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Wer bekommt den Zuschlag? Stockholm und Mailand sind noch als Olympia-Bewerber für 2026 im Rennen.

© Michael Kappeler/dpa

Vergabe der Olympischen Winterspiele 2026: Was für Stockholm und was für Mailand spricht

Am Montag entscheidet das Internationale Olympische Komitee (IOC) über die Vergabe der Winterspiele 2026. Wir haben die beiden Bewerber verglichen.

Um 18 Uhr wird das Internationale Olympische Komitee am Montag bekanntgeben, wer den Zuschlag für Olympischen Winterspiele 2026 erhält. Stockholm oder Mailand? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu beiden Bewerbern.

STOCKHOLM

Ist Schweden eine Wintersportnation?
Schweden verwandelt sich für sechs Monate im Jahr in ein Wintermärchen. Doch verglichen mit seinem Nachbarland Norwegen ist die Begeisterung für den Wintersport nur im Norden Schwedens stark verbreitet. Mit der Alpinen Ski-WM in Åre und der Biathlon-WM in Östersund konnten die Schweden in diesem Winter gleich zweimal Erfahrungen mit Großsportveranstaltungen sammeln. Bei vergangenen Olympischen Spielen konnten die Schweden hauptsächlich im Biathlon, Ski Langlauf und Curling große Erfolge einfahren.

Namen wie Charlotte Kalla (mehrfache Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Langlaufsport) und Hanna Öberg (Einzel-Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Biathlon) sind in Schweden jedem ein Begriff. Und nicht zu vergessen ist Eishockey. Als zehnmaliger Weltmeister und zweimaliger Olympiasieger zählt Schweden auch hier zu den besten Nationen. Im Bob- und Rodelsport sieht es dagegen düster aus. Keine einzige Bahn ist auf der schwedischen Landkarte zu finden. Dennoch brauchen sich die Schweden im Duell der erfolgreichen Wintersportnationen nicht zu verstecken.

Was muss gebaut werden für Olympia?
Das Ziel Schwedens ist es, so wenig wie möglich zu bauen. Über 90 Prozent der für die Ausrichtung der Winterspiele benötigten Arenen sind bereits vorhanden. Neu errichtet werden müssten eine Eishalle und ein Skigebiet in Stockholm. Zwar gibt es in der Region um Stockholm unzählige Eishallen, doch der Veranstaltungsort soll für Eiskunstlauf, Curling und Eisschnelllauf genutzt werden. Der Bau der Halle soll bereits viele Jahre vor den Spielen fertig gestellt werden. In Falun, dass knappe 200 Kilometer von der Hauptstadt Stockholms entfernt ist, sollen die Wettbewerbe im Skispringen und der Nordischen Kombination stattfinden.

Auch hier existieren schon die notwendigen Anlagen. Warum nicht auch noch die Langlauf- und Biathlonrennen in Falun ausgetragen werden? Begründet wird dies mit der Möglichkeit, die Erfolgssportarten Biathlon und Skilanglauf im Süden für die kommende Generation zu etablieren. Des Weiteren soll sich die Strahlkraft dieser Wintersportarten im neu gebauten Stadion in Stockholm auf die Besucher auswirken. Freestyle und Snowboard werden in Åre angesiedelt. Als ältester und noch genutzter Olympiastandort, soll das Olympiastadion in Stockholm Big Air und Aerials die große Bühne geben.

Da die möglichen Gastgeber keine Einrichtung für Skeleton, Bob und Rennrodeln in Schweden aufweisen können und der Bau einer neuen Anlage eine Menge Geld kosten würde, wurde eine Kooperation mit der lettischen Stadt Sigulda vereinbart. Während der Spiele soll dort gefahren werden. Das Manko der Austragungsstätten sind die weiten Entfernungen zwischen einander. Für den Zuschauer am Bildschirm spielen die Distanzen keine Rolle. Für die Besucher der Olympischen Winterspiele könnten sie zum Problem werden.

Was kostet es?
Das Budget der Winterspiele in Schweden soll 1,2 Milliarden Euro (13 Milliarden Kronen) betragen. Die größte Einnahmequelle stellt das Internationale Olympischen Komitee (IOC) mit rund 808 Millionen Euro. Es sollen keine öffentlichen Mittel verwendet werden, somit würde der Steuerzahler in Schweden nicht belastet.

Wie nachhaltig sind die Spiele?
Im Vordergrund der Bewerbung Schwedens um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2026 steht ganz klar das Konzept der Nachhaltigkeit. Alle Sportstätten sollen auch nach den Spielen weiter genutzt werden. Deshalb fiel auch die Entscheidung Schwedens, Sigulda als Austragungsort mit ins Boot zunehmen. Denn das Risiko, dass die Bobbahnen später womöglich kaum noch genutzt werden, stellte sich als zu hoch heraus. Zu dem kann Lettland als Bobnation von der Beteiligung an der Austragung der Winterspiele profitieren. Alleine könnten die Letten die Spiele nicht austragen.

Was spricht sonst noch für Schweden?
Das schwedische Volk ist sehr offen und unkonventionell. Gerade bei einer Sportveranstaltung wie den Olympischen Spielen, vereinen sich Menschen aus verschiedensten Regionen, Ländern und Kulturen. Und wenn es um Feste feiern geht, da liegen die Schweden dann auch ganz weit vorne.

