zum Hauptinhalt
Blendende Aussichten? Für die Bayern und Trainer Hans-Dieter Flick ja, für die Bundesliga eher nicht.

© Federico Gambarini/AFP

Titelduell quasi entschieden: Jetzt wird die Bundesliga noch langweiliger als ohnehin schon

Eigentlich wollte die Liga mit ihren exklusiven Spielen für sich werben. Nach Bayerns Sieg beim BVB stellt sich jedoch die Frage: Womit noch? Ein Kommentar.

Was hatte sich Karl-Heinz Rummenigge schon die Hände gerieben: „Wenn die Bundesliga als einzige Liga rund um den Globus im TV übertragen wird, dann gehe ich davon aus, dass wir auf der ganzen Welt ein Milliardenpublikum haben werden“, hatte der Vorstandschef des FC Bayern vor dem Re-Start gesagt.

Und die Eurozeichen und Deutschland-Flaggen müssen in seinen Augen nur so geblitzt haben, als er in einer eigentümlichen Mischung aus Geschäftssinn und Nationalstolz noch voller Überzeugung draufsetzte: „Das wird nicht nur eine Werbung für unseren Fußball, für die Bundesliga, sondern für das ganze Land und insbesondere für die deutsche Politik.“

[Verfolgen Sie in unseren Liveblogs die aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus in Berlin und zum Coronavirus in Deutschland und der Welt.]

Nun ja. Für den weltweiten Werbeeffekt braucht es aber natürlich ein wenig mehr als nur das Markenzeichen der Exklusivität. Vor allem braucht es: ein aufregendes Produkt. Und das Produkt Bundesliga ist nach dem 1:0-Sieg der Bayern im Topspiel gegen Borussia Dortmund nun gar nicht mehr so aufregend.

Sieben Punkte Vorsprung haben die Münchner an der Tabellenspitze jetzt auf den BVB. Dass es noch einmal spannend wird im Duell um die Meisterschaft, glauben bei noch sechs ausstehenden Spielen nicht mal mehr die Dortmunder selbst. Für die Vermarktungsfantasien in der Bundesliga ist das ein echter Schocker.

Die Geisterspielsaison hat ja ohnehin schon einen schweren Stand in der Fußballgemeinde. Ein beträchtlicher Teil der Fans hat sich schon vor dem Wiederbeginn von der Bundesliga abgewandt und bekundet, dass der Rest der Spielzeit für sie quasi wertlos ist. Und die ganz große Euphorie haben die kargen Begegnungen mit dem äußeren Charme eines Trainingsspiels bislang tatsächlich nicht ausgelöst.

Geisterstimmung: Die Publikumsränge blieben auch beim Topspiel leer.
Geisterstimmung: Die Publikumsränge blieben auch beim Topspiel leer.

© Federico Gambarini/AFP

Die Geisterspiele wirken auf viele immer noch fremd, kalt und bisweilen irgendwie irrelevant. Da hätte zumindest ein dramatisches Titelduell noch einmal ein bisschen Pfeffer in die Sache gebracht. Aber nicht mal das wird es nun wohl noch geben. Der Rest dieser Saison dürfte jetzt für die meisten Fans noch langweiliger werden, als sie es ohnehin schon war.

Dem könnte man nun natürlich noch entgegenhalten, dass es ja weitere spannende Entscheidungen an den verbleibenden Spieltagen geben wird: Wer schafft es in den internationalen Wettbewerb? Wer steigt ab? Welches Team muss noch einmal in Quarantäne? Wer organisiert den nächsten Livestream aus der Kabine? Und wer holt Peter Neururer?

[Alle wichtigen Updates des Tages zum Coronavirus finden Sie im kostenlosen Tagesspiegel-Newsletter „Fragen des Tages“. Dazu die wichtigsten Nachrichten, Leseempfehlungen und Debatten. Zur Anmeldung geht es hier.]

Das dürfte allerdings allenfalls noch diejenigen interessieren, die ihr Herz ohnehin schon an die Bundesliga vergeben haben. Dass eine euphorische Teestube in Bishkek die TSG Hoffenheim noch in die Europa League schreit oder vor den Endgeräten in Ouagadougou bittere Tränen fließen, weil der FC Augsburg am Ende doch absteigen muss, ist eher schwer vorstellbar.

Und ihr Alleinstellungsmerkmal wird die Bundesliga dann in den kommenden Wochen aller Voraussicht nach auch wieder verlieren, wenn der Ball wie geplant auch in England, Spanien und Italien wieder rollt. Da wird es die Bundesliga ohne ein packendes Meisterschaftsduell ihrer einzigen beiden Klubs von internationaler Relevanz schwer haben.

Bei einem Dortmunder Sieg am Dienstagabend hätte das vielleicht anders ausgesehen. Karl-Heinz Rummenigge hätte seinen Münchner Profis also vielleicht vor dem Spiel mit auf den Weg geben sollen, sich im Dienste der höheren Sache nicht ganz so sehr zu verausgaben – für den Fußball, für die Bundesliga und für das ganze Schland, versteht sich!

Leonard Brandbeck

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false