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Ringsherum: Turnerin Pauline Schäfer holte vor zwei Jahren WM-Gold am Schwebebalken. Am Sonntag startet sie im EM-Finale in Stettin.

© John Walton/dpa

Turn-Weltmeisterin Pauline Schäfer: „Auf zehn Zentimetern kann alles passieren“

Es gibt nicht viele Menschen, nach denen ein Salto benannt ist. Turn-Weltmeisterin Pauline Schäfer zählt dazu. Ein Interview zur Europameisterschaft in Stettin.

Frau Schäfer, Sie haben sich mit einer starken Leistung für das Finale am Sonntag am Schwebebalken qualifiziert. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in den Wettkampf?

Wenn man erst mal im Finale ist, ist gerade am Balken alles drin. Ich will mir aber nicht so viele Gedanken machen. Mein Job ist es einfach, da rauszugehen und das Beste draus zu machen. Als Weltmeisterin ist es sehr schwer, die Ansprüche von außen und an einen selbst sind deutlich höher. Aber auch ich muss immer wieder von vorne anfangen. Nur: Welcher Sportler, der in einem großen Finale steht, hat nicht das Ziel, eine Medaille zu holen?

Sie waren zuletzt häufig verletzt und konnten bei der WM 2018 in Doha nicht antreten. Wie fühlt es sich an, erstmals wieder ein großes Turnier zu bestreiten?

Ich freue mich sehr, dass ich mich überhaupt qualifiziert habe. Wegen der Verletzungen konnte ich nicht gut trainieren und bin mit geringen Erwartungen nach Stettin gefahren. Umso schöner ist es, im Finale zu stehen. Ich will mir hier das Gefühl wieder holen und alles aufsaugen.

Sie sind mit 13 Jahren auf den Hinterkopf gestürzt. In einem Interview mit der dpa haben Sie gesagt, dass Sie deshalb Angst vor Rückwärts-Elementen haben. Wie schaffen Sie es, diese Angst auszublenden?

Einfach machen. Was anderes bleibt mir ja nicht übrig.

Sie sind bekannt geworden für Ihre Erfindung eines Seitwärts-Saltos mit halber Drehung, der schon „Schäfer-Salto“ genannt wird. Werden Sie ihn auch heute in Ihren Auftritt einbinden?

Der ist natürlich Teil des Auftritts. Ausprobieren werde ich heute gar nichts. Ich habe mein festes Programm und versuche, das bestmöglich umzusetzen.

Einige Turnerinnen haben mit dem Schwebalken ihre Probleme. Wie ist Ihre Beziehung zu dem Gerät?

Bisher haben wir uns ganz gerne gemocht. Vor dem Wettkampf ist man natürlich wahnsinnig aufgeregt. Denn der Balken ist ja nur zehn Zentimeter breit, da kann alles passieren. Und man hat nur die eine Chance.

Wie bereiten Sie sich in den letzten Minuten vor dem Finale vor?

Im Finale darf man sich nicht noch mal einturnen. Ich gehe raus, bereite mich auf der Linie unten ein bisschen vor und dann bin ich auch schon dran. Die Vorbereitung mit Musikhören findet eher im Bus davor statt. Da höre ich aber nichts Spezielles, sondern das, was gerade kommt – irgendwas, was motiviert.

Mit Ihnen kämpfen Turnerinnen aus ganz Europa um die Medaillen. Wie ist Ihr Verhältnis zu den Konkurrentinnen?

Verhältnis kann man dazu nicht sagen. Wir stehen zusammen in der Halle, kennen uns von Wettkämpfen, mehr ist da nicht.

Sie als Weltmeisterin gelten in dem jungen deutschen Team als Anführerin. Wie gehen Sie mit dieser Verantwortung um?

Unter Druck setzt mich das gar nicht. Es steht ja nur in der Zeitung, dass ich das Team anführe. Wir brauchen keine Kapitänin, das Team funktioniert auch so. Klar, ich bin mit 22 Jahren die Älteste im Team. Das macht mir aber nichts aus.

Wenn es klappen sollte mit der Medaille – ist denn danach Zeit zu feiern?

Wir reisen erst am Montag ab. Vorher ist noch das Bankett, da treffen sich alle. Mal gucken, ob danach noch was geht.

Welche Rolle spielt für Sie diese EM, wenn zugleich die Heim-WM und Olympia 2020 in Tokio näherrückt?

Die EM ist eine Station, bei der ich Erfahrungen sammeln kann. So einen großen Stellenwert hat sie aber nicht. Wichtiger ist die kommende WM in Stuttgart, wo wir uns für Olympia qualifizieren wollen.

Das Gespräch führte Laurenz Schreiner

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