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Gut unterhalten. Unions Trainer Urs Fischer (r.) im Gespräch mit Augsburgs Coach Martin Schmidt.

© dpa

Unions Trainer verteidigt den Stil seiner Elf: Urs Fischer erhebt den Kampf zur Kunst

Der Berliner Coach wehrt sich gegen eine Debatte um die Spielweise seines Teams. Ein tolles Spiel definiere sich auch mal über lange Bälle, findet er.

Von David Joram

Schön geht anders, Neven Subotic wusste das. Aber manchmal verlangt die Fußballwelt auch für ein Allerweltstor nach einer Erklärung. „Ich bin in den langen Raum, das ist extrem schwer zu verteidigen. Ein klassischer Fall von lang laufen und ein bisschen Glück haben, dass der Ball so perfekt weitergeleitet wird“, sagte Subotic also über sein Tor beim 2:0-Sieg des 1. FC Union gegen den FC Augsburg. Er lächelte fein, dann schob er nach: „Danke an Hahn.“

Hahn, der mit Vornamen André heißt und das Augsburger Trikot trägt, hatte den Ball just so über seinen Kopf rutschen lassen, dass er genau vor die Füße des Berliner Innenverteidigers gefallen war. Für diese Art von Toren, die ein bisschen nach Zufall aussehen und nicht zwingenderweise fallen müssen, hat der Karlsruher Trainer Alois Schwartz dem Fußballvokabular mal den Begriff Glücksfickertor geschenkt.

Hinten noch ganz dicht. Die Unioner Rafal Gikiewicz, Neven Subotic und Marvin Friedrich (von links).
Hinten noch ganz dicht. Die Unioner Rafal Gikiewicz, Neven Subotic und Marvin Friedrich (von links).

© Andreas Gora/dpa

Ein solches Glücksfickertor passte am Samstag durchaus zum Spiel zwischen Berlinern und Augsburgern, in dem lange Zeit unklar schien, ob die 22 Spieler überhaupt das Ziel verfolgten, den Ball, wie es die Regeln vorsehen, ins gegnerische Netz zu schießen. Kampf und Krampf führten Regie, „man muss eklig sein“, sagte Subotic. Ein bisschen mehr Spielkultur hätte ihm trotzdem gefallen. „Heute war’s ein langer Ball, zack, und vielleicht passiert was“, stellte Subotic fest.

Nun ist Union nicht Dortmund, Bayern oder Barcelona, wie Urs Fischer, der Berliner Trainer, berechtigterweise zu bedenken gab. Ein paar kritische Fragen, ob der doch sehr fantasielosen Spielweise seiner Elf, musste sich Fischer in der Nachlese am Sonntagmittag aber schon gefallen lassen.

„Aus unserer Sicht empfand ich das als tolles Spiel“, sagte Fischer. Die Diskussion über die Spielweise seiner Elf, die gegen Augsburg doch ziemlich vom Glücksfickertorfaktor abhängig schien, will der Trainer nicht überbewertet wissen. Er schätzt die elementaren Bestandteile des Fußballs.

Union hat "Gesicht gezeigt"

„Wir definieren uns über unsere Organisation, die muss über 90 Minuten passen und stimmen“, sagt Fischer. Dann habe seine Mannschaft Zugriff aufs Spiel. Dass die beiden Stürmer Sebastian Andersson und Anthony Ujah komplett ungefährlich blieben und das Kombinationsspiel doch arg unter der Bälle-lang-in-die-Spitze-Order litt, störte Fischer nur mäßig. „Wenn einer das Gefühl hat, dass der Stürmer bei Union in jedem Spiel zu fünf, sechs großen Chancen kommt, dann ist er wirklich auf dem Holzweg. Aber das denkt bei uns ja auch keiner.“

Dem Trainer gefällt, wie seine Spieler im Kollektiv arbeiten, speziell gegen den Ball. „Wir haben unermüdlich versucht, Balldruck zu bekommen“, sagte er über ein „typisches Union-Spiel“, in dem seine Elf „Gesicht gezeigt“ habe. Da wollte Fischer die Arbeit mit dem Ball öffentlich nicht anprangern.

Und was im Fußball nun Kunst ist und was nicht, das bleibt für den Trainer sowieso Ansichtssache. „Ein tolles Spiel ist eben manchmal auch ein Spiel, das sich über Zweikämpfe definiert, über lange Bälle – wieso muss das schlecht sein?“, sagt Fischer und fügt an: „Jetzt sind 19 Spieltage vergangen, wir haben 23 Punkte, also so viel lief dann nicht falsch.“ Deshalb wird seine Elf auch künftig auf Tiki-Taka verzichten. In Köpenick bleibt der Kampf die hohe Kunst.

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