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Rudolf „Rudi“ Molleker, 17, wurde in der Ukraine geboren. Mit drei Jahren zog er als Spätaussiedler nach Oranienburg, wo er noch immer lebt.

© Daniel Bockwoldt/dpa

Tennis: Interview mit Rudi Molleker: „Ich habe oft gehört, dass ich der nächste Boris Becker werde“

Deutschlands 17-jährige Tennis-Hoffnung Rudi Molleker spricht im Interview über Berlin, besondere Essens-Rituale und seinen Traum von der Nummer eins.

Ein geduldiger Schuhfanatiker ist der noch minderjährige Molleker, dessen Stern in diesem Jahr so richtig aufgeht und der vielleicht in den nächsten Wochen sein erstes Grand-Slam-Turnier spielt. Einen Vergleich mit Alexander Zverev findet er schwierig.

Herr Molleker, Sie leben in Oranienburg. Fühlen Sie sich da eher als Berliner oder als Brandenburger?

Ich fühle mich in jedem Falle als Berliner. Ich wohne zwar in Oranienburg, aber das ist jetzt auch nicht allzu weit weg. Ich finde es schön, dort zu leben. Aber wenn ich zu Hause bin, dann bin ich mehr in Berlin unterwegs.

Wo gehen Sie denn in Berlin gern hin, wenn Sie die Zeit haben?
Ich bin Schuhfanatiker, das heißt, ich sammle spezielle Sneaker. Und da gibt es einige Läden, zum Beispiel an der Tauentzienstraße, am Ku'damm oder am Alexanderplatz, wo ich ganz gerne bin.

Und was machen Sie mit den ganzen Schuhen? Tragen Sie die auch?

Naja, es gibt Schuhe, die ich trage. Davon habe ich auch einige – mehr als ich sammle. Aber es gibt auch Schuhe, die ich nur aufbewahre und nicht anziehe. Von Letzteren vielleicht so zehn Paar, das sind dann die limitierten und auch etwas teureren.

Und die stehen dann zwischen Ihren ganzen Pokalen?

Im Moment habe ich deutlich mehr Schuhe als Pokale (lacht). Da ist auf jeden Fall noch genug Platz.

Apropos Pokale: Wenn Sie sich zwischen Wimbledon-Sieg und dem Titel bei den French Open entscheiden müssten. Was wäre Ihnen lieber?

Schwere Entscheidung. Ich spiele ganz gut auf Sand, aber Wimbledon ist natürlich ein Turnier in einer anderen Liga. Hätte ich die Wahl, würde ich noch lieber in Wimbledon gewinnen. Das hat immer noch einen größeren Stellenwert und sein ganz eigenes Flair.

Wann sehen wir Sie denn zum ersten Mal bei einem Grand-Slam-Turnier?

Ich habe mich für die Qualifikation der US Open gemeldet. Wenn ich Glück habe, komme ich dort rein. Ansonsten sind die Australian Open 2019 mein nächstes großes Ziel.

Wie bewerten Sie Ihre Entwicklung in den vergangenen Wochen und Monaten?

Ich habe einen Riesenschritt gemacht. Vor ein paar Monaten war ich Nummer 700 in der Welt, jetzt stehe ich auf Platz 252. Ich habe ein Challenger-Turnier gewonnen, in Hamburg David Ferrer in der ersten Runde geschlagen. In Stuttgart gab es zuvor den Sieg gegen Jan-Lennard Struff. Das waren Highlights für mich. Ich versuche, jetzt natürlich weiterzumachen und den nächsten Schritt zu schaffen.

Wie schwer fällt es Ihnen angesichts Ihrer Erfolge trotzdem geduldig zu bleiben?

Geduld spielt eine riesige Rolle. Gerade in meinen Alter und nach solchen drastischen Sprüngen, wie ich sie gemacht habe. Jetzt habe ich die Chance, in den Challenger-Turnieren in den Hauptfeldern zu spielen – jede Woche und ohne Wildcard. Aber das bedeutet auch, die goldene Mitte zu finden und nicht zu viel zu spielen.

Wie passt die Zweite Tennis-Bundesliga mit Ihrem Klub Rot-Weiß zu diesen ambitionierten Zielen?

Das ist natürlich schon etwas Anderes. In der Liga sind weniger Leute, aber es macht mir trotzdem Spaß, bei Rot-Weiß zu spielen. Markus Zoecke macht hier einen super Job, es ist toll im Team zu spielen. Und ich habe ja auch noch nicht so viele Liga-Spiele in dieser Saison verloren.

Erzählt Zoecke manchmal von seinen früheren Erlebnissen auf der Tour oder den Davis-Cup-Schlachten?

Markus hält sich eher zurück und lebt im Hier und Jetzt. Er versucht, mir auf dem Platz zu helfen. Er ist keiner, der viel aus seiner Vergangenheit erzählt.

Sollte er als LTTC-Sportdirektor versuchen, wieder ein Profi-Turnier nach Berlin zu holen?

Absolut. Rot-Weiß ist mit dem tollen Stadion und der Toplage super ausgestattet für ein Turnier. Ob es nun ein ATP 250er-Event oder ein Challenger ist.

