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Tom Brady hat die Patriots quasi im Alleingang zum NFL-Rekordmeister neben den Steelers gemacht.

© imago images/UPI Photo

Update

Tom Brady will noch mehr: Warum der beste Quarterback der NFL-Geschichte nach Florida geht

Im Alter von 42 Jahren sucht Tom Brady eine neue Herausforderung bei den Tampa Bay Buccaneers. Und er hat ein besonderes Heimspiel im Blick.

Im Grunde genügte die Aufmachung der größten Zeitung in der Region zur Einordnung des Geschehens, man muss fast sagen: des historischen Geschehens. Der „Boston Globe“, das reichweitenstärkste Blatt des US-Bundesstaates Massachusetts, hatte am Dienstag nicht etwa das Coronavirus und dessen Ausbreitung als wichtigstes Thema des Tages identifiziert, sondern allen Ernstes: den Wechsel von Tom Brady, Star-Quarterback des sechsmaligen Super-Bowl-Champions New England Patriots. 20 Jahre hatte Brady für den Rekordmeister gespielt, in einer sich ständig verändernden (Sport-)Welt war er so etwas wie die letzte Konstante.

Nur die Basketball-Legenden Dirk Nowitzki und der tödlich verunglückte Kobe Bryant hatten in den USA noch länger das Trikot ein- und desselben Vereins getragen. Die Patriots ohne Brady? Das fühlte sich plötzlich an wie eine „King of Queens“-Folge ohne Doug Heffernan, wie „Alf“ ohne Willie Tanner, wie „Eine schrecklich nette Familie“ ohne Al Bundy. Eigentlich undenkbar. Entsprechend groß waren die Ausschläge auf der öffentlichen Erregungsskala.

Zwischen Brady und seinem Ex-Trainer soll es gekracht haben

Dass Brady im März 2020 im fortgeschrittenen Sportleralter von 42 Jahren zum ersten Mal in seiner Karriere ein sogenannter „Free Agent“ werden würde – also ein vertragsloser Spieler, der sich seinen Klub selbst aussuchen kann – war seit Langem klar. Vorher hatte New England die Arbeitspapiere mit seinem besten Spieler stets frühzeitig verlängert. Diesmal machte der Klub offenbar keine Anstalten. Wie der „Boston Globe“ mit Berufung auf eine klubinterne Quelle berichtete, soll es zuletzt regelmäßig zwischen Brady und seinem Coach, dem ebenso legendären Bill Belichick, gekracht haben.

Nach außen waren Coach und Spieler zwar stets um Geschlossenheit bemüht, aber hinter den Kulissen soll das anders ausgesehen haben. Demnach wollte Belichick seinem Superstar nur noch einen Vertrag über ein Jahr und zu gekürzten Bezügen anbieten. Zudem soll Brady mehr Einfluss auf das Spielerpersonal und das sogenannte „Playcalling“ gefordert haben, also die Ansage und Ausführung der einzelnen Spielzüge. Belichick, ein geradezu autokratischer Trainer alter Schule, wollte ihm diese Kompetenzen nicht einräumen.

Dass Brady die Patriots nun tatsächlich verlässt, überraschte also weniger als die Wahl seines neuen Klubs: die Tampa Bay Buccaneers schafften in der vergangenen Saison nicht mal den Einzug in die Play-offs. Mit einem herausragenden Spielmacher wie Tom Brady dürften Tampa Bays Chancen diesbezüglich nicht gerade gesunken sein. Im Internet schrieb ein Scherzkeks mit Blick auf die Wahlheimat vieler im Ruhestand befindlicher US-Amerikaner: Warum sollte es Brady anders machen als viele Rentner, die ihren Lebensabend im Sonnenstaat Florida verbringen? Dem Vernehmen nach kassiert Brady 50 Millionen Dollar für sein zunächst auf zwei Jahre beschränktes Engagement bei den Buccaneers.

Brady ist kein normaler Sportler

Neben einem fürstlichen Gehalt dürfte ein weiterer Punkt eine wichtige Rolle in Bradys Überlegungen gespielt haben: die Tatsache, dass der Super Bowl 2021 in Tampa stattfindet. Bislang ist es nämlich noch keinem NFL-Team gelungen, das Endspiel im eigenen Stadion zu erreichen. Einige standen kurz davor, scheiterten dann aber mehr oder weniger dramatisch. Für einen extrem ehrgeizigen Sportler mit historischem Bewusstsein wie Brady eine Herausforderung, der er sich gern stellen wird. Schon jetzt hält der 42-Jährige, der mit dem brasilianischen Model Giselle Bündchen liiert ist, diverse NFL-Rekorde: für die meisten Play-off-Siege der Geschichte zum Beispiel oder für die meisten Meisterschaften. Seit 2000 führte Brady die Patriots neun Mal in den Super Bowl, sechs davon gewann das Team aus Boston.

Im Februar 2019, nach dem sechsten Titel seiner Laufbahn, hätte vermutlich jeder halbwegs normale Sportler den Footballhelm an den Nagel gehängt. Nur ist Brady kein normaler Sportler, sondern ein vom Ehrgeiz Getriebener, geradezu Besessener. Das zeigt auch seine jüngste Entscheidung: In der neuen Saison will er es allen noch einmal beweisen, vor allem seinem alten Klub aus Boston, der dem erfolgreichsten Quarterback der NFL-Geschichte keinen langfristigen Vertrag mehr geben wollte.

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