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Endlich am Ziel: Nico Rosberg wurde am Sonntag dritter deutscher Formel-1-Weltmeister.

© Ahmed Jadallah/Reuters

Trotz Hamiltons Blockadetaktik: Wie Nico Rosberg zur Weltmeisterschaft fuhr

"Die letzten Runden waren ekelhaft": Beim finalen Krimi der Saison behält Nico Rosberg trotz Hamiltons Blockadetaktik die Nerven und wird erstmals Weltmeister.

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Manch einer muss sich noch an den neuen Weltmeister gewöhnen. Als Nico Rosberg nach dem Rennen mit „Lewis“ angesprochen wurde, stellte er süffisant klar: „Es ist einfach, uns zu verwechseln, wir sehen uns sehr ähnlich – aber mein Name ist eigentlich Nico.“ Mit einem Lächeln schob er hinterher: „Aber kein Problem, war ein harter Tag für uns alle.“

In der Tat war die letzte Prüfung auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel eine besonders harte. „Das war bestimmt nicht das schönste Rennen, das ich je gefahren bin“, sagte Rosberg, „zum Schluss war es echt ekelhaft.“ Doch er brachte den zweiten Platz hinter Lewis Hamilton ins Ziel, den er brauchte. Hamilton gewann in der Dämmerung von Abu Dhabi zwar sein zehntes Rennen in dieser Saison, eines mehr als Rosberg – aber seinen Titel verlor er eben doch. Mit 385 WM-Punkten hatte Rosberg am Ende fünf Zähler mehr als sein Mercedes-Stallrivale und Vorgänger als Weltmeister. Nun ist der in Wiesbaden geborene Rosberg nach Michael Schumacher und Sebastian Vettel der dritte deutsche Formel-1-Champion.

Um 18.41 Uhr Ortszeit in Abu Dhabi fielen sich in der Mercedes-Box Nico Rosbergs Ehefrau Vivian, sein Pressesprecher Georg Nolte und sein Physiotherapeut Daniel Schlösser in die die Arme. „Yeah, Weltmeister!“, schrie Rosberg ins Mikrofon, dann durfte seine Frau ihren Champion sogar gleich über den Funk grüßen: „Ich bin so stolz auf dich.“ Sie sei in den letzten Runden vor Anspannung „fast gestorben“, sagte sie. Ihrem Mann kamen „auf der Auslaufrunde unter dem Helm die Tränen ohne Ende, der Druck war auf einmal weg“. Wie groß der Druck war, sah man auch daran, dass der sonst so kontrollierte Rosberg im Überschwang den kleinen, zerbrechlichen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone hoch in die Luft hob.

Tatsächlich hatte er bis zu den allerletzten Metern der allerletzten Runde zittern müssen. Vor allem, weil Hamilton versuchte, alle möglichen, bisweilen nicht mehr ganz so fairen Tricks auszupacken, um seinen Rivalen doch noch vor Probleme zu stellen. Bei einem Sieg des Briten hätte Rosberg maximal Vierter werden dürfen, um ihm den WM-Titel zu bescheren.

Anweisungen von der Box weist Hamilton patzig zurück

Hamilton gewann den Start, Rosberg reihte sich gleich dahinter ein – soweit alles nach Plan. Doch schnell war klar, dass der dreimalige Weltmeister genau das vorhatte, was er vorher verneint hatte: Er fuhr an der Spitze bewusst langsam, um Rosberg aufzuhalten und unter Druck der Ferrari und Red Bull zu bringen. Dadurch fiel Rosberg nach seinem Boxenstopp hinter Max Verstappen auf Rang drei zurück. Weil der Niederländer nach einem frühen Dreher mit einer anderen Strategie unterwegs war, musste Rosberg ihn auf der Strecke überholen. Und er riskierte die Attacke und zog das gewagte Manöver konsequent durch, auch wenn es dabei ziemlich eng wurde und in der Mercedes-Box alle den Atem anhielten.

Doch auch später ließ Hamilton nicht von seinen Spielchen. Von der Box erhielt er mehrmals die klare Anweisung, schneller zu fahren, auf die er patzig reagierte: „Ich schlage vor, ihr lasst uns hier einfach fahren.“ Toto Wolff kündigte hinterher ein Nachspiel zu Hamiltons Taktik an. „Wir haben unsere eiserne Regel, dass einem Rennsieg alles untergeordnet wird“, sagte der Mercedes-Teamchef. „Er hat unsere Anweisung missachtet, um die Meisterschaft zu gewinnen. Damit hat er einen Präzedenzfall gesetzt für die Zukunft, da hätten wir totale Anarchie. Da werden wir richtig reinhauen.“

Zehn Runden vor Schluss verschleppte Hamilton das Tempo noch einmal mehr. So kamen Verstappen, sein Red-Bull-Teamkollege Daniel Ricciardo und der Ferrari von Sebastian Vettel mit neuen Reifen dem Rivalen Rosberg immer näher. Als der heranfliegende Vettel dann an Verstappen vorbei war und Rosberg im Nacken hing, mischte sich sogar Mercedes-Technikchef Paddy Lowe ein: „Lewis, hier ist Paddy, du musst jetzt schneller fahren.“

Vettel greift seinen Landsmann nicht an

Doch Rosberg behielt die Nerven und bewies noch einmal, warum er ein absolut verdienter Weltmeister ist. „Die letzten paar Runden waren echt extrem, das war nicht sehr angenehm“, sagte er später sichtbar mitgenommen. „Oh Mann, die kamen von hinten an, und ich kam vorne nicht vorbei.“ Sein Glück war, dass Vettel sich gegen seinen Landsmann zurückhielt. „Ich wusste ja schon, was auf dem Spiel steht, ich wollte da kein entscheidender Faktor werden“, sagte der viermalige Weltmeister. „Wenn, dann hätte ich am liebsten schon beide überholen müssen, wenn Lewis da so rumschleicht. Aber das wäre ohne zu großes Risiko nicht gegangen.“

Sprung in die Geschichte. 34 Jahre nach seinem Vater Keke ist nun Nico Rosberg Weltmeister.
Sprung in die Geschichte. 34 Jahre nach seinem Vater Keke ist nun Nico Rosberg Weltmeister.

© dpa

Der neue Weltmeister, der von seinem Vorgänger immerhin per Handschlag und Umarmung geehrt wurde, konnte sich dann sogar großzügig zeigen: „Lewis hat all seine Fähigkeiten eingesetzt, ich kann ihn verstehen, ich kann aber auch das Team verstehen.“

Doch eigentlich wollte sich Nico Rosberg mit all dem gar nicht mehr beschäftigen. Bei der Pressekonferenz wirkte er vor lauter Emotionen noch sichtlich mitgenommen. „Wahnsinn, das ist ein Kindheitstraum, der jetzt hier in Erfüllung geht“, sagte er, während er die Tränen so konstant niederrang wie Hamilton in diesem Jahr. „Alle meine Freunde sind jetzt hier, das wusste ich gar nicht. Ich will jetzt nur noch feiern und die Sau rauslassen. Wir werden Gas geben, das wird nicht gut sein. Ich melde mich ab für die nächsten Tage.“

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