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Soooo groß ist der Unterschied zwischen Arminia Bielefeld, dem aktuellen Klub von Uwe Neuhaus, und seinem früheren Arbeitgeber 1. FC Union.

© imago images/Contrast

Uwe Neuhaus gastiert beim 1. FC Union: Die Rückkehr des Rekordtrainers

Sieben Jahre lang war Uwe Neuhaus Trainer des 1. FC Union. Jetzt trifft er mit Arminia Bielefeld erstmals in der Bundesliga auf seinen früheren Klub.

Bisher war eine Rückkehr ins Stadion an der Alten Försterei für Uwe Neuhaus immer ein Grund zur Freude. Dreimal ist der Rekordtrainer des 1. FC Union seit seinem emotionalen Abgang vor sechs Jahren zurückgekommen. Dreimal wurde er von den Rängen mit Liebe empfangen, und dreimal ging er mit einem guten Ergebnis wieder. Ob mit Dynamo Dresden oder Arminia Bielefeld: Als gegnerischer Trainer hat Neuhaus in Köpenick nie verloren.

Bei Union ist man also gewarnt, bevor der einstige Vereinsheld am Sonnabend (15.30 Uhr, Sky) mit Bielefeld in der Alten Försterei gastiert. „Vielleicht ist er ein bisschen mehr motiviert als sonst“, sagte Unions Mittelfeldspieler Robert Andrich, der 2016 als junger Reservist in Dresden mit Neuhaus in die Zweite Liga aufstieg, am Mittwoch vor dem Spiel.

Wegen der aktuellen Umstände wird die vierte Rückkehr aber auch deutlich anders sein als die bisherigen. Die üblichen „Uwe“-Rufe werden dieses Mal wegfallen, und als wiederkehrende Fußballgötter werden Neuhaus und Arminia-Mittelfeldspieler Marcel Hartel am Sonnabend nur auf ihre alten Kollegen treffen, nicht auf ihre einstigen Anbeter.

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Das ist gerade zu diesem Anlass besonders schmerzlich. Zum ersten Mal überhaupt treffen sich Neuhaus und Union jetzt in der Ersten Liga. Obwohl Arminias Trainer – anders als Hartel – nicht direkt an Unions Aufstieg 2019 beteiligt war, ist es irgendwie auch sein Verdienst, dass der Verein nun in der Bundesliga spielt. Kein Trainer war bei Union länger im Amt als Neuhaus. Und in seinen sieben Jahren hat er den Verein wie wohl kein anderer Trainer geprägt. „Er hat aus einem Regionalligisten, der mühsam die Klasse gehalten hatte, einen etablierten Zweitligisten gemacht“, sagte Stadionsprecher Christian Arbeit damals unter tobenden Beifall, als er Neuhaus im Mai 2014 verabschiedete.

Mittlerweile ist Union unter Urs Fischer den nächsten Schritt gegangen und ist nun auf einem guten Weg, ein etablierter Bundesligist zu werden. Fischers Mannschaft ist seit fünf Spielen unbesiegt, und könnte mit einem Sieg gegen Bielefeld theoretisch sogar einen Champions-League-Platz erobern.

Auch, wenn Fischer davon nichts hören will, geht Union also jetzt wohl zum ersten Mal als klarer Favorit in ein Bundesliga-Spiel. In einem Interview mit dem „Westfalen-Blatt“ in dieser Woche stellte Neuhaus mit Blick auf Unions Sommer-Neuzugänge fest, „dass schon noch ein Abstand herrscht zwischen beiden Klubs“.

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Bielefeld kämpft schließlich noch um sein Recht, als ernsthafter Erstliga-Konkurrent wahrgenommen zu werden. Nach einem guten Start in die Saison verlor die Arminia im Oktober jedes ihrer vier Spiele, und steht jetzt nur zwei Punkte vor dem Relegationsplatz. Bei manchen Kritikern wächst nun der Zweifel, ob der Zweitliga-Meister aus der vergangenen Saison überhaupt das Zeug hat, in der Bundesliga zu bestehen.

Neuhaus wurde zuletzt öfter mit Lob getadelt, indem er als „Aufstiegsspezialist“ beschrieben wurde. Doch diese Reduzierung ignoriert unfairerweise all das, was Neuhaus in seinen letzten fünf Jahren in Köpenick geschafft hat. Wie Arbeit damals betonte, hat er den Aufsteiger Union zum wohl stabilsten Verein der Zweiten Liga gemacht.

Auch Urs Fischer glaubt, dass die neuesten Ergebnisse des Gegners etwas täuschen könnten. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel verglich er die Situation mit der von Union vor einem Jahr. Wie jetzt Bielefeld haben auch die Köpenicker vier Wochen lang keinen Punkt geholt, bevor sie sich im Laufe des Herbsts wieder stabilisierten. „Es braucht eben nicht viel, es sind die Kleinigkeiten die den Unterschied machen“, sagt der Schweizer.

Dabei gibt es auch Unterschiede zwischen den beiden Klubs. Während sich Union damals mit pragmatischem Fußball etablierte und erst später spielerische Qualitäten durchblicken ließ, setzt Bielefeld unter Neuhaus schon von Anfang an darauf, fußballerisch zu überzeugen. „Sie spielen schon vom Torwart aus brutal mit Ballbesitz, von daher kann man sie kaum mit uns vergleichen“, sagte Andrich am Mittwoch.

Für Union bereitet das womöglich ein Dilemma. Versucht man als Favorit das Spiel zu bestimmen oder stellt man wie zuletzt gegen Hoffenheim gegen eine spielerisch starke Mannschaft defensiver um? In der Abwehr kann Fischer zumindest wieder auf das volle Kontingent zählen: Die zuletzt angeschlagenen Christopher Trimmel und Nico Schlotterbeck konnten diese Woche wieder mit der Mannschaft trainieren. Ein taktisch interessantes Spiel könnte es am Samstag also durchaus werden, und für den neuen Bundesliga-Trainer Neuhaus vielleicht auch ein wegweisendes. Nur die Emotionen werden dieses Mal fehlen, wenn der Rekordtrainer wieder nach Hause kommt.

So könnte Union spielen:

Luthe – Trimmel, Friedrich, Knoche, Lenz – Gentner, Andrich – Becker, Bülter – Pohjanpalo, Kruse.

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