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Kann sich gut vorstellen, nächste Saison für Union zu spielen: Christian Gentner feiert das zweite Tor im Spiel gegen Köln. 

© Martin Meissner/dpa

Union vor dem Klassenerhalt: Christian Gentner hat noch eine Rechnung offen

Christian Gentner kam vor der Saison zu Union. Dass die Eisernen langsam für eine weitere Saison in der 1. Liga planen können, liegt auch in ihm.

Voreilig feiern wollte Christian Gentner am Samstag nicht. In gleich zwei Interviews nach dem 2:1-Sieg des 1. FC Union in Köln warnte der erfahrene Mittelfeldspieler davor, die Rechnung ohne den Wirt zu machen: „Ich bin so lange dabei und habe schon ziemlich verrückte Sachen erlebt“, sagte er. Eine gewisse Geistesruhe werden die Berliner aber schon gespürt haben, als sie am Samstagabend zum eintägigen Regenerationslager nach Bad Saarow fuhren. 

Drei Spiele vor dem Saisonende beträgt Unions Vorsprung auf den Relegationsplatz nun sieben Punkte. Mit einem einzigen Sieg – vielleicht schon am Dienstag gegen Paderborn – wäre der Klassenverbleib geschafft. „Es sieht sehr sehr gut aus“, sagte Gentner. Und nach einer langen Serie von acht Spielen ohne Erfolg fühle es sich auch „sehr, sehr gut an“, wieder ein wichtiges Spiel gewonnen zu haben.

Dass der Bann nun gebrochen und Union damit fast gerettet ist, hat viele Gründe. Es liegt am berühmten Kampfgeist des Köpenicker Außenseiters. Es liegt an der zuletzt wieder erwiesenen taktischen Flexibilität der Mannschaft unter Trainer Urs Fischer. Es liegt daran, dass sich Schiedsrichter Martin Petersen in der Nachspielzeit gegen einen Elfmeter für Köln entschied. Und es liegt auch an Christian Gentner, der am Samstag das entscheidende Tor schoss.

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Vielleicht hat seine Erfahrung dabei eine gewisse Rolle gespielt, als er das gechippte Zuspiel von Marius Bülter eine halbe Sekunde vor der Kölner Abwehrlinie sah, und damit der Abseitsfalle entkam. Sieben Mal hat er nun in seiner Karriere gegen Köln getroffen, und damit so oft wie gegen keinen anderen Verein. In den vergangenen Wochen wusste der 34-Jährige aber nicht nur gegen Köln zu überzeugen. Auch zuvor gegen Schalke hatte er auffällig stark gespielt, sowohl mit seiner Kreativität nach vorne als auch mit seiner Ruhe und Versiertheit im defensiven Mittelfeld.

Auch Gentners Fähigkeiten neben dem Platz sind wichtig

Gentners besondere Fähigkeiten seien auch neben dem Platz wichtig, hatte Trainer Fischer schon vor dem Spiel gegen Köln gesagt: „Es ist wichtig, dass du Spieler hast, die solche Erfahrungen schon gemacht haben, die den Jungs Tipps auf den Weg geben können. Da ist Christian ein sehr kommunikativer Spieler, und das hilft ganz sicher.“

Schließlich hat Gentner, wie er selbst am Samstag meinte, im Fußballgeschäft sehr viel gesehen. Deutscher Meister ist er zweimal geworden: 2007 mit Stuttgart und 2009 mit Wolfsburg. Mit dem VfB ist er aber auch zweimal untergegangen. Nach dem direkten Abstieg 2016 gab es im vergangenen Jahr die Niederlage in der Relegation gegen Union.„Berlin schmeißt die Schwaben raus!“ titelte damals eine Boulevardzeitung. Wenige Wochen danach war der Schwabe Gentner aber zurück an der Alten Försterei, und zwar als lächelnde Neuverpflichtung.

Unter den vielen Neuzugängen in dieser Saison ist Gentner neben Marius Bülter und Robert Andrich wohl einer, dessen Transfer am meisten geglückt ist. Und dass er in dieser Saison wohl keinen dritten Abstieg erleben wird, gehört für ihn vielleicht auch zu den verrückten Erlebnissen seiner Karriere. „Es war nicht unbedingt zu erwarten, dass wir nach 31 Spieltagen so gut dastehen“, sagte er nach dem Erfolg am Samstag.

Union kann langsam für eine weitere Saison in der 1. Liga planen

Jetzt steht Union aber in der Tat so gut da und kann, bei aller Vorsicht um die Rechnung und den Wirt, langsam für eine weitere Saison in der 1. Bundesliga planen. Ob Gentner auch in der nächsten Spielzeit dabei sein wird, ist noch unklar. Sein aktueller Vertrag läuft Ende Juni aus, über eine Verlängerung wurde offiziell noch nichts mitgeteilt.

Allerdings gab es zuletzt dazu auch gute Nachrichten. Im Interview mit der „Bild“-Zeitung vor ein paar Wochen erklärte er sich optimistisch, was seine Zukunft in Berlin angeht. „Ich kann mir das sehr, sehr gut vorstellen, dass ich bei Union nächstes Jahr in der Bundesliga weiter spiele. Auch vom Verein habe ich Signale bekommen, dass sie sich das gut vorstellen können.“

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An der Alten Försterei hat Gentner sowieso noch eine kleine Rechnung offen. Denn die aufgeladene Stimmung, unter der er als Gegenspieler im Mai vergangenen Jahres noch gelitten hatte, hat er wegen der Coronavirus-Pause in dieser Saison nicht so oft erlebt, wie er es sich gewünscht hätte. „Der Klassenerhalt wäre etwas Besonderes für den Verein, aber auch für die Leute darum herum, weil man diesen Menschen eben keine ganze Saison schenken konnte“, sagte er. „Deshalb wäre es eine Riesensache, wenn wir es schaffen, und hoffentlich in der kommenden Saison wieder in voller Hütte spielen können.“

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