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Nachdenklich. Thomas Müller bei der DFB-Pressekonferenz am Mittwoch.

© Ina Fassbender/dpa

Thomas Müller bei der WM 2018: Auf der Suche nach dem Goldenen Kelch

Thomas Müller ist stets unterhaltsam – auch jetzt. Doch auf dem Platz überzeugt er bislang noch nicht so wie bei den vorigen WM-Turnieren. Kommt gegen Schweden die Leichtigkeit zurück?

Irgendwann verliert Thomas Müller den Faden. Und das will was heißen. Der 28 Jahre alte Nationalspieler ist so etwas wie der kommunikative Strippenzieher des deutschen Teams. Der Vizekapitän ist eine regelrechte Kommunikationsbestie – im besten Sinne, versteht sich. Er kriegt so gut wie alles mit, spitzt gerne seine Ohren, wie er sagt. Er mischt sich ein, bringt alle zum Lachen und treibt mit seinem „Ein-Sätzchen-geht-immer-noch“ auch manchen davon. Sein Mundwerk stehe nicht mal im Schlaf still, wie es ein Mitspieler mal vermutet hat, dessen Name nichts zur Sache tut. „Wir müssen eine Mischung aus Geduld und Zielstrebigkeit finden“, spricht Müller also, das wäre für das Schwedenspiel so etwas wie der „Goldene Kelch“.

Heitere Irritiertheit herrscht unter der Zuhörerschar, Müllers Augen wandern durch die Reihen der Reporter. „Stimmt nicht, was“, sagt Müller vermutend in die Runde, also das Bildnis vom Goldenen Kelch. Vermutlich meint der Gute so etwas wie den Schlüssel zum Sieg. Aber das schiefe Bildnis hört sich ungleich schöner an, und irgendwie trifft es die Sache ja auch. Wenn die deutsche Mannschaft, der Titelverteidiger, überhaupt noch irgendetwas mit der Vergabe des goldenen WM-Pokals zu tun haben möchte, dann muss sie schleunigst in die Puschen kommen. Oder wie Oliver Bierhoff sagt: „Wir haben ja die Fähigkeiten, wir müssen sie wieder ordnen und abrufen.“

Der Manager der Nationalmannschaft hält die schwere Kritik, die nach der Auftaktniederlage gegen Mexiko über die Mannschaft hereingebrochen ist, in wesentlichen Teilen für „gerechtfertigt“. Auch Müller meint, das Team habe genügend „Angriffsfläche geboten“, doch erbat er sich, „dabei weniger ins Persönliche“ zu gehen. „Wenn man verliert, können tausend Sachen falsch sein“, da seien die Spieler selbstkritisch genug, sagt er.

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Gerade auch Müller hatte einen rabenschwarzen Tag erwischt. Sein 92. Länderspiel für Deutschland war vermutlich sein schwächstes. „Ich weiß, aber wir müssen nach vorn blicken und beide Spiele gewinnen.“ Das ginge aber nicht, „wenn wir uns gegenseitig auffressen“ und nur noch nach Fehlern suchen. „Wir wollen nix mehr als den Erfolg.“

Ein Anarchist mit hühnerdiebischen Laufwegen

Vor vier Jahren hat Thomas Müller mit seinen fünf Toren das deutsche Team zum WM-Pokal in Brasilien geschossen. Vier Jahre davor, bei der WM in Südafrika, hatte er ebenfalls fünf Tore erzielt. Und so ist sogar die WM-Marke seines Namensvetters Gerd, der den Beinamen „Bomber der Nation“ trug und 14 WM-Tore erzielt hat in seiner unvergleichlichen Stürmerkarriere, für ihn in Reichweite geraten. WM-Jahre seien Müller-Jahre, hieß es bisher. Bei den EM-Turnieren 2012 und 2016 hatte er nix getroffen, weshalb jetzt an Stammtischen geulkt wird, Müller habe offenbar das Turnier verwechselt.

Tatsächlich ist Thomas Müller in den vergangenen zwei Jahren nicht so richtig ins Rollen, äh – ins Müllern gekommen. Acht Tore in der Liga, vier im Pokal und drei in der Champions League sind nicht schlecht, aber für einen wie Müller keine Spitzenwerte. Wenn er aber, dieser Anarchist auf dünnen Beinen, nicht seine hühnerdiebischen Lauf- und Schleichwege zum gegnerischen Tor findet und zum Abschluss kommt, dann bleibt nicht mehr viel übrig von dem, was ihn so unverwechselbar und wertvoll, kurz, was ihn zum „es-müllert“ macht.

Dafür, so Müller, brauche er eine gewisse Leichtigkeit. Die „Crux“ sei nur, dass man diese nicht trainieren kann. Jedenfalls habe er noch keine einzige Trainingseinheit erlebt, die die Leichtigkeit zum Inhalt hatte, wie er sagte. Es sei ja vielmehr eine Beschreibung des idealen Tuns der Spieler. Also nicht wie gegen Mexiko, da sei es in der Einzelkritik oft nicht so „leichtigkeitig“ gewesen.

Auch an den Spielertischen "variabel einsetzbar"

Thomas Müller ist mal wieder ins Plaudern geraten, was meistens von Gewinn ist. In den vergangenen Tagen hätten ihn seine Wege im Hotel zum einen oder anderen Spielertisch geführt, „auch dort bin ich variabel einsetzbar“, erzählt er lächelnd. Eine Grüppchenbildung, wie vom Boulevard unterstellt, habe er überhaupt nicht feststellen können. Wenn etwas nicht so gelaufen sei, dann, dass man die „Situation nach den Testspielen falsch eingeschätzt hat“, von wegen, das wird schon bis zum Mexikospiel hin. „Bisher konnten wir unsere Leistung nicht steigern.“

Vor allem müsse das Team gegen Schweden diese fürchterlich vielen Ballverluste minimieren. Die würden oft passieren, wenn man überehrgeizig sei und es zu forsch versuche. Andererseits dürfe man nicht zu vorsichtig spielen. Sonst hieße es hinterher womöglich, toll, ihr habt weniger Ballverluste, aber viel zu langsam gespielt. Mutmaßt Müller. Dann steht er auf, geht und macht sich auf die Suche – wonach wohl?

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