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Machtspiele. Investor Lars Windhorst (vorne) und Herthas Präsident Werner Gegenbauer stehen sich inzwischen weitgehend unversöhnlich gegenüber.

© imago images/Bernd König

Update

Und noch ein Problem im Abstiegskampf: Lars Windhorst stellt die Machtfrage bei Hertha BSC

Es ist ja nicht so, dass Hertha BSC im Moment keine Probleme hat. Jetzt droht dem Verein mitten im Abstiegskampf auch noch ein Führungsstreit.

Die Mannschaft schwächelt seit Wochen und gerät gefährlich ins Taumeln. Der Trainer Tayfun Korkut steht bei den Fans schon lange massiv in der Kritik und darf trotzdem weitermachen. Der Sportvorstand Fredi Bobic ist inzwischen auch schon angezählt, weil er sich mit vielen seiner Entscheidungen angreifbar gemacht hat. Und der Sportdirektor Arne Friedrich ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurückgetreten, weil er seine Ideen offenbar nicht mehr ausreichend berücksichtigt sieht.

Es ist ja nicht so, dass Hertha BSC vor dem wichtigen Spiel am Samstag bei Borussia Mönchengladbach keine Probleme hat. Im Gegenteil. Gerade in den vergangenen Tagen haben sich die negativen Ereignisse mal wieder überschlagen. Aber das alles ist möglicherweise Pillepalle im Vergleich zu dem, was dem Tabellensechzehnten der Fußball-Bundesliga in den nächsten Wochen und Monaten noch droht.

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Lars Windhorst, der 374 Millionen Euro in Hertha BSC investiert hat, hat jetzt ziemlich unverhohlen die Machtfrage gestellt. Sein Sprecher Andreas Fritzenkötter sagte der Deutschen Presseagentur am Mittwoch: „Im Mai ist die nächste Mitgliederversammlung. Da wird sicher etwas passieren müssen.“

Wer diese Aussage als Angriff auf Werner Gegenbauer, den gewählten Präsidenten des Vereins, deutet, der liegt ganz sicher nicht falsch. Gegenbauer ist für Windhorst schon länger ein rotes Tuch, weil er ihn als Hemmnis auf dem Weg in eine goldene Zukunft des Vereins ausgemacht hat.

Neben der Unzufriedenheit über die aktuelle sportliche Situation Herthas und den Einsatz der von Windhorst zur Verfügung gestellten Finanzmittel hängt Fritzenkötters Aussage wohl auch mit einem Bericht der „Sportbild“ vom Mittwoch zusammen. Darin ging es um eine Dokumentation über Hertha, die Windhorsts Tennor-Gruppe finanzieren wollte. Mannschaft und Verein waren in der Saison 2020/21 von einem renommierten Filmemacher und seinem Kamerateam begleitet worden; im Herbst 2021 sollte die Doku auf den Markt kommen. Doch daraus wurde nichts.

Das Verhältnis scheint irreparabel zerrüttet

Die „Sportbild“ zitiert Windhorsts Sprecher Fritzenkötter mit den Worten: „In dem Video-Material äußert sich ein hochrangiges Mitglied der Hertha-Geschäftsleitung vor laufender Kamera in ehrabschneidender Weise über Herrn Windhorst als Investor.“ In der Tat ist das Verhältnis zwischen Verein und Geldgeber inzwischen vermutlich irreparabel zerrüttet.

Windhorst hat erst vor kurzem den Sinn seines Investments in Frage gestellt. Sein Sprecher Fritzenkötter sagt: „Wir haben nicht gedacht und waren überrascht, dass Hertha nach unserem Einstieg so die Türen zuschlägt.“

Die Klubführung wiederum steht auf dem Standpunkt, dass Windhorst versucht habe, mehr Einfluss auf das operative Geschäft zu nehmen, als ihm gemäß der 50+1-Regelung zusteht. Vor allem Gegenbauer hat immer wieder – und immer wieder auch auf wenig diplomatische Weise – darauf verwiesen, dass der Verein das Sagen habe, und nicht der Investor: Windhorst könne gern über Hertha BSC sprechen, aber nicht für Hertha BSC, hat er gesagt.

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Entsprechend verärgert reagierte der Verein am Abend. „Zum einen halten wir diesen Weg über die Öffentlichkeit für nicht zielführend. Zum anderen wurden zum wiederholten Male unspezifische Vorwürfe und Unterstellungen getätigt“, hieß es in einer Erklärung des Präsidiums auf der Internetseite. „Diese beschädigen nicht nur das Ansehen von Hertha BSC, sondern auch das Investment seitens der Tennor Holding.“

Schon länger wird daher gemunkelt, dass Windhorst Gegenbauer loswerden wolle. Die jüngsten Aussagen Fritzenkötters mit dem Verweis auf die Mitgliederversammlung im Mai lassen daran nun kaum noch einen Zweifel. Aussichtslos ist ein solches Unterfangen inzwischen wohl nicht mehr. Gegenbauer, 71 Jahre alt und seit 2008 im Amt, ist alles andere als unumstritten. Bei seiner Wiederwahl im Herbst 2020 erhielt er nur noch 54 Prozent der Stimmen, und schon bei der darauffolgenden Mitgliederversammlung sah er sich mit einem Abwahlantrag konfrontiert.

Der Unmut der Mitglieder mit der Vereinsführung und Präsident Gegenbauer wird auch durch die unbefriedigende sportliche Performance der Mannschaft genährt. Und bis zum Saisonende im Mai könnte es noch deutlich schlimmer kommen.

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