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Große Bandbreite. Ludmilla Samsonowa überzeugte in Berlin mit harten Grundschlägen und starken Nerven.

© AFP

Tennis-Sensation in Berlin: Qualifikantin Samsonowa erste Turniersiegerin

Die russische Qualifikantin Ludmilla Samsonowa gewinnt sensationell das Rasenturnier von Berlin. Im Finale schlägt sie Belinda Bencic aus der Schweiz.

Der Center Court im Steffi-Graf-Stadion wurde am Sonntagnachmittag zur Hundewiese. Gleich zwei Vierbeiner tummelten sich nach dem Finale des Rasentennis-Turniers von Berlin zwischen Belinda Bencic aus der Schweiz und der Russin Ludmilla Samsonowa auf dem Platz. Vielleicht wären sie in diesem Moment lieber ein paar Meter weiter am oder im Wasser des Hundekehlesees gewesen, aber schließlich hat so ein Tier auch seine Pflichten.

Und die bestanden kurz nach 17 Uhr am Sonntag darin, Frauchen und Herrchen zur Siegerehrung zu begleiten. Also spielten die beiden Hunde vom Chef des Hauptsponsors und von Turnierdirektorin Barbara Rittner brav mit. Schließlich hatte sich auch der Regierende Bürgermeister die Ehre gegeben.

„Schön, dass wir wieder großes Tennis in der Stadt erleben dürfen. Das wird sich etablieren“, sagte Michael Müller und zollte den Finalistinnen seinen Respekt. Rittner wiederum dankte den Zuschauern: „Ihr wart super, also die paar, die kommen durften.“
Knapp 1000 Besucher waren von Freitag an zugelassen, zuvor durften sich 500 Menschen auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß aufhalten. Bis auf einige wenige Plätze wurde das maximale Kontingent ausgeschöpft – trotz enormer Hitze und dem frühen Ausscheiden der Favoritinnen inklusive der deutschen Hoffnungsträgerin Angelique Kerber.

So standen sich am Sonntag Bencic als Nummer fünf des Turniers und sensationell die 22 Jahre alte Qualifikantin Samsonowa im Endspiel gegenüber. Am Ende setzte sich die 22 Jahre alte Außenseiterin mit 1:6, 6:1 und 6:3 durch und feierte den größten Erfolg ihrer Karriere. Noch am Sonntag vor einer Woche stand sie in der zweiten Qualifikationsrunde gegen die Kroatin Ana Konjuh vor dem Aus, als sie im dritten Satz 1:4 zurück lag. Sie drehte dieses Match noch und gewann am Ende sieben Mal in Berlin.

Für Wimbledon bekommt Samsonowa nun eine Wildcard

„Dieser Sieg hier bedeutet mir alles. Ich habe davon geträumt, aber hätte niemals damit gerechnet“, sagte sie später und ergänzte: „Ich wollte mein aggressives Spiel durchziehen und das ist mir gelungen.“ Allerdings erst nach einer Toilettenpause nach dem klar verlorenem Auftaktsatz. Danach spielte Samsonowa wie ausgewechselt und begeisterte mit ihren harten Auf- und Grundschlägen.

In das Turnier war die Russin, die in Italien aufwuchs und einige Jahre für ihre Wahlheimat antrat, als Nummer 106 der Weltrangliste gestartet. Durch den Sieg verbessert sie sich auf Position 63 und bekam neben dem Preisgeld von rund 46.000 Euro für den Turniersieg auch noch eine Wildcard für Wimbledon. Normalerweise hätte sie dort in die Qualifikation gemusst, doch da das Berliner Turnier auch vom All England Club mitinitiiert wurde, stattete der sie nun mit einem Platz im Hauptfeld des Grand-Slam-Klassikers aus.

Zunächst hatte am Sonntag wenig auf eine weitere Überraschung hingedeutet. Samsonowa wirkte nervös, fabrizierte allein in ihrem ersten Aufschlagspiel vier Doppelfehler und lag schnell 0:5 hinten. Bencic dominierte mit solidem Rasentennis, das der Schweizerin liegt. 2015 konnte sie einen ihrer vier Titel auf Gras gewinnen. Im zweiten Satz legte ihre Gegnerin dann aber den Respekt ab, schlug sieben Asse und glich im Eiltempo aus. Zwölf Winnern standen nur zwei Fehler gegenüber, Bencic konnte keinen einzigen direkten Punkt erzielen.

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Nach dem 0:2 im dritten Durchgang haderte Bencic lautstark, den Rückstand konnte sie danach trotz einer Steigerung aber nicht mehr wettmachen. Am Ende blieb ihr nur die Gratulation an ihre Gegnerin und der dank ans Publikum: „Es fühlt sich viel schöner an, mit Zuschauern zu spielen. Wir schätzen das sehr“, sagte sie.

Samsonowa, die Maria Scharapowa als ihr Idol bezeichnet und die auch ein bisschen so spielt und zuweilen ähnlich laut stöhnt, verschwand wenig später strahlend im Konfettiregen. Sich aus den bunten Bändern zu befreien, war anschließend die letzte Herausforderung in Berlin. Doch auch der war sie nach einigen Anlaufschwierigkeiten erfolgreich gewachsen.

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