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L’Alpe d’Huez, wie es singt und lacht: Etappensieger Christophe Riblon und Tejay Van Garderen zwischen Radfans.

© AFP

Tour de France: L’Alpe d’Huez: Spektakel, Kommerz und Ballermann

Kühe aus Plastik, Kurven, die Lance Armstrong gewidmet sind: Die Bergetappe L'Alpe d'Huez ist die telegenste und seltsamste Etappe der Tour de France. Am Donnerstag gewann zum ersten Mal ein Franzose.

Die einzigen Kühe, die auf der früheren Alm des Bergdorfs Huez zu finden sind, sind aus Plastik. Die lebensgroßen Objekte sind Zeugen ferner Vergangenheit. Und die Bauern sind zu Tourismusunternehmern mutiert. Seit die Tour de France hier Station macht – zum ersten Mal vor 61 Jahren – sind die dicken Vierbeiner durch Zweibeiner ersetzt. Zuschauer bauen entlang des 13,8 km langen Aufstiegs in 21 Kehren ihre Zelte auf oder parken ihre Wohnmobile. Manche von ihnen sind schon seit über einer Woche da. Mehr als eine Million Menschen jubelte den Fahrern auf der 18. Etappe der Tour de France gestern zu, die der Franzose Christophe Riblon gewann. Damit ist allein dieses Etappenfinale wohl das größte Freiluftsportevent der Welt. „L’Alpe d’Huez ist der telegenste Anstieg Frankreichs“, sagt Tourdirektor Christian Prudhomme, ein ehemaliger Fernsehmann. Aus diesem Grunde hat er zur Jubiläumstour den Anstieg gleich zwei Mal befahren lassen.

Um dieses Unterfangen zu ermöglichen, wurden der Aufstieg zum Col de Sarenne und die folgende Abfahrt bis zum Stausee von Cambon mit einer Asphaltschicht überzogen. 400 000 Euro haben die beteiligten Kommunen ringsum dafür aufgewendet, erzählt Bürgermeister Poyrey. Diejenigen, die die Abfahrt mit dem Rad machten – Anfang Juni bei der Dauphiné-Rundfahrt oder auch kurz vor dem Tour-Peloton – waren eher erschreckt von der geringen Qualität des Asphalts. Auch der Gesamtführende Christopher Froome warnte: „Das ist ganz klar eine gefährliche Abfahrt.“ Froome plädierte sogar für einen Verzicht auf den zweiten Aufstieg und die damit verbundene Zwischenabfahrt. Aber die Tour wollte auf ihr Spektakel nicht verzichten. „Mir hat Bernard Hinault versichert, dass die Fahrer in den Pyrenäen ähnlich schmale Straßen nehmen“, erzählt Bürgermeister Noyrey.

Auch Andy Schleck ging skeptisch auf die Etappe. Der frühere Toursieger durfte sich immerhin damit trösten, dass luxemburgische Fans einen der prominentesten Balkone nahe der Zieldurchfahrt für sich okkupierten und mit einem großen Doppelporträt der beiden Schleck-Brüder verzierten. Fränk Schlecks Name wurde auf einem Schild der Kurve 18 des Anstiegs verewigt, die Kurven 19 und 21 sind Lance Armstrong gewidmet, die Kurven 2 und 3 Marco Pantani, dessen Rekord von 37:35 Minuten für die Fahrt den Berg hinauf immer noch Bestand hat. „Wir haben im Gemeinderat darüber diskutiert, ob wir den Namen von Lance Armstrong nach seinem Dopinggeständnis abnehmen sollten“, sagt Bürgermeister Noyrey. „Aber dann haben wir gedacht, wie viele Schilder dann noch namenlos werden müssten. Lance Armstrong gehört zur Geschichte der Etappenankünfte in L’Alpe d’Huez.“

Auch der diesjährige Sieger Riblon darf also sicher sein, dass sein Name überdauern wird, selbst wenn Dopingnachkontrollen zu einer Revision der Ergebnisliste führen sollten. Die Fans lassen sich von Dopingfragen ohnehin kaum berühren. „Wir sind hier, um zu trinken“, sagen holländische Fans und präsentieren stolz ihren Vorrat von 500 Litern Alkohol. Im Grunde ist L’Alpe d’Huez eine Art Ballermann auf zwei Rädern.

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