosigkeit erwarte ich mir einfach über 80, 85, 90 Minuten, solange wie die Beine tragen. Das bekommen wir nicht hin. Das ist augenscheinlich.“

Zur ganzen Wahrheit gehört, dass Borussia Dortmund mit einigen Verletzungsproblemen zurechtkommen musste (Hertha allerdings auch) und dass der Vorsprung auf die Europa-League-Plätze fast so groß ist wie der Rückstand auf die Bayern (sieben Punkte). Trainer Rose wollte dies nicht unerwähnt lassen. „Das macht die Niederlage heute nicht besser. Das macht insgesamt auch nicht zufrieden, weil wir schon auch für uns das Gefühl haben, dass wir zu viel haben liegen lassen“, sagte er. „Aber noch mal: Nicht vergessen: Wir sind Tabellenzwoter, bei allem, was jetzt die nächsten Tage so kommt.“

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