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Geht es da zum Klassenerhalt? Thomas Schaaf soll Werder Bremen retten.

© imago images/Nordphoto

Thorben Marx über Trainerwechsel vor dem letzten Spiel: „Als Mannschaft muss man das so hinnehmen“

Werder Bremen hat vor dem letzten Spiel noch einmal den Trainer gewechselt. Thorben Marx hat das bei Arminia Bielefeld auch erlebt. Er erinnert sich.

Thorben Marx, 39, hat für Hertha BSC, Arminia Bielefeld und Borussia Mönchengladbach 255 Bundesligaspiele bestritten. Seit Oktober lebt der gebürtige Berliner mit seiner Familie wieder in seiner Heimatstadt. Zur neuen Saison fängt er als Assistent von Cheftrainer Thomas Häßler beim Landesligisten BFC Preussen an.

Herr Marx, halten Sie es für eine gute Idee, vor dem letzten Spieltag den Trainer zu wechseln?

Generell halte ich nicht so viel davon. Aber wenn ich mir die letzten Wochen, die letzten Spiele und die letzten Ergebnisse von Werder Bremen anschaue, dann kann ich zumindest verstehen, dass die Bremer noch mal versuchen, neuen Schwung in die Sache zu bringen. Werder hat ja sehr lange an Florian Kohfeldt festgehalten und hätte sicher schon vorher die Möglichkeit gehabt, sich von ihm zu trennen.

Die Bremer haben Kohfeldt vor dem letzten Spiel der Saison noch durch Thomas Schaaf ersetzt. Sie haben einen ähnlichen Fall 2009 bei Arminia Bielefeld erlebt. Damals wurde Michael Frontzeck vor dem letzten Spieltag entlassen. Im „Kicker“ hat er eine solche Entscheidung jetzt als „reinen Populismus“ bezeichnet.

Das verstehe ich. Man denkt ja: Ein Spiel noch, was soll ein neuer Trainer da noch bewirken? Aber dadurch, dass sich die Mannschaften im Moment in Quarantäne befinden, hat ein neuer Trainer wenigstens ein bisschen mehr Zeit, Einfluss zu nehmen. Taktisch wird sich vermutlich nicht viel ändern. Das ist eher eine mentale Sache, um noch mal positive Stimmung zu erzeugen. Bei Werder kann ich das sogar nachvollziehen. Ehrlich gesagt habe ich sogar ein bisschen damit gerechnet. In Bielefeld konnte ich das damals nicht nachvollziehen. Wenn du mit Arminia Bielefeld in der Bundesliga spielst, weißt du eigentlich von vornherein, dass es bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg geht.

Frontzeck wurde nach einem 0:6 in Dortmund entlassen – obwohl sich an der Tabellensituation nichts verändert hatte: Arminia lag wie schon vor dem Spiel auf dem Relegationsplatz, punktgleich mit Energie Cottbus.

Vor dem Spiel in Dortmund wussten wir natürlich, dass es schwer ist, da was zu holen – aber ein 0:6 ist schon ein ziemlicher Tiefschlag. Trotzdem war die Stimmung anschließend so, dass wir gesagt haben: Wir haben am letzten Spieltag noch alle Möglichkeiten, wir spielen zu Hause gegen Hannover, und wenn wir gewinnen, sind wir zumindest in der Relegation. Deshalb hat uns die Entscheidung des Vereins schon überrascht.

Wann ist diese Entscheidung gefallen?

Das muss unmittelbar nach dem Spiel in Dortmund gewesen sein. Ich war zu Hause, weil ich mir einen Muskelfaserriss zugezogen hatte und nicht spielen konnte. Ein oder zwei Spieler haben mich angerufen und mir gesagt: „Ich glaube, hier wird noch mal der Trainer gewechselt.“ Irgendwie ist da was durchgesickert. Wer neuer Trainer wird, haben wir dann, glaube ich, am nächsten Tag erfahren.

Es wurde Jörg Berger.

Genau. Da haben wir auch gedacht: Uff.

Wieso?

Jörg Berger war damals schon ein paar Jahre raus aus dem Geschäft. Aber, okay, als Mannschaft muss man das einfach so hinnehmen.

Thomas Schaaf hat auch schon länger nicht mehr als Trainer gearbeitet.

Aber Schaaf war oder ist zumindest eng mit Werder Bremen verbunden. Er war immer auf dem Laufenden. Bei Jörg Berger hatte man nicht unbedingt das Gefühl, dass er sich ausführlich mit Arminia Bielefeld beschäftigt hatte.

Das hört sich so an, als hätte er nicht mal alle Spieler gekannt.

Das war auch so. Bei dem einen oder anderen schien er nicht zu wissen, wer da vor ihm steht. Ob es damals die richtige Entscheidung war, Berger zu verpflichten, wage ich daher mal zu bezweifeln.

