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Hämischer Applaus. Augsburgs Torwart Tomas Koubek fischte zuletzt häufig im eigenen Netz. Foto: Jan Woitas/dpa

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Torhüter-Problem beim FC Augsburg: Ein teurer Fehlgriff namens Tomas Koubek

Tomas Koubek wurde vom FC Augsburg für über sieben Millionen Euro verpflichtet. Überzeugen konnte der Torwart bislang nicht, er steht im Zentrum aller Kritik.

Diesen Ball fing Tomas Koubek. Er legte sich auf ihn, als wolle er ihn nie mehr loslassen. Hinter ihm im Fanblock des FC Augsburg dröhnender Applaus, spürbar zu laut für Koubeks Aktion, die nicht mehr war als Torwart-Standardarbeit Man konnte den Beifall für ihn vor einer Woche beim 1:1 des FC Augsburg gegen den SC Freiburg als höhnisch interpretieren. „Ich denke“, sagte Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter, „dass das aufmunternd gemeint war.“

So entspreche es der Mentalität rund um den Verein. In der Lokalpresse bestätigte sich die These von der Grundgüte der bayerischen Schwaben nicht. Zwei Zeitungsseiten voll gab es ein Pro und Kontra zu Tomas Koubek, den der FCA für über sieben Millionen Euro verpflichtet hatte – wobei: Viel Pro war nicht unter den Stimmen. Koubek, 27, Tscheche, Nationaltorhüter in seinem Heimatland, hat beim Anhang in Augsburg längst verloren. Trotzdem soll er diesen Sonntag (15.30 Uhr) in Leverkusen wieder seinen Platz einnehmen.

Der FC Augsburg spielt im neunten Jahr in der Fußball-Bundesliga, und noch nie ist eine Personalie so intensiv diskutiert worden wie die um Tomas Koubek, den Stefan Reuter kurz vor dem ersten Pflichtspiel von Stade Rennes aus Frankreich holte. Koubek war mit dem französischen Klub gerade aus China zurückgekehrt, ein paar Tage später debütierte er für den FCA, mit dem er beim Regionallisten SC Verl 1:2 verlor und aus dem DFB-Pokal ausschied. Seine Bundesliga-Premiere in Dortmund endete mit fünf Gegentreffern. Mittlerweile folgten drei weitere Partien mit dieser hohen Anzahl an Einschlägen.

Koubek sagt dazu: „Bevor ich hierherkam, hatte ich in meiner ganzen Karriere drei solche Spiele. In dieser Saison in Augsburg sind es schon vier.“ Und auch wenn ihn nach dem jüngsten Zu-fünf-Spiel in Frankfurt Trainer Martin Schmidt in Schutz nahm („Ohne Tomas hätten wir 0:8 oder 0:9 verloren“), bekommt Koubek, der innerhalb der Mannschaft auf Englisch kommuniziert, mit, dass er im Zentrum der Kritik steht.

Koubek ist der drittteuerste Transfer in der Bundesliga

Er ist der drittteuerste Torwarttransfer in die oder innerhalb der Bundesliga. Das hat damit zu tun, dass die deutschen Vereine sich ihre Torhüter meist selbst heranziehen und große Wechsel wie kommenden Sommer der des Schalkers Alexander Nübel zum FC Bayern wegen Ablauf des alten Vertrages ablösefrei verlaufen.

Koubek steht also in der Transferrangliste weitaus höher da, als es seinem Wert entspräche. Zudem langte Stade Rennes preislich hin, weil natürlich bekannt war, dass Augsburg sich auf der Suche nach einem Nummer-eins-Tormann befand und Stefan Reuter die Zeit davonlief. „Was sind schon sieben Millionen im modernen Fußball?“, verweist Tomas Koubek auf Summen im dreistelligen Bereich, die Paris Saint Germain bezahlte, gegen das er vergangene Saison noch gespielt hat.

Doch sein Klub hat einen Umsatz von noch knapp unter 100 Millionen Euro, da schlägt ein Transfer wie der von Koubek schon zu Buche. Er ist bis jetzt ein teurer Fehlgriff. Immer wieder – wie bei einem Freiburger Freistoß – unterlaufen ihm tollpatschig wirkende Aktionen, er ist unsicher beim Herauslaufen, er wirkt auch nicht austrainiert. So löst er das Torhüterproblem nicht, das die Augsburger bei sich selbst diagnostiziert haben.

Jahrelang konnten sie auf Marvin Hitz bauen, der 2018 aber zu Borussia Dortmund wechselte – ablösefrei. Bereits ein Jahr zuvor hatte Reuter Fabian Giefer (Schalke) als Hitz-Nachfolger verpflichtet. Doch Giefer versauerte ein Jahr auf der Bank, und als er dann seine Chance bekam, musste ihn der damalige Trainer Manuel Baum wegen gravierender Fehler nach vier Spielen aus der Mannschaft nehmen. Andreas Luthe, schon Jahre im Verein, hielt solide, doch das genügte dem FCA nicht.

Zur Rückrunde 2018/19 lieh er den Schweizer U-21-Nationalkeeper Gregor Kobel von der TSG Hoffenheim aus. Hätte ihn auch gerne behalten, doch Kobel ging lieber zum VfB Stuttgart in die Zweite Liga. Es wurden dann verschiedene Lösungen mit Schweizern durchgespielt, die sich nicht realisieren ließen. So kam man zu Koubek.

In Augsburg versuchen es die Verantwortlichen weiter mit Vertrauen. „Jemanden wegen eines Fehlers an die Wand zu stellen – das bin nicht ich“, sagt Trainer Martin Schmidt. Er sieht bei Koubek weiter „ein gutes Gesamtpaket“. Darum spielt Koubek gegen Leverkusen, einziges Bundesligateam, gegen das der FCA noch nie gewinnen konnte. Es ist zumindest nichts zu verlieren.

Günter Klein

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