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Sport: Strandschlacht

Beachvolleyball-Profis erwägen einen WM-Boykott, weil sie die Kollegen aus den USA im Vorteil sehen

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin - Morgens um neun war die Welt der Beachvolleyballerinnen schon nicht mehr in Ordnung. Da schlugen zwar gestern die ersten Spielerinnen unter strahlend blauem Himmel auf den Sandplätzen am Berliner Schlossplatz zur Weltmeisterschaft auf, doch hinter den Kulissen tobt ein heftiger Streit. Sogar ein Boykott der Aktiven droht den bis Sonntag dauernden Titelkämpfen. Die Spielerinnen hatten vor der WM-Eröffnung bis tief in die Nacht hinein in ihrem Quartier, dem Hotel Maritim in der Friedrichstraße, zusammengesessen. Sie fühlen sich vom Weltverband FIVB ungerecht behandelt. Der hatte den amerikanischen Zweierteams die Starterlaubnis für die WM erteilt, obwohl diese gar nicht an der World Tour teilnehmen. Die FIVB soll, so das Gerücht, unterschiedliche Vereinbarungen mit den Spielern der USA und den übrigen Teilnehmern getroffen haben.

FIVB-Präsident Ruben Acosta, der heute in Berlin eintrifft, steht unter gehörigem Druck. Gestern Abend entschieden die Spielerinnen, eine niederländische Anwaltskanzlei zur Wahrung ihrer Interessen einzuschalten. Der Rechtsbeistand der Spielerinnen, die von ihren männlichen Kollegen in vollem Umfang unterstützt werden, soll nun heute mit Acosta verhandeln. Kommt keine Einigung zustande, wollen die Spielerinnen am Donnerstag in den Streik treten.

Die Beachvolleyballer – egal, ob weiblich oder männlich – fordern gleiche Bedingungen für alle. Angeblich genießen die Amerikaner in dieser Sportart Privilegien. Wer an der World Tour teilnehmen will, muss einen Vertrag unterzeichnen. Damit unterwirft sich der Aktive den recht restriktiven Vorschriften der FIVB. So kommen zum Beispiel nur die Spieler am Ende der World Tour in den Genuss eines finanziellen Zuschlags, die an mindestens acht Turnieren der Serie teilgenommen haben. Zu den kuriosen Besonderheiten gehört: Wer auf einem bis zu einer Woche dauernden Turnier der Weltserie in Runde eins ausscheidet, ist verpflichtet, bis zum Ende der Woche vor Ort zu bleiben. Auch so etwas geht ins Geld. Von „Knebelverträgen“ spricht die Berlinerin Danja Müsch in diesem Zusammenhang.

Dem Diktat der FIVB wollten sich die US-Amerikaner nicht unterwerfen. Sie wurden deshalb von der FIVB von der World Tour ausgeschlossen, haben nun ihre eigene Serie, die Association of Volleyball Professionals (AVP). Die steht in Konkurrenz zur World Tour der FIVB. Weil die Amerikaner aber zur absoluten Weltspitze zählen, allen voran die Olympiasiegerinnen Kerri Walsh/Misty May, und eine WM ohne sie nur eine „halbe WM“ wäre, sann der Weltverband über Möglichkeiten nach, die Abtrünnigen wieder einzubinden – wenigstens für die Veranstaltung in Berlin. Dabei soll, so heißt es, die FIVB den US-Sportlern großzügig entgegengekommen sein. Wie umfangreich die Zugeständnisse ausfielen, darüber herrscht Stillschweigen. Angelo Squeo, der bei der FIVB der Verantwortliche für Beachvolleyball ist, beteuert, dass es bei den Verträgen für die US-Teams keine Bevorteilung gegeben habe. Doch die Vertragsinhalte hält die FIVB nach wie vor streng unter Verschluss.

Zu den Forderungen der aufmüpfigen WM-Teilnehmer zählt auch, eine eigene Spielergewerkschaft gründen zu dürfen, die die Interessen der Aktiven gegenüber der FIVB vertritt. Das untersagt das Reglement des Weltverbandes bisher.

Die FIVB war gestern erst einmal bemüht, Schaden von der WM abzuwenden. Angelo Squeo sagte: „Wir suchen eine Lösung.“ Turnierleiter Peter Hresczuk aus Australien kündigte voller Optimismus an: „Es wird keinen Streik geben.“ Die deutsche Spitzenspielerin Okka Rau aus Hamburg hielt gestern Vormittag dagegen: „Wenn keine Einigung erzielt wird, denken wir darüber nach, das WM-Turnier vorzeitig zu beenden.“

Heute soll von neun Uhr früh an am Schlossplatz wieder aufgeschlagen werden. Wenn die Spieler denn wollen.

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