Thorben Marx hat nicht nur bei Arminia Bielefeld unter Trainer Michael Frontzeck gespielt, sondern anschließend auch noch bei Borussia Mönchengladbach.
Thorben Marx hat nicht nur bei Arminia Bielefeld unter Trainer Michael Frontzeck gespielt, sondern anschließend auch noch bei Borussia Mönchengladbach.

© imago sportfotodienst

Sie sind Frontzeck nach dem Abstieg zu Borussia Mönchengladbach gefolgt, können also kein ganz so schlechtes Verhältnis zu ihm gehabt haben. Wie war es mit dem Rest der Mannschaft?

Frontzecks Standing war wirklich gut. Nicht nur bei mir, sondern bei der ganzen Mannschaft. Ich weiß, dass er zu vielen Spielern einen guten Draht hatte und auch angesehen war in der Mannschaft. Michael Frontzeck hat in Bielefeld sehr gute Arbeit geleistet, das muss man echt sagen. Wir hatten einen Kader, der gar nicht zu mehr fähig war. Es war von vornherein klar, dass wir gegen den Abstieg kämpfen – und dass wir 14. oder 15. werden, wenn es gut läuft. Am letzten Spieltag hatten wir noch die Chance, uns zu retten. Deshalb konnten wir als Mannschaft Frontzecks Entlassung auch nicht nachvollziehen.

Jörg Berger hatte immerhin den Ruf, dass er Mannschaften vor dem Abstieg retten kann. Hat das eine Rolle gespielt?

Wenn so ein erfahrener Mann dein Trainer wird, erhoffst du dir von ihm natürlich irgendwelche Kniffe oder Tricks, mit denen er direkt die Köpfe der Spieler erreicht. Wir sind vor dem letzten Spieltag ins Trainingslager gefahren. Er hat versucht, Lockerheit und gute Stimmung in die Mannschaft zu bringen. Das ist wahrscheinlich auch das Einzige, was du in der Kürze der Zeit noch machen kannst. Aber man hatte schon den Eindruck, dass er manche Spieler gar nicht richtig einschätzen kann. Das kriegst du natürlich auch mit. Deshalb bin ich immer noch der Meinung, dass das damals nicht der richtige Schritt war.

Nervt es als Spieler, wenn man in einer solchen Situation für mehrere Tage ins Trainingslager muss?

Ich hatte damit keine Probleme. Gerade vor so einem wichtigen Spiel nimmt man ja gar nicht mehr am normalen Leben teil, weil man sich sowieso nur noch mit Fußball beschäftigt. Im Trainingslager bist du mit der Mannschaft zusammen, isst zusammen, dadurch ernährt sich jeder anständig. Und meistens hast du ja zwei, drei Spieler dabei, die mal einen blöden Spruch machen und Lockerheit versprühen. Das ist doch besser, als wenn du die ganze Zeit alleine zu Hause bist und darüber nachgrübelst, was alles passieren kann und wie es danach weitergeht. So hat man sich gegenseitig auch ein bisschen die Nervosität genommen.

Was hat Jörg Berger denn gut gemacht in dieser kurzen Zeit?

Er war ein sehr angenehmer Typ, sehr umgänglich und durch seine Erfahrung natürlich auch eine Person, zu der man aufgeschaut hat. Er hat versucht, Sympathie, gute Laune, Fröhlichkeit zu verbreiten. Das war das, was er machen konnte. Mehr war in der einen Woche gar nicht möglich.

Hat Berger größere taktische oder personelle Veränderungen vorgenommen?

Viel gewechselt wurde da nicht, wenn ich mich recht erinnere. Aber das hätte der Kader auch gar nicht hergegeben. Das war nicht so, dass du mal eben vier, fünf oder sechs Leute austauschen konntest.

Das Paradoxe ist: Für Hannover 96 ging es am letzten Spieltag eigentlich um nichts mehr. Aber die Mannschaft war durch Frontzecks Entlassung zusätzlich motiviert, weil ihn viele Spieler noch als Trainer in Hannover erlebt hatten.

Das wusste ich gar nicht. Ich weiß nur noch, dass wir sehr, sehr schlecht gespielt haben. Das war eigentlich die größte Enttäuschung: dass wir in dem Spiel auch noch mal versagt haben.

Durch das 2:2 gegen Hannover stieg Bielefeld als Tabellenletzter in die Zweite Liga ab. Wie optimistisch sind Sie, dass Ihr Ex-Klub Arminia davon profitiert, dass diesmal Werder Bremen auf den letzten Drücker den Trainer rausgeworfen hat?

Ich weiß es nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass die drei Mannschaften, die unten stehen, noch punkten werden. Mein Tipp ist: Es bleibt alles so, wie es jetzt ist.

Was für Arminia ja ganz gut wäre.

Genau.  

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