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Starke US Open, aber wieder kein Grand-Slam-Titel: Alexander Zverev und das Warten auf den finalen Beweis

Im Halbfinale der US Open gegen Novak Djokovic ist Alexander Zverev wieder nur Teil der Geschichte. Wann übernimmt der Deutsche selbst die Hauptrolle?


Er war einmal mehr nah dran und ist am Ende doch noch immer nicht am Ziel seiner Wünsche. Alexander Zverev lieferte Novak Djokovic im Halbfinale der US Open einen großen Kampf, verlor dann aber doch 6:4, 2:6, 4:6, 6:4 und 2:6 gegen den Weltranglistenersten.

Der Serbe hat nun am Sonntag (22 Uhr/Eurosport) im Finale gegen Daniil Medwedew aus Russland die Chance, auch den vierten Grand-Slam-Titel des Jahres zu gewinnen und damit wieder einmal Geschichte zu schreiben. Der legendäre Rod Laver, der am Freitag im Arthur-Ashe-Stadium gut gelaunt im Publikum saß, war 1969 der letzte männliche Profi, dem das gelang.

„Ich versuche, in dieses Match so zu gehen, als wäre es mein letztes. Denn ist es wahrscheinlich das wichtigste in meiner Karriere“, sagte Djokovic nach seinem 27. Sieg im 27. Spiel bei den Grand Slams in diesem Jahr. Zverev blieb nur die Erkenntnis, dass sein Gegner „aus gutem Grund die Nummer eins der Welt ist“. Denn, so der Deutsche weiter: „Er spielt das beste Tennis, wenn er es braucht. Mental ist er der beste Spieler, der jemals auf dem Platz gestanden hat.“ Für das Finale erwartet Zverev nichts anderes als einen weiteren Sieg von Djokovic. „Ich bin davon überzeugt, dass er es schaffen wird.“

Im Halbfinale sah es anfangs so aus, als würde Zverev es schaffen und Djokovic erstmals bei einem Grand Slam bezwingen können. Der Favorit brauchte wie in seinen Matches zuvor etwas Anlaufzeit, doch dann lief es für ihn wie eigentlich fast immer gegen Djokovic. Zverev nutzte seinen Chancen nicht, verlor nach dem 6:4 im Auftaktsatz den zweiten Durchgang schnell mit 2:6. Im dritten hatte er durchaus seine Möglichkeiten. Doch beim Stand von 4:5 war der 34 Jahre alte Belgrader plötzlich hellwach. Von einem epischen Ballwechsel, den Zverev nach 53 Schlägen gewann, ließ sich Djokovic nicht beeindrucken und holte sich das Break.

Hand drauf. Novak Djokovic (r.) ist immer noch den Tick besser als Alexander Zverev.
Hand drauf. Novak Djokovic (r.) ist immer noch den Tick besser als Alexander Zverev.

© John Minchillo/dpa

„Ich habe alles gegeben“, sagte Zverev später. Vor allem gab er nie auf. Den vierten Satz holte er sich, doch den Start in den finalen Durchgang verpatzte er komplett und lag schnell 0:5 zurück. „Klar, ich habe zu Beginn des fünften Satzes einfach nicht gut gespielt. Aber es hätte auch anders ausgehen können. Im Endeffekt muss ich anerkennen, dass er in den wichtigen Momenten besser aufgeschlagen hat als ich“, sagte der Hamburger, der seinen Gegner nach dem Match ebenso herzlich umarmte wie es Djokovic nach seiner Niederlage gegen Zverev im Halbfinale der Olympischen Spiele getan hatte.

Zverev hatte sich in Tokio durchsetzen können, bei den Grand Slams aber muss er weiter auf den ersten Titel warten. Djokovic hingegen steht in New York schon in seinem 31. großen Finale und vor seinem 21. Erfolg – bisher liegt er gleichauf mit Roger Federer und Rafael Nadal, die bei den US Open verletzungsbedingt fehlen und womöglich nicht mehr so viele Gelegenheiten für die ganz großen Triumphe haben werden.

Für Zverev gilt das hingegen weiter. Nach dem Match wirkte der 24 Jahre alte Deutsche trotz aller Enttäuschung schon wieder einigermaßen gefasst – auch wenn er meinte, dass sich die Niederlage für ihn anfühle, „als wenn die Freundin, die du seit Jahren liebst, mit dir Schluss macht“. Tatsächlich scheint ein Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier mehr denn je eine Frage der Zeit. In New York wirkte er selbstsicher und in den Matches gegen schwächer einzustufende Gegner auch souverän.

Zverev tritt inzwischen wie ein absoluter Topspieler auf

Waren ihm vor nicht allzu langer Zeit noch Spieler wie der Grieche Stefanos Tsitsipas oder auch der verletzte Titelverteidiger Dominic Thiem spielerisch und mental einen Schritt voraus, hat Zverev diesen Rückstand nun aufgeholt. Hinter Djokovic ist er zusammen mit Daniil Medwedew inzwischen einer der drei besten Spieler der Welt und so tritt Zverev jetzt auch auf. Vermutlich hätte er in seiner momentanen Verfassung jeden anderen Gegner geschlagen, die Auslosung sah da aber nun mal ein Duell mit dem serbischen Tennis-Überspieler schon im Halbfinale vor.

Während sich Zverev in anderen wichtigen Spielen oft auch selbst im Weg stand, hat er sich bei den US Open 2021 tatsächlich wenig vorzuwerfen. Sein Aufschlag ist inzwischen stabil, mit den Grundschlägen kann er fast von überall auf dem Platz Druck ausüben – und das längst auch mit der Vorhand. Sogar am Netz taucht Zverev nicht mehr nur gezwungenermaßen auf, sondern spielt mittlerweile sehr gute Volleys. Dazu ist er physisch absolut auf der Höhe und psychisch seit der Goldmedaille von Tokio in für ihn völlig neuen Sphären unterwegs.

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Und doch fehlt weiter der finale Beweis, dass Zverev ein Champion ist, einer der in den legendären Tennis-Arenen dieser Welt nicht nur gut spielen, sondern auch gewinnen kann. Und der vielleicht noch einmal eine der lebenden Legenden Djokovic, Nadal oder Federer in einem wichtigen Match bei einem Grand-Slam-Turnier schlagen kann, bevor diese abtreten oder sich aus der Weltspitze verabschieden.

Immerhin weiß Zverev seit diesen US Open, dass er so nah dran ist wie noch nie in seiner Karriere. Durch seinen Olympiasieg ist er noch einmal ein anderer, ein besserer Tennisspieler geworden. Auch Novak Djokovic wird sich dessen bewusst sein und erst recht versuchen, am Sonntag Geschichte zu schreiben. Denn eine solche Chance wie in diesem Jahr kommt für den Tennis-Dominator wohl nie wieder. Womöglich auch, weil Alexander Zverev sie ihm in Zukunft nicht mehr geben wird.

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