Rudi Molleker über seinen größten Tennis-Traum

Nicht zu fassen. Rudi Molleker ist für sein Alter schon sehr weit.
Nicht zu fassen. Rudi Molleker ist für sein Alter schon sehr weit.

© Daniel Bockwoldt/dpa

Sind Sie denn grundsätzlich interessiert an der Tennis-Historie? Schauen Sie sich zum Beispiel legendäre Matches bei Youtube an? So etwas wie Borg gegen McEnroe 1980?
Ich habe den Film über die beiden gesehen. Aus meiner Sicht ein Pflichtprogramm für Tennis-Fans. Das hat mich auch sehr inspiriert, gerade die coolen Routinen, die es so gibt. Da sieht man dann, dass man nicht der einzige ist, der irgendwelche Macken hat.

Jetzt sind wir neugierig. Welche Macken haben Sie denn?
Es gibt eine bestimmte italienische Restaurantkette. Und überall wo es die gibt, habe ich gut gespielt. Da war ich dann jeden Abend essen und habe natürlich auch immer dasselbe bestellt. Sowohl das Essen als auch die Getränke. Das sind dann einfach so komische Dinge, die in einem passieren und wo man denkt, wenn du ja jetzt etwas anders macht, könnte sich was ändern. Das kennt man aber auch von anderen Tennisspielern.

Aber Sie fahren jetzt nicht zu einem Turnier und gucken vorher, ob es da dieses italienische Restaurant auch gibt?
Nein, so ist es natürlich nicht (lacht).

Sie gelten als riesiges Talent. Ist das mehr Ansporn oder mehr Belastung für Sie?
Ich habe das wirklich oft gehört, dass ich jetzt der nächste Boris Becker oder Alexander Zverev werden könnte. Aber wenn man das so oft hört, dann spielt das irgendwann keine Rolle mehr. Natürlich hat man das auch mal ganz gern. Aber ich versuche, mir keinen Druck zu machen und nehme so was als Kompliment.

Sie haben Alexander „Sascha“ Zverev angesprochen. Haben Sie Kontakt zu ihm, gibt es einen Austausch?
Wir haben schon miteinander trainiert. Das ist cool, weil ich super viel lernen kann von Sascha. Er ist auch ein netter Typ, sehr offen und direkt.

Was halten Sie vom Vergleich mit Alexander Zverev?
Es gibt viele Leute, die Sascha und mich vergleichen. Aus meiner Sicht ist das aber relativ schwierig. Er kommt aus einer absoluten Tennisfamilie, mit einem älteren Bruder, der schon professionell Tennis gespielt hat. Bei ihm war sozusagen alles in die Wege geleitet. Ich musste mir sehr viel selber erarbeiten, habe mit meinem Vater eine Menge erlebt und wir haben sicher auch Fehler gemacht. Das passiert eben, wenn man nicht aus dieser Szene kommt. Sascha hatte es da vielleicht etwas einfacher. Trotzdem kann man den Weg natürlich vergleichen, weil jeder junge Sportler irgendwo das Gleiche durchmachen muss. Da fließen viel Schweiß und Tränen. Aber wenn ich am Ende mal dastehe, wo er jetzt ist, wäre das natürlich super.

Es gab auch viel Kritik an Alexander Zverev. Wie nehmen Sie das wahr?
Sascha macht Fehler, genauso wie ich auch. Klar, gibt es ab und zu Entscheidungen von Sportlern, die falsch sind. Aber trotzdem sollte das jeder für sich entscheiden. Und dann seinen eigenen Weg gehen.

Sie haben Roger Federer mal als eine Art Idol bezeichnet. Haben Sie je überlegt, auch so wie er Tennis zu spielen?
Ja, na klar (lacht). Das war immer das Ziel. Aber je älter ich wurde, desto mehr wurde mir klar, dass das nicht möglich ist. So wie Roger zu spielen, ist eine einmalige Geschichte.

Wie würden Sie ihr eigenes Spiel charakterisieren?
Ich sehe mich als Allrounder. Ich kann defensiv gut spielen, fühle mich aber auch in der Offensive ganz wohl. Klar, den Weg zum Netz muss ich noch ein paar Mal öfter suchen. Das wird auch langsam besser. Ziel ist es, irgendwann alles zu können.

Was ist ihr Tennis-Traum?
Mein größtes Ziel wäre, irgendwann mal die Nummer eins zu werden. Vielleicht reicht es eines Tages auch für einen Grand-Slam-Titel. Das ist natürlich die ferne Zukunft. Klar sind das Träume, aber die kann man ja vielleicht eines Tages realisieren. Bis dahin muss ich noch hart arbeiten.

Und wenn Sie dann irgendwann in der Nähe dieses Ziels sind, wo wird Rudi Molleker dann leben? Zieht es Sie von Oranienburg vielleicht doch wie viele andere nach Monaco?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich vielleicht sogar in Oranienburg bleiben würde. Ich finde es cool. Es ist eine ruhige Stadt im Grünen, gerade der Ortsteil Lehnitz, wo wir wohnen. Es ist nicht zu hektisch, wir brauchen auch nicht so lange nach Berlin. Klar, wenn ich jetzt super viel Geld habe, würde ich mir vielleicht sogar im Grunewald was leisten können (lacht). Und im Winter ein Häuschen in Florida – schon wegen der Trainingsmöglichkeiten.

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