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Reinhard Grindel bei Verkündung seines sofortigen Rücktritts als DFB-Präsident.

© imago images / Jan Huebner

Update

Umstrittener DFB-Präsident: Reinhard Grindel tritt mit sofortiger Wirkung zurück

Reinhard Grindel ist von seinem Amt als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes zurückgetreten. Die Posten bei UEFA und FIFA wird er jedoch behalten.

DFB-Präsident Reinhard Grindel ist nach einer Serie von Fehltritten zurückgetreten. Der Verbandschef bestätigte am Dienstag seinen sofortigen Rückzug, nachdem er in den vergangenen Tagen durch Enthüllungen über fragwürdige Zusatzeinkünfte und die Annahme einer teuren Uhr unter Druck geraten war. Seine Posten bei UEFA und FIFA werde er aber behalten, teilte der DFB mit.

Die beiden Ämter im internationalen Fußball werden mit rund einer halben Million Euro pro Jahr entlohnt. Sie sind an die Person gebunden, nicht an das Amt beim DFB. Bei der UEFA ist Grindel bis 2021 gewählt. Ins Council des Weltverbandes wurde er gerade im Februar für vier weitere Jahre wiedergewählt. Offizieller Beginn des neuen Mandats bis 2023 ist allerdings erst beim FIFA-Kongress am 5. Juni in Paris.

Rücktritt war starke Kritik vorausgegangen

Zuvor hatten „Bild“-Zeitung und ZDF über den Abschied des 57-jährigen DFB-Präsidenten berichtet. Die Interimsspitze des Deutschen Fußball-Bundes will nun schnell mit der Suche nach einem Nachfolger beginnen. „Unser Ziel ist es jetzt, einen gemeinsamen Kandidaten von DFB und DFL außerhalb des Präsidiums zu finden, der die Anliegen des Amateurfußballs ebenso im Blick hat wie den Spitzenfußball“, sagte Amateur-Boss Rainer Koch am Dienstag in einer Erklärung. Er führt nun gemeinsam mit Ligapräsident Reinhard Rauball bis zum DFB-Bundestag am 27. September die Geschäfte beim Verband.

So war es schon über den Jahreswechsel 2015/16, als Wolfgang Niersbach im Zuge des Sommermärchen-Skandals gehen musste. Im April 2016 hatte dann Grindel den Posten übernommen. Seit 114 Jahren hat kein DFB-Boss kürzer amtiert als Grindel. Bis September soll nun ein Kandidat für die Nachfolge gefunden werden, auf denen sich Profiklubs und Amateurlager einigen können.

Der frühere ZDF-Journalist und CDU-Bundestagsabgeordnete Grindel war in den vergangenen Monaten zunehmend in die Kritik geraten. Ligapräsident Reinhard Rauball sagte, der Druck auf Reinhard Grindel als DFB-Präsident sei „in den vergangenen Wochen auf unterschiedlichen Ebenen permanent gestiegen“. „Es ist daher im Sinne des deutschen Fußballs und seiner Handlungsfähigkeit, den Weg für einen personellen, aber auch strukturellen Neuanfang innerhalb des DFB freizumachen“, erklärte Rauball am Dienstag.

Amateur- und Profivertreter seien nun gemeinsam gefordert, bis zum kommenden DFB-Bundestag die Weichen für die Zukunft zu stellen. „Nicht nur sportlich, sondern auch mit Blick auf die Positionierung in der Gesellschaft steht der DFB vor enormen Herausforderungen. Diese Herausforderungen gilt es mit großer Ernsthaftigkeit, Empathie und Gestaltungswillen anzugehen“, sagte Rauball. Ziel müsse es sein, jenseits von Einzelinteressen immer nach den besten Lösungen für den deutschen Fußball zu streben.

Zunächst hatte der „Spiegel“ Anschuldigungen veröffentlicht, Grindel habe Vergütungen in Höhe von 78.000 Euro als Aufsichtsratschef der DFB-Medien Verwaltungs-Gesellschaft in den Jahren 2016 und 2017 nicht publik gemacht.

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Der DFB wies den Vorwurf der Verschleierung zurück. Grindel habe bei seinem Amtsantritt korrekte Auskünfte über seine Einkünfte gemacht und den gut dotierten Aufsichtsratsposten erst drei Monate später angetreten. Grindel selbst äußerte sich nicht. Die Vorwürfe kratzten an seinem Versprechen, beim Verband nach der Affäre um die Vergabe der WM 2006 für Transparenz zu sorgen.

Es folgte zu Wochenbeginn ein „Bild“-Bericht, dass Grindel eine Luxus-Uhr vom früheren ukrainischen Verbandsboss Grigori Surkis angenommen habe. Grindel bestätigte dies am Dienstag in seiner Rücktrittserklärung und bezifferte den Wert der Uhr auf 6000 Euro. „Für mich war das ein reines Privatgeschenk. Es war ein Gebot der Höflichkeit, dieses Geschenk anzunehmen“, sagte Grindel. Es habe aus seiner Sicht kein Interessenkonflikt bestanden.

Wegen der neuerlichen Negativ-Schlagzeilen hatte Grindel in den vergangenen Tagen offenkundig den Rückhalt in der Verbandsspitze endgültig verloren. Bei der Eröffnung der neuen Ruhmeshalle im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund am Montagabend wirkte Grindel bereits isoliert und schwer angeschlagen. Öffentlich Partei ergreifen mochte niemand mehr für den früheren DFB-Schatzmeister.

Stattdessen formierten sich die Kritiker. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sagte: „Wenn man in solch einer Position ist und solche Dinge ans Licht kommen, sollte man zumindest Argumente haben, um sie so schnell wie möglich beiseite zu räumen. Beim DFB wird aber schon einmal gerne zu lange rumgeeiert.“

Grindel hatte in seiner Amtszeit viele unglückliche Auftritte

Auch Andreas Rettig, Geschäftsführer beim Zweitligisten FC St. Pauli, ging verbal auf Distanz: „Einen Platz in der Hall of Fame würde Grindel heute sicher nicht bekommen. Das Erscheinungsbild des DFB ist schon seit längerer Zeit verbesserungswürdig.“

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In der Tat häuften sich Grindels Missgeschicke zuletzt. In der heiklen Causa um die Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem umstrittenen türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan ließ er es an klarer Linie vermissen. Grindel musste sich vorwerfen lassen, er habe sich nicht entschieden gegen rassistische Attacken gestellt und Özil zum Schuldigen für das WM-Scheitern der Nationalmannschaft gemacht.

Zuvor hatte es bereits Kritik wegen einer übereilten Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw gegeben. Unglücklich wirkte Grindel auch, als er den Umgang von Löw mit der abrupten Ausmusterung der Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng monierte - und dann schnell zurückrudern musste. Jetzt ist Grindel selbst beim DFB Geschichte. (dpa/Tsp)

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