zum Hauptinhalt
Stammplatz auf der Bank. Sebastian Polter kommt in dieser Saison selten zum Einsatz.

© Andreas Gora/dpa

Unzufriedener Publikumsliebling: Sebastian Polter bricht mit dem 1. FC Union

Der Stürmer beklagt sich in einem Interview massiv über mangelndes Vertrauen und wenig Spielzeit. Im Sommer wird Sebastian Polter Union verlassen.

Die Geduld von Sebastian Polter hat nicht lange gehalten. Anfang Januar sprach der Stürmer im Trainingslager über seine unbefriedigende sportliche Situation beim 1. FC Union, schob eine Entscheidung über seine Zukunft allerdings trotz eines im Sommer auslaufenden Vertrages in weite Ferne. Es gehe ihm nur um Union, um den Klassenerhalt, um mehr Spielzeit. Um den Rest kümmere sich sein Berater, „aber natürlich werde ich mich damit im Laufe der Rückrunde beschäftigen müssen“, sagte er im spanischen Campoamor. Schon damals brodelte es in Polter, das war zu spüren.

Nun läuft die zweite Saisonhälfte seit einem Monat und nach nur zwölf von 540 möglichen Spielminuten hat sich Polter mit seinen Zukunftsaussichten nicht nur beschäftigt, sondern gleich Nägel mit Köpfen gemacht. „Im Sommer ist Schluss mit Union“, sagt er der „Morgenpost“ in einem Interview, bei dem all sein Frust nicht nur zwischen den Zeilen zu lesen ist, sondern ganz offen geäußert wird.

Fünfeinhalb Jahre nach seiner ersten Ankunft bei Union hat das Verhältnis zwischen Polter und Klub den absoluten Tiefpunkt erreicht. Der Stürmer fühlt sich missverstanden, nicht wertgeschätzt und die einzigen, die er bei seiner Kritik ausdrücklich ausnimmt, sind die Fans.

„Von den ersten Tagen an habe ich versucht, eine Identifikationsfigur zu sein, weil ich die Union-Tugenden verkörpere, mich für den Verein zerreiße“, sagt Polter in dem Interview. „Die Fans sind momentan die einzige Abteilung im Verein, die das zu schätzen wissen.“

Der Höhepunkt: Im vergangenen Mai stieg Polter mit Union in die Bundesliga auf.
Der Höhepunkt: Im vergangenen Mai stieg Polter mit Union in die Bundesliga auf.

© Britta Pedersen/dpa

Trainer Urs Fischer und die Vereinsführung geht er hingegen hart an. Eine „faire Chance“ habe er nicht bekommen, und schon im Januar hatte er ausgeschlossen, dass er sich mit seiner Jokerrolle abfindet. „Wenn ich 34 Jahre alt wäre, würde ich sicherlich auch überlegen, ob es Sinn macht, ein Backup zu sein“, sagte Polter damals. „Aber ich bin 28, im besten Fußballeralter.“

Zudem störte ihn, dass ihm Manager Oliver Ruhnert im Trainingslager nur ein Gespräch über seine Zukunft in Aussicht gestellt und nicht gleich ein Vertragsangebot unterbreitet habe. „Nach allem, was ich für den Verein getan habe, fehlt mir die Anerkennung. Dieses Gesprächsangebot ist nur ein Alibi, nachdem man mir im Sommer schon nahegelegt hatte, den Verein zu wechseln“, sagt er nun. Union wollte Polters Aussagen auf Anfrage nicht kommentieren.

Polter wurde von Unions Entwicklung überholt

Dass sich die Wege von Polter und Union im Sommer trennen werden, hat sich schon länger angedeutet. Nach seiner ersten Phase bei Union als Leihspieler in der Saison 2014/15 wurde Polter bei seiner Rückkehr aus England im Januar 2017 als Heilsbringer empfangen. Der Stürmer verkörperte wie kein anderer die Hoffnung auf den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga und verzichtete sogar auf Geld – „ungefähr eine Million Euro“, wie er jetzt sagt. In 102 Spielen für die Berliner erzielte er 46 Tore und arbeitete sich auch nach zwei schweren Verletzungen wieder zurück. In der Aufstiegssaison erzielte er neun Treffer, doch schon dort war Sebastian Andersson Stürmer Nummer eins.

Da war die Welt noch in Ordnung. 2014 kam der junge Polter per Leihe aus Mainz und schlug bei Union sofort ein.
Da war die Welt noch in Ordnung. 2014 kam der junge Polter per Leihe aus Mainz und schlug bei Union sofort ein.

© Oliver Mehlis/dpa

In der Bundesliga ist diese Rollenverteilung noch deutlicher erkennbar und letztlich wurde Polter – wie die Aufstiegshelden Manuel Schmiedebach, Ken Reichel und Felix Kroos – von Unions Entwicklung überholt. Polter verfügt weiter über einen guten Torriecher, eine beeindruckende Wucht und gibt immer alles für das Team. Von Anderssons Qualitäten beim Sichern und Verteilen von Bällen sowie dessen sauberer Grundtechnik ist er aber ein gutes Stück entfernt.

Als Joker für die Schlussphase ist Polter eine gute Option und das hat er mit mit seinem Tor bei den Bayern, dem umjubelten Siegtreffer im ersten Bundesliga-Derby gegen Hertha BSC im November sowie seiner Vorlage am Samstag gegen Leverkusen mehrfach bewiesen. Diese Rolle reicht ihm jedoch nicht und ob er diese im letzten Saisondrittel überhaupt noch ausfüllen darf, ist fraglich. Denn häufiger wird ihn Fischer nach diesem öffentlichen Rundumschlag sicher nicht einsetzen – ganz im Gegenteil.

So endet die lange so fußballromantische Beziehung zwischen Publikumsliebling Polter und dem 1. FC Union im Sommer wohl im Unfrieden. Mit Blick auf die Fans falle ihm diese Entscheidung sehr schwer, sagt der Stürmer. Aus sportlicher Perspektive sieht es anders aus. „Jeder weiß, dass ich gern für Union weitergespielt hätte, egal ob in Liga eins oder zwei. Aber ich verzichte nicht auf Spielzeit und es ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich auch an mich denken muss.“

Zur Startseite