In Åre soll es runtergehen. Die alpinen Pisten haben sie in Schweden, die Sieger würden bei Olympia aber wohl anderswo herkommen.
In Åre soll es runtergehen. Die alpinen Pisten haben sie in Schweden, die Sieger würden bei Olympia aber wohl anderswo herkommen.

© Johann Groder/dpa

MAILAND

Ist Italien eine Wintersportnation?
Italien ist eine kleine große Wintersportnation, im Norden. Skifahren in Italien, das ist ein Paradies für Hobbysportler. Anspruchsvolle Pisten, schöne Orte und Essen, das selbst in einem Lokal an der Seilbahnstation noch weltklasseverdächtig gut schmecken kann. Etliche der besten Skigebiete der Alpen liegen in Norditalien, die Region ist eine feste Größe im Wintersport ist. Aus Südtirol kommen zuverlässig die meisten italienischen Olympiateilnehmer. Aber auch im Trentin, der Lombardei und Venetien ist Wintersport große. In Turin, der größten Stadt der Provinz Piemont, fanden erst 2006 gut organisierte Winterspiele statt.

Aus der Lombardei kamen 2018 alle drei italienischen Goldmedaillengewinnerinnen bei den Winterspielen in Pyeongchang. Norditalien hat alles. Sprungschanzen, Biathlonloipen, Abfahrten und Eishallen. Italiener gehen in allen Disziplinen an den Start, vom Alpinen Skisport bis zum Eishockey ist im Norden alles populär. Interessant ist, dass auch Menschen aus den Provinzen Italiens, in denen sie Schnee nur aus dem Fernsehen kennen, die Austragung der Spiele befürworten. 83 Prozent der Italiener sind laut der jüngsten Umfrage pro Olympia. Da gab es in Deutschland und Österreich beim krachenden Scheitern von München/Garmisch oder zuletzt Tirol ganz andere Zahlen. Die Menschen dort wollten Olympia nicht.

Was muss gebaut werden für Olympia?
Zu 93 Prozent sollen in Mailand und Cortina bestehende Anlagen genutzt werden – diese Zahl erscheint zumindest diskussionswürdig. Für die Rodler- und Bobfahrer etwa müssten die Bagger anrollen. Drei Bahnen wurden seit 1991 geschlossen, darunter auch die berühmte Bahn von Cortina d’Ampezzo, Kulisse im James-Bond-Film „In tödlicher Mission“ (1981) und Olympiabahn im Jahr 1956. Die Bahn der Spiele von 2006 in Cesana stellte im Jahr 2012 ihren Betrieb ein. In der Nation des einstigen Weltklasserodlers Armin Zöggeler gibt es aktuell nur die Anlage in Meransen, sie wird nur national genutzt.

Die alpinen Skiwettbewerbe sollen in Cortina und Bormio ausgetragen werden, an zwei Orten. Dadurch dürften zusätzliche Kosten anfallen. Mailand selbst ist vergleichsweise gut aufgestellt. Es gibt das Mediolanum Forum in Assago am Rande der Stadt. In der Halle für 12 700 Zuschauer fanden schon diverse Großveranstaltungen (Eishockey-WM 1994 und 2018 die Eiskunstlauf-WM) statt. In Cortina gibt es noch eine Eishalle, in das einst stolze Stadio Olimpico (12 000 Zuschauer fanden dort Platz als es noch kein Dach gab) passen nur noch 2000 Menschen, was nicht olympiatauglich ist. Im Eisschnelllauf muss gebaut werden. Aktuell gibt es in Italien nur eine Eisschnelllaufbahn und die steht in Turin.

Was kostet es?
Die Italiener kalkulieren mit einem Budget von 1,6 Milliarden Dollar. Sotschi 2014 kostete 22 Milliarden, Pyeongchang acht Milliarden Dollar.

Wie nachhaltig sind die Spiele?
Wirtschaftlich würde Olympia dem Land einen Schwung geben. Es gibt Kalkulationen, nach denen das Bruttoinlandsprodukt bis 2028 durch die Winterspiele um 2,3 Milliarden Euro ansteigen könnte. Auch ist natürlich die Hoffnung da, dass Olympia die Wintersportregionen belebt. Italien hat im Winter im Tourismus noch Kapazitäten. Der Ruf hat hier und da gelitten, wie etwa in der vom Pech verfolgten schönen Gemeinde Cavalese im Trient. Dort ereigneten sich drei Tragödien – Seilbahnabstürze (1976 und 1978) und 2013 ein Unglück mit einem Schneemobil.

Italien hat natürlich den Vorteil, dass Pisten und Sprunganlagen da sind. Kahlschläge in den Bergen – wie in Sotschi 2014 – wird es nicht geben. Auch würde der Skitourismus während der Spiele, wie zuletzt in Pyeongchang, kaum lahmgelegt. Dazu gibt es zu viele Wintersportstandorte im Land. Generell macht Winterolympia für einige Disziplinen kaum Sinn: Olympiaschanzen verwaisen schnell, wenn der Weltcup dort nicht Station macht. 33 Eisschnelllaufhallen gibt es weltweit, eine Halle in Mailand würde kaum in den Weltcup-Zyklus kommen. Die Hallen nach den Spiel umzubauen und dem Sport zu nehmen (so wie das in Südkorea der Fall war), das wollen die Italiener als Wintersportnation natürlich nicht.

Was spricht sonst noch für Italien?
Das Essen. Und die lockere Mentalität der Menschen. Da können die Schweden nicht mithalten.

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